Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.Erster Akt. mein guter Geist mit gräßlichen Entwürfen,durch labirinthische Sophismen kriecht mein unglücksel'ger Scharfsinn, bis er endlich vor eines Abgrunds gähem Rande stutzt -- O Rodrigo, wenn ich den Vater je in ihm verlernte -- Rodrigo -- ich sehe, dein todtenblasser Blick hat mich verstanden. Wenn ich den Vater je in ihm verlernte, was würde mir der König sein? Marquis nach einem Stillschweigen. Darf ich an meinen Karlos eine Bitte wagen? Was Sie auch Willens sind zu thun -- so heftig auch Leidenschaft Sie drängen mag, versprechen Sie, ohne Ihren Freund nichts zu beschließen. Versprechen Sie mir dieses? Karlos. Alles, alles, was Deine Liebe mir gebeut. Ich werfe mich ganz in Deine Arme. Marquis. Wie man sagt, will der Monarch zur Stadt zurücke kehren. Erſter Akt. mein guter Geiſt mit gräßlichen Entwürfen,durch labirinthiſche Sophismen kriecht mein unglückſel’ger Scharfſinn, bis er endlich vor eines Abgrunds gähem Rande ſtutzt — O Rodrigo, wenn ich den Vater je in ihm verlernte — Rodrigo — ich ſehe, dein todtenblaſſer Blick hat mich verſtanden. Wenn ich den Vater je in ihm verlernte, was würde mir der König ſein? Marquis nach einem Stillſchweigen. Darf ich an meinen Karlos eine Bitte wagen? Was Sie auch Willens ſind zu thun — ſo heftig auch Leidenſchaft Sie drängen mag, verſprechen Sie, ohne Ihren Freund nichts zu beſchließen. Verſprechen Sie mir dieſes? Karlos. Alles, alles, was Deine Liebe mir gebeut. Ich werfe mich ganz in Deine Arme. Marquis. Wie man ſagt, will der Monarch zur Stadt zurücke kehren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#KAR"> <p><pb facs="#f0035" n="25"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſter Akt</hi>.</fw><lb/> mein guter Geiſt mit gräßlichen Entwürfen,<lb/> durch labirinthiſche Sophismen kriecht<lb/> mein unglückſel’ger Scharfſinn, bis er endlich<lb/> vor eines Abgrunds gähem Rande ſtutzt —<lb/> O Rodrigo, wenn ich den Vater je<lb/> in ihm verlernte — Rodrigo — ich ſehe,<lb/> dein todtenblaſſer Blick hat mich verſtanden.<lb/> Wenn ich den Vater je in ihm verlernte,<lb/> was würde mir der König ſein?</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker> <hi rendition="#g">Marquis</hi> </speaker><lb/> <stage>nach einem Stillſchweigen.</stage><lb/> <p><hi rendition="#et">Darf ich</hi><lb/> an meinen Karlos eine Bitte wagen?<lb/> Was Sie auch Willens ſind zu thun — ſo<lb/> heftig<lb/> auch Leidenſchaft Sie drängen mag, verſprechen<lb/> Sie, ohne Ihren Freund nichts zu beſchließen.<lb/> Verſprechen Sie mir dieſes?</p> </sp><lb/> <sp who="#KAR"> <speaker><hi rendition="#g">Karlos</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Alles, alles,</hi><lb/> was Deine Liebe mir gebeut. Ich werfe<lb/> mich ganz in Deine Arme.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAR"> <speaker><hi rendition="#g">Marquis</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Wie man ſagt,</hi><lb/> will der Monarch zur Stadt zurücke kehren.<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0035]
Erſter Akt.
mein guter Geiſt mit gräßlichen Entwürfen,
durch labirinthiſche Sophismen kriecht
mein unglückſel’ger Scharfſinn, bis er endlich
vor eines Abgrunds gähem Rande ſtutzt —
O Rodrigo, wenn ich den Vater je
in ihm verlernte — Rodrigo — ich ſehe,
dein todtenblaſſer Blick hat mich verſtanden.
Wenn ich den Vater je in ihm verlernte,
was würde mir der König ſein?
Marquis
nach einem Stillſchweigen.
Darf ich
an meinen Karlos eine Bitte wagen?
Was Sie auch Willens ſind zu thun — ſo
heftig
auch Leidenſchaft Sie drängen mag, verſprechen
Sie, ohne Ihren Freund nichts zu beſchließen.
Verſprechen Sie mir dieſes?
Karlos.
Alles, alles,
was Deine Liebe mir gebeut. Ich werfe
mich ganz in Deine Arme.
Marquis.
Wie man ſagt,
will der Monarch zur Stadt zurücke kehren.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |