Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.Dom Karlos. Ich schätz' ihn nicht mehr. Ausgestorben istin meinem Busen die Natur -- Sein Sie ihm wieder Gattinn. Er hat einen Sohn verloren. Treten Sie in Ihre Pflichten zurück -- Ich eile, mein bedrängtes Volk zu retten von Tirannenhand. Madrid sieht nur als König oder Nie mich wieder. Und jetzt zum langen Abschied, Mutter. Küs- sen Sie Ihren Sohn. Königinn. O Karl! Was machen Sie aus mir? -- Ich kann -- ich darf mich nicht empor zu dieser Männergröße wagen; doch fassen und bewundern kann ich Sie. Karlos. Bin ich nicht stark, Elisabeth? Ich halte in meinen Armen Sie und wanke nicht. Von dieser Stelle hätten mich noch gestern des Weltgerichts Posaunen nicht gerissen. Er verläßt sie. Dom Karlos. Ich ſchätz’ ihn nicht mehr. Ausgeſtorben iſtin meinem Buſen die Natur — Sein Sie ihm wieder Gattinn. Er hat einen Sohn verloren. Treten Sie in Ihre Pflichten zurück — Ich eile, mein bedrängtes Volk zu retten von Tirannenhand. Madrid ſieht nur als König oder Nie mich wieder. Und jetzt zum langen Abſchied, Mutter. Küſ- ſen Sie Ihren Sohn. Königinn. O Karl! Was machen Sie aus mir? — Ich kann — ich darf mich nicht empor zu dieſer Männergröße wagen; doch faſſen und bewundern kann ich Sie. Karlos. Bin ich nicht ſtark, Eliſabeth? Ich halte in meinen Armen Sie und wanke nicht. Von dieſer Stelle hätten mich noch geſtern des Weltgerichts Poſaunen nicht geriſſen. Er verläßt ſie. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#KAR"> <p><pb facs="#f0514" n="502"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos</hi>.</fw><lb/> Ich ſchätz’ ihn nicht mehr. Ausgeſtorben iſt<lb/> in meinem Buſen die Natur — Sein<lb/> Sie<lb/> ihm wieder Gattinn. Er hat einen Sohn<lb/> verloren. Treten Sie in Ihre Pflichten<lb/> zurück — Ich eile, mein bedrängtes Volk<lb/> zu retten von Tirannenhand. Madrid<lb/> ſieht nur als König oder Nie mich wieder.<lb/> Und jetzt zum langen Abſchied, Mutter. Küſ-<lb/> ſen<lb/> Sie Ihren Sohn.</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIGI"> <speaker><hi rendition="#g">Königinn</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">O Karl! Was machen Sie</hi><lb/> aus mir? — Ich kann — ich darf mich<lb/> nicht<lb/> empor zu dieſer Männergröße wagen;<lb/> doch faſſen und bewundern kann ich Sie.</p> </sp><lb/> <sp who="#KAR"> <speaker><hi rendition="#g">Karlos</hi>.</speaker><lb/> <p>Bin ich nicht ſtark, Eliſabeth? Ich halte<lb/> in meinen Armen Sie und wanke nicht.<lb/> Von dieſer Stelle hätten mich noch geſtern<lb/> des Weltgerichts Poſaunen nicht geriſſen.<lb/><stage>Er verläßt ſie.</stage><lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [502/0514]
Dom Karlos.
Ich ſchätz’ ihn nicht mehr. Ausgeſtorben iſt
in meinem Buſen die Natur — Sein
Sie
ihm wieder Gattinn. Er hat einen Sohn
verloren. Treten Sie in Ihre Pflichten
zurück — Ich eile, mein bedrängtes Volk
zu retten von Tirannenhand. Madrid
ſieht nur als König oder Nie mich wieder.
Und jetzt zum langen Abſchied, Mutter. Küſ-
ſen
Sie Ihren Sohn.
Königinn.
O Karl! Was machen Sie
aus mir? — Ich kann — ich darf mich
nicht
empor zu dieſer Männergröße wagen;
doch faſſen und bewundern kann ich Sie.
Karlos.
Bin ich nicht ſtark, Eliſabeth? Ich halte
in meinen Armen Sie und wanke nicht.
Von dieſer Stelle hätten mich noch geſtern
des Weltgerichts Poſaunen nicht geriſſen.
Er verläßt ſie.
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