Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.ternehmung in Erstaunen setzen, die der Ausbruch Vortreflich. "Dasselbe gilt von den Graden der Morali¬ häu¬ K 4
ternehmung in Erſtaunen ſetzen, die der Ausbruch Vortreflich. „Daſſelbe gilt von den Graden der Morali¬ häu¬ K 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0159" n="151"/> ternehmung in Erſtaunen ſetzen, die der Ausbruch<lb/> einer jahrelang verhaltenen thätigen Rachſucht iſt,<lb/> aber ich nenne ſie verabſcheuungswürdig, weil ſie<lb/> mir einen Menſchen zeigt, der ganze Jahre leben<lb/> konnte, ohne ſeinen Mitmenſchen zu lieben. Ich<lb/> ſchreite mit Unwillen über ein Schlachtfeld hinweg,<lb/> nicht weil ſo viele Leben hier verweſen — Peſt und<lb/> Erdbeben hätten noch mehr thun können, ohne<lb/> mich gegen ſich aufzubringen — auch nicht weil<lb/> ich die Kraft, die Kunſt, den Heldenmuth nicht<lb/> vortrefflich fände, die dieſe Krieger zu Boden ſtreck¬<lb/> ten — ſondern weil mir dieſer Anblick ſo viele tau¬<lb/> ſend Menſchen ins Gedächtniß bringt, denen die<lb/> Menſchlichkeit fehlte.“</p><lb/> <p>Vortreflich.</p><lb/> <p>„Daſſelbe gilt von den <hi rendition="#g">Graden</hi> der Morali¬<lb/> tät. Eine ſehr künſtliche, ſehr fein erſonnene,<lb/> mit Beharrlichkeit erfolgte, mit Muth ausgeführte<lb/> Bosheit hat etwas Glänzendes an ſich, das ſchwa¬<lb/> che Seelen oft zur Nachahmung reizt, weil man<lb/> ſo viele große und ſchöne Kräfte in ihrer ganzen<lb/> Fülle dabey wirkſam findet. Und doch nennen wir<lb/> dieſe Handlung ſchlimmer, als eine ähnliche bey<lb/> einem geringern Maß von Geiſt, und ſtrafen ſie<lb/> ſtrenger, weil ſie uns jenen Mangel der Gerech¬<lb/> tigkeit in ihrer größern Motivenreihe häufiger er¬<lb/> kennen läßt. Wird ſie vollends noch an einem<lb/> Wohlthäter verübet, ſo empört ſie darum unſer<lb/> ganzes Gefühl, weil die Gelegenheiten, den Trieb<lb/> der, Liebe in Bewegung zu ſetzen, in dieſem Falle<lb/> <fw place="bottom" type="sig">K 4<lb/></fw> <fw place="bottom" type="catch">häu¬<lb/></fw> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [151/0159]
ternehmung in Erſtaunen ſetzen, die der Ausbruch
einer jahrelang verhaltenen thätigen Rachſucht iſt,
aber ich nenne ſie verabſcheuungswürdig, weil ſie
mir einen Menſchen zeigt, der ganze Jahre leben
konnte, ohne ſeinen Mitmenſchen zu lieben. Ich
ſchreite mit Unwillen über ein Schlachtfeld hinweg,
nicht weil ſo viele Leben hier verweſen — Peſt und
Erdbeben hätten noch mehr thun können, ohne
mich gegen ſich aufzubringen — auch nicht weil
ich die Kraft, die Kunſt, den Heldenmuth nicht
vortrefflich fände, die dieſe Krieger zu Boden ſtreck¬
ten — ſondern weil mir dieſer Anblick ſo viele tau¬
ſend Menſchen ins Gedächtniß bringt, denen die
Menſchlichkeit fehlte.“
Vortreflich.
„Daſſelbe gilt von den Graden der Morali¬
tät. Eine ſehr künſtliche, ſehr fein erſonnene,
mit Beharrlichkeit erfolgte, mit Muth ausgeführte
Bosheit hat etwas Glänzendes an ſich, das ſchwa¬
che Seelen oft zur Nachahmung reizt, weil man
ſo viele große und ſchöne Kräfte in ihrer ganzen
Fülle dabey wirkſam findet. Und doch nennen wir
dieſe Handlung ſchlimmer, als eine ähnliche bey
einem geringern Maß von Geiſt, und ſtrafen ſie
ſtrenger, weil ſie uns jenen Mangel der Gerech¬
tigkeit in ihrer größern Motivenreihe häufiger er¬
kennen läßt. Wird ſie vollends noch an einem
Wohlthäter verübet, ſo empört ſie darum unſer
ganzes Gefühl, weil die Gelegenheiten, den Trieb
der, Liebe in Bewegung zu ſetzen, in dieſem Falle
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