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Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789.

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zu Statten, daß er ihn vorläufig mit allen neuen
Gesichtern bekannt macht, die diesem in seinen Ge¬
sellschaften vorkommen, und die geheimen Notizen,
die er giebt, hat der Prinz immer richtig befunden.
Dabey spricht und schreibt er das Italienische und
das Französische vortrefflich, wodurch er sich auch
bereits zum Sekretair des Prinzen aufgezwungen
hat. Einen Zug von uneigennütziger Treue muß
ich Ihnen doch erzählen, der bey einem Menschen
dieses Standes in der That selten ist. Neulich ließ
ein angesehener Kaufmann aus Rimini bey dem
Prinzen um Gehör ansuchen. Der Gegenstand
war eine sonderbare Beschwerde über Biondello.
Der Prokurator, sein voriger Herr, der ein wun¬
derlicher Heiliger gewesen seyn mochte, hatte mit
seinen Verwandten in unversöhnlicher Feindschaft
gelebt, die ihn auch, wo möglich, noch überleben
sollte. Sein ganzes ausschließendes Vertrauen
hatte Biondello, bey dem er alle Geheimnisse nie¬
derzulegen pflegte; dieser mußte ihm noch am Tod¬
bette angeloben, sie heilig zu bewahren, und zum
Vortheil der Verwandten niemals Gebrauch davon
zu machen; ein ansehnliches Legat sollte ihn für die¬
se Verschwiegenheit belohnen. Als man sein Testa¬
ment eröffnete und seine Papiere durchsuchte, fan¬
den sich große Lücken und Verwirrungen, worüber
Biondello allein den Aufschluß geben konnte. Die¬
ser läugnete hartnäckig, daß er etwas wisse, ließ
den Erben das sehr beträchtliche Legat, und be¬
hielt seine Geheimnisse. Große Erbiethungen wur¬
den ihm von Seiten der Verwandten gethan, aber

alle

zu Statten, daß er ihn vorläufig mit allen neuen
Geſichtern bekannt macht, die dieſem in ſeinen Ge¬
ſellſchaften vorkommen, und die geheimen Notizen,
die er giebt, hat der Prinz immer richtig befunden.
Dabey ſpricht und ſchreibt er das Italieniſche und
das Franzöſiſche vortrefflich, wodurch er ſich auch
bereits zum Sekretair des Prinzen aufgezwungen
hat. Einen Zug von uneigennütziger Treue muß
ich Ihnen doch erzählen, der bey einem Menſchen
dieſes Standes in der That ſelten iſt. Neulich ließ
ein angeſehener Kaufmann aus Rimini bey dem
Prinzen um Gehör anſuchen. Der Gegenſtand
war eine ſonderbare Beſchwerde über Biondello.
Der Prokurator, ſein voriger Herr, der ein wun¬
derlicher Heiliger geweſen ſeyn mochte, hatte mit
ſeinen Verwandten in unverſöhnlicher Feindſchaft
gelebt, die ihn auch, wo möglich, noch überleben
ſollte. Sein ganzes ausſchließendes Vertrauen
hatte Biondello, bey dem er alle Geheimniſſe nie¬
derzulegen pflegte; dieſer mußte ihm noch am Tod¬
bette angeloben, ſie heilig zu bewahren, und zum
Vortheil der Verwandten niemals Gebrauch davon
zu machen; ein anſehnliches Legat ſollte ihn für die¬
ſe Verſchwiegenheit belohnen. Als man ſein Teſta¬
ment eröffnete und ſeine Papiere durchſuchte, fan¬
den ſich große Lücken und Verwirrungen, worüber
Biondello allein den Aufſchluß geben konnte. Die¬
ſer läugnete hartnäckig, daß er etwas wiſſe, ließ
den Erben das ſehr beträchtliche Legat, und be¬
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den ihm von Seiten der Verwandten gethan, aber

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[109/0117] zu Statten, daß er ihn vorläufig mit allen neuen Geſichtern bekannt macht, die dieſem in ſeinen Ge¬ ſellſchaften vorkommen, und die geheimen Notizen, die er giebt, hat der Prinz immer richtig befunden. Dabey ſpricht und ſchreibt er das Italieniſche und das Franzöſiſche vortrefflich, wodurch er ſich auch bereits zum Sekretair des Prinzen aufgezwungen hat. Einen Zug von uneigennütziger Treue muß ich Ihnen doch erzählen, der bey einem Menſchen dieſes Standes in der That ſelten iſt. Neulich ließ ein angeſehener Kaufmann aus Rimini bey dem Prinzen um Gehör anſuchen. Der Gegenſtand war eine ſonderbare Beſchwerde über Biondello. Der Prokurator, ſein voriger Herr, der ein wun¬ derlicher Heiliger geweſen ſeyn mochte, hatte mit ſeinen Verwandten in unverſöhnlicher Feindſchaft gelebt, die ihn auch, wo möglich, noch überleben ſollte. Sein ganzes ausſchließendes Vertrauen hatte Biondello, bey dem er alle Geheimniſſe nie¬ derzulegen pflegte; dieſer mußte ihm noch am Tod¬ bette angeloben, ſie heilig zu bewahren, und zum Vortheil der Verwandten niemals Gebrauch davon zu machen; ein anſehnliches Legat ſollte ihn für die¬ ſe Verſchwiegenheit belohnen. Als man ſein Teſta¬ ment eröffnete und ſeine Papiere durchſuchte, fan¬ den ſich große Lücken und Verwirrungen, worüber Biondello allein den Aufſchluß geben konnte. Die¬ ſer läugnete hartnäckig, daß er etwas wiſſe, ließ den Erben das ſehr beträchtliche Legat, und be¬ hielt ſeine Geheimniſſe. Große Erbiethungen wur¬ den ihm von Seiten der Verwandten gethan, aber alle

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Der Geisterseher. Leipzig, 1789, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_geisterseher_1789/117>, abgerufen am 22.11.2024.