Lang', wie sein Traum, währt seine Gottheit -- Wehe dem Rasenden, der ihn mitleidig weckte. Was aber würde Rodrigo? -- Die Freund- schaft ist wahr und kühn -- Die kranke Majestät hält ihren fürchterlichen Strahl nicht aus. Den Stolz des Bürgers würden Sie nicht dulden, ich nicht den Trotz des Fürsten.
Karlos. Wahr und schrecklich ist Dein Gemählde von Monarchen. Ja, ich glaube Dir -- Doch nur die Wollust schloß dem Laster ihre Herzen aus. -- -- Ich bin noch rein -- ein drei und zwanzigjähr'ger Jüng- ling. Was vor mir Tausende gewissenlos in schwelgenden Umarmungen verpraßten, des Geistes beste Hälfte, Männerkraft, hab' ich dem künft'gen Herrscher aufgehoben. Der Wollust Pfeil zerbrach an dieser Brust lang', ehe noch Elisabeth hier herrschte. Ob ich ihn jetzt noch fürchten werde? -- Sprich! Was könnte Dich aus meinem Herzen drängen, wenn es nicht Weiber thun?
Dom Karlos.
Lang’, wie ſein Traum, währt ſeine Gottheit — Wehe dem Raſenden, der ihn mitleidig weckte. Was aber würde Rodrigo? — Die Freund- ſchaft iſt wahr und kühn — Die kranke Majeſtät hält ihren fürchterlichen Strahl nicht aus. Den Stolz des Bürgers würden Sie nicht dulden, ich nicht den Trotz des Fürſten.
Karlos. Wahr und ſchrecklich iſt Dein Gemählde von Monarchen. Ja, ich glaube Dir — Doch nur die Wolluſt ſchloß dem Laſter ihre Herzen aus. — — Ich bin noch rein — ein drei und zwanzigjähr’ger Jüng- ling. Was vor mir Tauſende gewiſſenlos in ſchwelgenden Umarmungen verpraßten, des Geiſtes beſte Hälfte, Männerkraft, hab’ ich dem künft’gen Herrſcher aufgehoben. Der Wolluſt Pfeil zerbrach an dieſer Bruſt lang’, ehe noch Eliſabeth hier herrſchte. Ob ich ihn jetzt noch fürchten werde? — Sprich! Was könnte Dich aus meinem Herzen drängen, wenn es nicht Weiber thun?
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><spwho="#MAR"><p><pbfacs="#f0086"n="76"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Dom Karlos.</hi></fw><lb/>
Lang’, wie ſein Traum, währt ſeine Gottheit —<lb/>
Wehe<lb/>
dem Raſenden, der ihn mitleidig weckte.<lb/>
Was aber würde Rodrigo? — Die Freund-<lb/>ſchaft<lb/>
iſt wahr und kühn — Die kranke Majeſtät<lb/>
hält ihren fürchterlichen Strahl nicht aus.<lb/>
Den Stolz des Bürgers würden <hirendition="#g">Sie</hi> nicht<lb/>
dulden,<lb/><hirendition="#g">ich</hi> nicht den Trotz des Fürſten.</p></sp><lb/><spwho="#KAR"><speaker><hirendition="#g">Karlos.</hi></speaker><lb/><p><hirendition="#et">Wahr und ſchrecklich</hi><lb/>
iſt Dein Gemählde von Monarchen. Ja,<lb/>
ich glaube Dir — Doch nur die Wolluſt ſchloß<lb/>
dem Laſter ihre Herzen aus. —— Ich bin<lb/>
noch rein — ein drei und zwanzigjähr’ger Jüng-<lb/>
ling.<lb/>
Was vor mir Tauſende gewiſſenlos<lb/>
in ſchwelgenden Umarmungen verpraßten,<lb/>
des Geiſtes beſte Hälfte, Männerkraft,<lb/>
hab’ ich dem künft’gen Herrſcher aufgehoben.<lb/>
Der Wolluſt Pfeil zerbrach an dieſer Bruſt<lb/>
lang’, ehe noch Eliſabeth hier herrſchte.<lb/>
Ob ich ihn jetzt noch fürchten werde? — Sprich!<lb/>
Was könnte Dich aus meinem Herzen drängen,<lb/>
wenn es nicht Weiber thun?</p></sp><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[76/0086]
Dom Karlos.
Lang’, wie ſein Traum, währt ſeine Gottheit —
Wehe
dem Raſenden, der ihn mitleidig weckte.
Was aber würde Rodrigo? — Die Freund-
ſchaft
iſt wahr und kühn — Die kranke Majeſtät
hält ihren fürchterlichen Strahl nicht aus.
Den Stolz des Bürgers würden Sie nicht
dulden,
ich nicht den Trotz des Fürſten.
Karlos.
Wahr und ſchrecklich
iſt Dein Gemählde von Monarchen. Ja,
ich glaube Dir — Doch nur die Wolluſt ſchloß
dem Laſter ihre Herzen aus. — — Ich bin
noch rein — ein drei und zwanzigjähr’ger Jüng-
ling.
Was vor mir Tauſende gewiſſenlos
in ſchwelgenden Umarmungen verpraßten,
des Geiſtes beſte Hälfte, Männerkraft,
hab’ ich dem künft’gen Herrſcher aufgehoben.
Der Wolluſt Pfeil zerbrach an dieſer Bruſt
lang’, ehe noch Eliſabeth hier herrſchte.
Ob ich ihn jetzt noch fürchten werde? — Sprich!
Was könnte Dich aus meinem Herzen drängen,
wenn es nicht Weiber thun?
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/86>, abgerufen am 17.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.