sischen Natur bis in den Menschen verfolgen. Wo sehen wir sie auch nur einmal diese Ordnung um¬ kehren, und den Zweck des Menschen der physi¬ schen Welt unterwerfen? Und wie wollen Sie die¬ se auswärtige Bestimmung mit dem Glückselig¬ keitstriebe vereinigen, der alle seine Bestrebungen einwärts gegen ihn selbst richtet?
"Lassen Sie uns doch versuchen. Um mich kürzer zu fassen, muß ich mich wieder Ihrer Spra¬ che bedienen. Setzen wir also, daß moralische Er¬ scheinungen nöthig waren, wie Licht und Schall nöthig waren, so mußten Wesen vorhanden seyn, die diesem besondern Geschäfte zugebildet waren, so wie Aether und Luft gerade so und nicht anders beschaffen seyn mußten, um derjenigen Anzahl von Schwingungen fähig zu seyn, die uns die Vorstel¬ lung von Farbe und Wohlklang geben. Es mu߬ ten also Wesen existiren, die sich selbst in Bewe¬ gung setzen, weil die moralische Erscheinung auf der Freyheit beruhet; was also bey Luft und Aether, bey dem Mineral und der Pflanze die ursprüngliche Form leistet, mußte hier von einem innern Principium erhalten werden, gegen welches sich die Beweggründe oder die bewegenden Kräfte dieses Wesens ungefähr eben so verhielten, als die bewe¬ genden Kräfte der Pflanze gegen den beständigen Ty¬ pus ihres Baues. Wie sie das bloß organische Wesen durch eine unveränderliche Mechanik lenkt, so mußte sie das denkendempfindende Wesen durch Schmerz und Vergnügen bewegen."
Ganz richtig.
"Wir
ſiſchen Natur bis in den Menſchen verfolgen. Wo ſehen wir ſie auch nur einmal dieſe Ordnung um¬ kehren, und den Zweck des Menſchen der phyſi¬ ſchen Welt unterwerfen? Und wie wollen Sie die¬ ſe auswärtige Beſtimmung mit dem Glückſelig¬ keitstriebe vereinigen, der alle ſeine Beſtrebungen einwärts gegen ihn ſelbſt richtet?
„Laſſen Sie uns doch verſuchen. Um mich kürzer zu faſſen, muß ich mich wieder Ihrer Spra¬ che bedienen. Setzen wir alſo, daß moraliſche Er¬ ſcheinungen nöthig waren, wie Licht und Schall nöthig waren, ſo mußten Weſen vorhanden ſeyn, die dieſem beſondern Geſchäfte zugebildet waren, ſo wie Aether und Luft gerade ſo und nicht anders beſchaffen ſeyn mußten, um derjenigen Anzahl von Schwingungen fähig zu ſeyn, die uns die Vorſtel¬ lung von Farbe und Wohlklang geben. Es mu߬ ten alſo Weſen exiſtiren, die ſich ſelbſt in Bewe¬ gung ſetzen, weil die moraliſche Erſcheinung auf der Freyheit beruhet; was alſo bey Luft und Aether, bey dem Mineral und der Pflanze die urſprüngliche Form leiſtet, mußte hier von einem innern Principium erhalten werden, gegen welches ſich die Beweggründe oder die bewegenden Kräfte dieſes Weſens ungefähr eben ſo verhielten, als die bewe¬ genden Kräfte der Pflanze gegen den beſtändigen Ty¬ pus ihres Baues. Wie ſie das bloß organiſche Weſen durch eine unveränderliche Mechanik lenkt, ſo mußte ſie das denkendempfindende Weſen durch Schmerz und Vergnügen bewegen.“
Ganz richtig.
