Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.heißt es unter andern, daß der Prinz seit einiger Zeit Was für Beschuldigungen und in welchem Tone! Z*** erinnerte mich jetzt an die geheime Nach¬ menier
heißt es unter andern, daß der Prinz ſeit einiger Zeit Was für Beſchuldigungen und in welchem Tone! Z*** erinnerte mich jetzt an die geheime Nach¬ menier
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0206" n="198"/> heißt es unter andern, daß der Prinz ſeit einiger Zeit<lb/> angefangen habe, ſeinen vorigen Karakter zu verläug¬<lb/> nen, und ein Betragen anzunehmen, das ſeiner bishe¬<lb/> rigen lobenswürdigen Art zu denken ganz entgegen ge¬<lb/> ſetzt ſey. Man wiſſe, daß er ſich dem Frauenzimmer<lb/> und dem Spiel auf's ausſchweifendſte ergebe, ſich in<lb/> Schulden ſtürze, Viſionnärs und Geiſterbannern ſein<lb/> Ohr leihe, mit katholiſchen Prälaten in verdächti¬<lb/> gen Verhältniſſen ſtehe, und einen Hofſtaat führe,<lb/> der ſeinen Rang ſowohl als ſeine Einkünfte über¬<lb/> ſchreite. Es heiße ſogar, daß er im Begriff ſtehe,<lb/> dieſes höchſt anſtößige Betragen durch eine Apoſtaſie<lb/> zur römiſchen Kirche vollkommen zu machen. Um<lb/> ſich von der letztern Beſchuldigung zu reinigen,<lb/> erwarte man von ihm eine ungeſäumte Zurückkunft.<lb/> Ein Banquier in Venedig, dem er den Etat ſeiner<lb/> Schulden übergeben ſolle, habe Anweiſung, <hi rendition="#g">ſo¬<lb/> gleich nach ſeiner Abreiſe</hi>, ſeine Gläubi¬<lb/> ger zu befriedigen, denn unter dieſen Umſtänden<lb/> finde man nicht für gut, das Geld in ſeine Hände<lb/> zu geben.“</p><lb/> <p>Was für Beſchuldigungen und in welchem Tone!<lb/> Ich nahm den Brief, durchlas ihn noch einmal,<lb/> ich wollte etwas darin aufſuchen, das ihn mildern<lb/> könnte; ich fand nichts, es war mir ganz unbe¬<lb/> greiflich.</p><lb/> <p>Z*** erinnerte mich jetzt an die geheime Nach¬<lb/> frage, die vor einiger Zeit an Biondello ergangen<lb/> war. Die Zeit, der Inhalt, alle Umſtände ka¬<lb/> men überein. Wir hatten ſie fälſchlich dem Ar¬<lb/> <fw place="bottom" type="catch">menier<lb/></fw> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [198/0206]
heißt es unter andern, daß der Prinz ſeit einiger Zeit
angefangen habe, ſeinen vorigen Karakter zu verläug¬
nen, und ein Betragen anzunehmen, das ſeiner bishe¬
rigen lobenswürdigen Art zu denken ganz entgegen ge¬
ſetzt ſey. Man wiſſe, daß er ſich dem Frauenzimmer
und dem Spiel auf's ausſchweifendſte ergebe, ſich in
Schulden ſtürze, Viſionnärs und Geiſterbannern ſein
Ohr leihe, mit katholiſchen Prälaten in verdächti¬
gen Verhältniſſen ſtehe, und einen Hofſtaat führe,
der ſeinen Rang ſowohl als ſeine Einkünfte über¬
ſchreite. Es heiße ſogar, daß er im Begriff ſtehe,
dieſes höchſt anſtößige Betragen durch eine Apoſtaſie
zur römiſchen Kirche vollkommen zu machen. Um
ſich von der letztern Beſchuldigung zu reinigen,
erwarte man von ihm eine ungeſäumte Zurückkunft.
Ein Banquier in Venedig, dem er den Etat ſeiner
Schulden übergeben ſolle, habe Anweiſung, ſo¬
gleich nach ſeiner Abreiſe, ſeine Gläubi¬
ger zu befriedigen, denn unter dieſen Umſtänden
finde man nicht für gut, das Geld in ſeine Hände
zu geben.“
Was für Beſchuldigungen und in welchem Tone!
Ich nahm den Brief, durchlas ihn noch einmal,
ich wollte etwas darin aufſuchen, das ihn mildern
könnte; ich fand nichts, es war mir ganz unbe¬
greiflich.
Z*** erinnerte mich jetzt an die geheime Nach¬
frage, die vor einiger Zeit an Biondello ergangen
war. Die Zeit, der Inhalt, alle Umſtände ka¬
men überein. Wir hatten ſie fälſchlich dem Ar¬
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