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Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

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Dom Karlos.
Gesetz der Sterblichkeit bestechen, mit
der Weltgeschichte altern, Ihre Krone
bis zu der großen Auferstehung tragen --
Umsonst! Vergebens! Sie erschwingen keinen
Gedanken, keinen, wie der schlechteste
in diesem blutenden Gehirne. Das
erschafft in ihrem langen Greisenalter
nur Einmal die Natur -- und hier -- hier --

Mit einem Schrei des Schmerzens.
Heiland
der Welt! Da liegt er todt zu meinen Füßen.

Ein tiefes Schweigen. Viele von den Granden sehen
weg oder verhüllen das Gesicht in ihren Mänteln.

O die ihr hier versammelt steht, und vor Ent-
setzen
und vor Bewunderung verstummt -- ver-
dammet
den Jüngling nicht, der diese Sprache gegen
den Vater und den König führt -- Seht
hieher!
Für mich ist er gestorben! Habt Ihr Thränen?
Fließt Blut, nicht glühend Erz, in Euern
Adern?
Seht hieher und verdammt mich nicht.

Er wendet sich zum König mit mehr Fassung und
Gelassenheit.

Dom Karlos.
Geſetz der Sterblichkeit beſtechen, mit
der Weltgeſchichte altern, Ihre Krone
bis zu der großen Auferſtehung tragen —
Umſonſt! Vergebens! Sie erſchwingen keinen
Gedanken, keinen, wie der ſchlechteſte
in dieſem blutenden Gehirne. Das
erſchafft in ihrem langen Greiſenalter
nur Einmal die Natur — und hier — hier —

Mit einem Schrei des Schmerzens.
Heiland
der Welt! Da liegt er todt zu meinen Füßen.

Ein tiefes Schweigen. Viele von den Granden ſehen
weg oder verhüllen das Geſicht in ihren Mänteln.

O die ihr hier verſammelt ſteht, und vor Ent-
ſetzen
und vor Bewunderung verſtummt — ver-
dammet
den Jüngling nicht, der dieſe Sprache gegen
den Vater und den König führt — Seht
hieher!
Für mich iſt er geſtorben! Habt Ihr Thränen?
Fließt Blut, nicht glühend Erz, in Euern
Adern?
Seht hieher und verdammt mich nicht.

Er wendet ſich zum König mit mehr Faſſung und
Gelaſſenheit.

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[448/0460] Dom Karlos. Geſetz der Sterblichkeit beſtechen, mit der Weltgeſchichte altern, Ihre Krone bis zu der großen Auferſtehung tragen — Umſonſt! Vergebens! Sie erſchwingen keinen Gedanken, keinen, wie der ſchlechteſte in dieſem blutenden Gehirne. Das erſchafft in ihrem langen Greiſenalter nur Einmal die Natur — und hier — hier — Mit einem Schrei des Schmerzens. Heiland der Welt! Da liegt er todt zu meinen Füßen. Ein tiefes Schweigen. Viele von den Granden ſehen weg oder verhüllen das Geſicht in ihren Mänteln. O die ihr hier verſammelt ſteht, und vor Ent- ſetzen und vor Bewunderung verſtummt — ver- dammet den Jüngling nicht, der dieſe Sprache gegen den Vater und den König führt — Seht hieher! Für mich iſt er geſtorben! Habt Ihr Thränen? Fließt Blut, nicht glühend Erz, in Euern Adern? Seht hieher und verdammt mich nicht. Er wendet ſich zum König mit mehr Faſſung und Gelaſſenheit.

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/460>, abgerufen am 25.11.2024.