dem König, der nicht Landmann ist, die Krone. In seiner Werkstatt träume sich der Künstler zum Bildner einer schönern Welt. Den Flug des Denkers hemme ferner keine Schranke, als die Bedingung endlicher Naturen. Nicht in der Vatersorge stillem Kreis erscheine der gekrönte Fremdling. Nie erlaub' er sich der Liebe heilige Mysterien unedel zu beschleichen. Die Menschheit zweifle, ob er ist. Belohnt durch eignen Beifall, berge sich der Künstler der angenehm betrogenen Maschine. Wenn nun der Mensch, sich selbst zurückge- geben, zu seines Werths Gefühl erwacht -- der Frei- heit erhabne, stolze Tugenden gedeihen -- wenn in dem Herzen wieder sich empört die Römerwallung, Nationenstolz, das Vaterland in jedem Bürger prangt, dem Vaterlande jeder Bürger stirbt -- dann, Sire, wenn Sie zum glücklichsten der Welt Ihr eignes Königreich gemacht -- dann reift Ihr großer Plan -- dann müssen Sie -- dann ist es Ihre Pflicht, die Welt zu unterwerfen.
Dritter Akt.
dem König, der nicht Landmann iſt, die Krone. In ſeiner Werkſtatt träume ſich der Künſtler zum Bildner einer ſchönern Welt. Den Flug des Denkers hemme ferner keine Schranke, als die Bedingung endlicher Naturen. Nicht in der Vaterſorge ſtillem Kreis erſcheine der gekrönte Fremdling. Nie erlaub’ er ſich der Liebe heilige Myſterien unedel zu beſchleichen. Die Menſchheit zweifle, ob er iſt. Belohnt durch eignen Beifall, berge ſich der Künſtler der angenehm betrogenen Maſchine. Wenn nun der Menſch, ſich ſelbſt zurückge- geben, zu ſeines Werths Gefühl erwacht — der Frei- heit erhabne, ſtolze Tugenden gedeihen — wenn in dem Herzen wieder ſich empört die Römerwallung, Nationenſtolz, das Vaterland in jedem Bürger prangt, dem Vaterlande jeder Bürger ſtirbt — dann, Sire, wenn Sie zum glücklichſten der Welt Ihr eignes Königreich gemacht — dann reift Ihr großer Plan — dann müſſen Sie — dann iſt es Ihre Pflicht, die Welt zu unterwerfen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><spwho="#MAR"><p><pbfacs="#f0295"n="283"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Dritter Akt</hi>.</fw><lb/>
dem König, der nicht Landmann iſt, die Krone.<lb/>
In ſeiner Werkſtatt träume ſich der Künſtler<lb/>
zum Bildner einer ſchönern Welt. Den Flug<lb/>
des Denkers hemme ferner keine Schranke,<lb/>
als die Bedingung endlicher Naturen.<lb/>
Nicht in der Vaterſorge ſtillem Kreis<lb/>
erſcheine der gekrönte Fremdling. Nie<lb/>
erlaub’ er ſich der Liebe heilige<lb/>
Myſterien unedel zu beſchleichen.<lb/>
Die Menſchheit zweifle, ob er iſt. Belohnt<lb/>
durch eignen Beifall, berge ſich der Künſtler<lb/>
der angenehm betrogenen Maſchine.<lb/>
Wenn nun der Menſch, ſich ſelbſt zurückge-<lb/>
geben,<lb/>
zu ſeines Werths Gefühl erwacht — der Frei-<lb/>
heit<lb/>
erhabne, ſtolze Tugenden gedeihen —<lb/>
wenn in dem Herzen wieder ſich empört<lb/>
die Römerwallung, Nationenſtolz,<lb/>
das Vaterland in jedem Bürger prangt,<lb/>
dem Vaterlande jeder Bürger ſtirbt —<lb/>
dann, Sire, wenn Sie zum glücklichſten der<lb/>
Welt<lb/>
Ihr eignes Königreich gemacht — dann reift<lb/>
Ihr großer Plan — dann müſſen Sie —<lb/>
dann iſt<lb/>
es Ihre Pflicht, die Welt zu unterwerfen.</p></sp><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[283/0295]
Dritter Akt.
dem König, der nicht Landmann iſt, die Krone.
In ſeiner Werkſtatt träume ſich der Künſtler
zum Bildner einer ſchönern Welt. Den Flug
des Denkers hemme ferner keine Schranke,
als die Bedingung endlicher Naturen.
Nicht in der Vaterſorge ſtillem Kreis
erſcheine der gekrönte Fremdling. Nie
erlaub’ er ſich der Liebe heilige
Myſterien unedel zu beſchleichen.
Die Menſchheit zweifle, ob er iſt. Belohnt
durch eignen Beifall, berge ſich der Künſtler
der angenehm betrogenen Maſchine.
Wenn nun der Menſch, ſich ſelbſt zurückge-
geben,
zu ſeines Werths Gefühl erwacht — der Frei-
heit
erhabne, ſtolze Tugenden gedeihen —
wenn in dem Herzen wieder ſich empört
die Römerwallung, Nationenſtolz,
das Vaterland in jedem Bürger prangt,
dem Vaterlande jeder Bürger ſtirbt —
dann, Sire, wenn Sie zum glücklichſten der
Welt
Ihr eignes Königreich gemacht — dann reift
Ihr großer Plan — dann müſſen Sie —
dann iſt
es Ihre Pflicht, die Welt zu unterwerfen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/295>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.