Marquis. Auf der Liebe Flügeln, des fürchterlichen Wechsels unbewußt, eilt nach Mirandola der Trunkene. Mit Sternenschein erreicht sein schnelles Roß die Thore -- ein bachantisches Ge[t]ön von Reihen und von Pauken donnert ihm aus dem erleuchteten Pallast entgegen. Er bebt die Stufen scheu hinauf, und sieht sich unerkannt im lauten Hochzeitsaale, wo in der Gäste taumelndem Gelag Pietro saß -- ein Engel ihm zur Seite, ein Engel, den Fernando kennt, der ihm in Träumen selbst so glänzend nie erschienen. Ein einz'ger Blick zeigt ihm was er besessen, zeigt ihm, was er auf immerdar verloren.
Eboli. Unglücklicher Fernando!
Königinn. Die Geschichte ist doch zu Ende, Chevalier? -- Sie muß zu Ende seyn.
Marquis. Noch nicht ganz.
Erſter Akt.
Marquis. Auf der Liebe Fluͤgeln, des fürchterlichen Wechſels unbewußt, eilt nach Mirandola der Trunkene. Mit Sternenſchein erreicht ſein ſchnelles Roß die Thore — ein bachantiſches Ge[t]ön von Reihen und von Pauken donnert ihm aus dem erleuchteten Pallaſt entgegen. Er bebt die Stufen ſcheu hinauf, und ſieht ſich unerkannt im lauten Hochzeitſaale, wo in der Gäſte taumelndem Gelag Pietro ſaß — ein Engel ihm zur Seite, ein Engel, den Fernando kennt, der ihm in Träumen ſelbſt ſo glänzend nie erſchienen. Ein einz’ger Blick zeigt ihm was er beſeſſen, zeigt ihm, was er auf immerdar verloren.
Eboli. Unglücklicher Fernando!
Königinn. Die Geſchichte iſt doch zu Ende, Chevalier? — Sie muß zu Ende ſeyn.
Marquis. Noch nicht ganz.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0055"n="45"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Erſter Akt</hi>.</fw><lb/><spwho="#MAR"><speaker><hirendition="#g">Marquis</hi>.</speaker><lb/><p><hirendition="#et">Auf der Liebe Fluͤgeln,</hi><lb/>
des fürchterlichen Wechſels unbewußt,<lb/>
eilt nach Mirandola der Trunkene.<lb/>
Mit Sternenſchein erreicht ſein ſchnelles Roß<lb/>
die Thore — ein bachantiſches Ge<supplied>t</supplied>ön<lb/>
von Reihen und von Pauken donnert ihm<lb/>
aus dem erleuchteten Pallaſt entgegen.<lb/>
Er bebt die Stufen ſcheu hinauf, und ſieht<lb/>ſich unerkannt im lauten Hochzeitſaale,<lb/>
wo in der Gäſte taumelndem Gelag<lb/>
Pietro ſaß — ein Engel ihm zur Seite,<lb/>
ein Engel, den Fernando kennt, der ihm<lb/>
in Träumen ſelbſt ſo glänzend nie erſchienen.<lb/>
Ein einz’ger Blick zeigt ihm was er beſeſſen,<lb/>
zeigt ihm, was er auf immerdar verloren.</p></sp><lb/><spwho="#EBO"><speaker><hirendition="#g">Eboli</hi>.</speaker><lb/><p>Unglücklicher Fernando!</p></sp><lb/><spwho="#KOENIGI"><speaker><hirendition="#g">Königinn</hi>.</speaker><lb/><p><hirendition="#et">Die Geſchichte</hi><lb/>
iſt doch zu Ende, Chevalier? — Sie muß<lb/>
zu Ende ſeyn.</p></sp><lb/><spwho="#MAR"><speaker><hirendition="#g">Marquis</hi>.</speaker><lb/><p><hirendition="#c">Noch nicht ganz.</hi></p></sp><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[45/0055]
Erſter Akt.
Marquis.
Auf der Liebe Fluͤgeln,
des fürchterlichen Wechſels unbewußt,
eilt nach Mirandola der Trunkene.
Mit Sternenſchein erreicht ſein ſchnelles Roß
die Thore — ein bachantiſches Getön
von Reihen und von Pauken donnert ihm
aus dem erleuchteten Pallaſt entgegen.
Er bebt die Stufen ſcheu hinauf, und ſieht
ſich unerkannt im lauten Hochzeitſaale,
wo in der Gäſte taumelndem Gelag
Pietro ſaß — ein Engel ihm zur Seite,
ein Engel, den Fernando kennt, der ihm
in Träumen ſelbſt ſo glänzend nie erſchienen.
Ein einz’ger Blick zeigt ihm was er beſeſſen,
zeigt ihm, was er auf immerdar verloren.
Eboli.
Unglücklicher Fernando!
Königinn.
Die Geſchichte
iſt doch zu Ende, Chevalier? — Sie muß
zu Ende ſeyn.
Marquis.
Noch nicht ganz.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/55>, abgerufen am 28.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.