Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.nen Seele sich zu Thaten erhöhte, die nachher für Lassen Sie aber jenen Künstler in einer Wüste "Ich verstehe Sie -- aber Ihr gegebener Fall Künst¬
nen Seele ſich zu Thaten erhöhte, die nachher für Laſſen Sie aber jenen Künſtler in einer Wüſte „Ich verſtehe Sie — aber Ihr gegebener Fall Künſt¬
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0166" n="158"/> nen Seele ſich zu Thaten erhöhte, die nachher für<lb/> eine Million nützlich wurden? Daß ſie ſich vielleicht<lb/> als das einzige noch fehlende Glied an eine wichtige<lb/> Kette anſchloß, und einem herrlichen Vorhaben die<lb/> Krone aufſezte? — Auch jener Stümper, das<lb/> räume ich ein, kann fröhliche Menſchen — auch<lb/> der Menſch, der ſeine moraliſche Krone verlor,<lb/> wird noch wirken, eben ſo wie eine Frucht, an<lb/> welcher die Fäulniß nagt, noch ein Mahl für Vö¬<lb/> gel und Würmer ſeyn kann, aber ſie wird nie<lb/> mehr gewürdigt, einen reizenden Mund zu be¬<lb/> rühren.“</p><lb/> <p>Laſſen Sie aber jenen Künſtler in einer Wüſte<lb/> ſpielen, dort leben und ſterben. Ich darf ſagen,<lb/> ſeine Kunſt belohnt ihn; auch wo kein Ohr ſeine<lb/> Töne auffängt, iſt er ſein eigner Hörer, und<lb/> genießt in den Harmonien, die er hervorbringt,<lb/> die noch herrlichere Harmonie ſeines Weſens. Dieß<lb/> dürfen Sie aber nicht ſagen. Ihr Künſtler muß<lb/> Hörer haben, oder er iſt umſonſt da geweſen.</p><lb/> <p>„Ich verſtehe Sie — aber Ihr gegebener Fall<lb/> kann nie Statt finden. Kein moraliſches Weſen<lb/> iſt in einer Wüſte; wo es lebet und webet, berührt<lb/> es ein umgränzendes All. Die Wirkung, die es<lb/> leiſtet, wär' es auch nur dieſe einzige, wiſſen wir,<lb/> konnte nur <hi rendition="#g">dieſes</hi> Weſen und kein andres leiſten,<lb/> und es konnte dieſe Wirkung nur vermöge ſeiner<lb/> ganzen Beſchaffenheit leiſten. Wenn unſer Vir¬<lb/> tuoſe auch nur <hi rendition="#g">einmal</hi> zum Spielen gelangte, ſo<lb/> geſtehen Sie mir doch ein, daß er gerade <hi rendition="#g">dieſer</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Künſt¬<lb/></fw> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [158/0166]
nen Seele ſich zu Thaten erhöhte, die nachher für
eine Million nützlich wurden? Daß ſie ſich vielleicht
als das einzige noch fehlende Glied an eine wichtige
Kette anſchloß, und einem herrlichen Vorhaben die
Krone aufſezte? — Auch jener Stümper, das
räume ich ein, kann fröhliche Menſchen — auch
der Menſch, der ſeine moraliſche Krone verlor,
wird noch wirken, eben ſo wie eine Frucht, an
welcher die Fäulniß nagt, noch ein Mahl für Vö¬
gel und Würmer ſeyn kann, aber ſie wird nie
mehr gewürdigt, einen reizenden Mund zu be¬
rühren.“
Laſſen Sie aber jenen Künſtler in einer Wüſte
ſpielen, dort leben und ſterben. Ich darf ſagen,
ſeine Kunſt belohnt ihn; auch wo kein Ohr ſeine
Töne auffängt, iſt er ſein eigner Hörer, und
genießt in den Harmonien, die er hervorbringt,
die noch herrlichere Harmonie ſeines Weſens. Dieß
dürfen Sie aber nicht ſagen. Ihr Künſtler muß
Hörer haben, oder er iſt umſonſt da geweſen.
„Ich verſtehe Sie — aber Ihr gegebener Fall
kann nie Statt finden. Kein moraliſches Weſen
iſt in einer Wüſte; wo es lebet und webet, berührt
es ein umgränzendes All. Die Wirkung, die es
leiſtet, wär' es auch nur dieſe einzige, wiſſen wir,
konnte nur dieſes Weſen und kein andres leiſten,
und es konnte dieſe Wirkung nur vermöge ſeiner
ganzen Beſchaffenheit leiſten. Wenn unſer Vir¬
tuoſe auch nur einmal zum Spielen gelangte, ſo
geſtehen Sie mir doch ein, daß er gerade dieſer
Künſt¬
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