„Wir
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0140"n="132"/>ſiſchen Natur bis in den Menſchen verfolgen. Wo<lb/>ſehen wir ſie auch nur einmal dieſe Ordnung um¬<lb/>
kehren, und den Zweck des Menſchen der phyſi¬<lb/>ſchen Welt unterwerfen? Und wie wollen Sie die¬<lb/>ſe <hirendition="#g">auswärtige</hi> Beſtimmung mit dem Glückſelig¬<lb/>
keitstriebe vereinigen, der alle ſeine Beſtrebungen<lb/><hirendition="#g">einwärts</hi> gegen ihn ſelbſt richtet?</p><lb/><p>„Laſſen Sie uns doch verſuchen. Um mich<lb/>
kürzer zu faſſen, muß ich mich wieder Ihrer Spra¬<lb/>
che bedienen. Setzen wir alſo, daß moraliſche Er¬<lb/>ſcheinungen nöthig waren, wie Licht und Schall<lb/>
nöthig waren, ſo mußten Weſen vorhanden ſeyn,<lb/>
die dieſem beſondern Geſchäfte zugebildet waren,<lb/>ſo wie Aether und Luft gerade ſo und nicht anders<lb/>
beſchaffen ſeyn mußten, um derjenigen Anzahl von<lb/>
Schwingungen fähig zu ſeyn, die uns die Vorſtel¬<lb/>
lung von Farbe und Wohlklang geben. Es mu߬<lb/>
ten alſo Weſen exiſtiren, die ſich ſelbſt in Bewe¬<lb/>
gung ſetzen, weil die moraliſche Erſcheinung auf<lb/>
der Freyheit beruhet; was alſo bey Luft und Aether,<lb/>
bey dem Mineral und der Pflanze die urſprüngliche<lb/>
Form leiſtet, mußte hier von einem <hirendition="#g">innern</hi><lb/>
Principium erhalten werden, gegen welches ſich die<lb/>
Beweggründe oder die bewegenden Kräfte dieſes<lb/>
Weſens ungefähr eben ſo verhielten, als die bewe¬<lb/>
genden Kräfte der Pflanze gegen den beſtändigen Ty¬<lb/>
pus ihres Baues. Wie ſie das bloß organiſche<lb/>
Weſen durch eine unveränderliche Mechanik lenkt,<lb/>ſo mußte ſie das denkendempfindende Weſen durch<lb/>
Schmerz und Vergnügen bewegen.“</p><lb/><p>Ganz richtig.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">„Wir<lb/></fw></div></div></div></body></text></TEI>
[132/0140]
ſiſchen Natur bis in den Menſchen verfolgen. Wo
ſehen wir ſie auch nur einmal dieſe Ordnung um¬
kehren, und den Zweck des Menſchen der phyſi¬
ſchen Welt unterwerfen? Und wie wollen Sie die¬
ſe auswärtige Beſtimmung mit dem Glückſelig¬
keitstriebe vereinigen, der alle ſeine Beſtrebungen
einwärts gegen ihn ſelbſt richtet?
„Laſſen Sie uns doch verſuchen. Um mich
kürzer zu faſſen, muß ich mich wieder Ihrer Spra¬
che bedienen. Setzen wir alſo, daß moraliſche Er¬
ſcheinungen nöthig waren, wie Licht und Schall
nöthig waren, ſo mußten Weſen vorhanden ſeyn,
die dieſem beſondern Geſchäfte zugebildet waren,
ſo wie Aether und Luft gerade ſo und nicht anders
beſchaffen ſeyn mußten, um derjenigen Anzahl von
Schwingungen fähig zu ſeyn, die uns die Vorſtel¬
lung von Farbe und Wohlklang geben. Es mu߬
ten alſo Weſen exiſtiren, die ſich ſelbſt in Bewe¬
gung ſetzen, weil die moraliſche Erſcheinung auf
der Freyheit beruhet; was alſo bey Luft und Aether,
bey dem Mineral und der Pflanze die urſprüngliche
Form leiſtet, mußte hier von einem innern
Principium erhalten werden, gegen welches ſich die
Beweggründe oder die bewegenden Kräfte dieſes
Weſens ungefähr eben ſo verhielten, als die bewe¬
genden Kräfte der Pflanze gegen den beſtändigen Ty¬
pus ihres Baues. Wie ſie das bloß organiſche
Weſen durch eine unveränderliche Mechanik lenkt,
ſo mußte ſie das denkendempfindende Weſen durch
Schmerz und Vergnügen bewegen.“
Ganz richtig.
„Wir
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/140>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.