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Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

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Dritter Akt.
was Sie zu müssen eingesehn, hat mich
mit schauernder Bewunderung durchdrungen.
Das Ideal der ruhigen Vernunft
im Marterfeuer widerstrebender
Gefühle auszuprägen -- starrend Eis
in heißer Hand zu tragen -- das ist mehr,
als die Natur sonst Sterblichen beschieden.
O Schade, daß, in seinem Blut gewälzt,
das Opfer wenig dazu taugt, dem Geist
des Opferers ein Loblied anzustimmen!
daß Menschen nur -- nicht Wesen höh'rer
Art --
die Weltgeschichte schreiben! -- Sanftere
Jahrhunderte verdrängen Philipps Zeiten;
die bringen mildre Weisheit; Bürgerglück
wird dann versöhnt mit Fürstengröße wandeln,
der karge Staat mit seinen Kindern geitzen,
und die Nothwendigkeit wird menschlich sein.
König.
Wann, glauben Sie wohl, würden diese sanf-
ten
Jahrhunderte erscheinen, hätt' ich vor
dem Fluch des jetzigen gezittert? Sehen Sie
in meinem Spanien Sich um. Hier blüht
des Bürgers Glück in nie bewölktem Frieden;
und diese Ruhe gönn' ich den Flamändern.
Dritter Akt.
was Sie zu müſſen eingeſehn, hat mich
mit ſchauernder Bewunderung durchdrungen.
Das Ideal der ruhigen Vernunft
im Marterfeuer widerſtrebender
Gefühle auszuprägen — ſtarrend Eis
in heißer Hand zu tragen — das iſt mehr,
als die Natur ſonſt Sterblichen beſchieden.
O Schade, daß, in ſeinem Blut gewälzt,
das Opfer wenig dazu taugt, dem Geiſt
des Opferers ein Loblied anzuſtimmen!
daß Menſchen nur — nicht Weſen höh’rer
Art —
die Weltgeſchichte ſchreiben! — Sanftere
Jahrhunderte verdrängen Philipps Zeiten;
die bringen mildre Weisheit; Bürgerglück
wird dann verſöhnt mit Fürſtengröße wandeln,
der karge Staat mit ſeinen Kindern geitzen,
und die Nothwendigkeit wird menſchlich ſein.
König.
Wann, glauben Sie wohl, würden dieſe ſanf-
ten
Jahrhunderte erſcheinen, hätt’ ich vor
dem Fluch des jetzigen gezittert? Sehen Sie
in meinem Spanien Sich um. Hier blüht
des Bürgers Glück in nie bewölktem Frieden;
und dieſe Ruhe gönn’ ich den Flamändern.
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[277/0289] Dritter Akt. was Sie zu müſſen eingeſehn, hat mich mit ſchauernder Bewunderung durchdrungen. Das Ideal der ruhigen Vernunft im Marterfeuer widerſtrebender Gefühle auszuprägen — ſtarrend Eis in heißer Hand zu tragen — das iſt mehr, als die Natur ſonſt Sterblichen beſchieden. O Schade, daß, in ſeinem Blut gewälzt, das Opfer wenig dazu taugt, dem Geiſt des Opferers ein Loblied anzuſtimmen! daß Menſchen nur — nicht Weſen höh’rer Art — die Weltgeſchichte ſchreiben! — Sanftere Jahrhunderte verdrängen Philipps Zeiten; die bringen mildre Weisheit; Bürgerglück wird dann verſöhnt mit Fürſtengröße wandeln, der karge Staat mit ſeinen Kindern geitzen, und die Nothwendigkeit wird menſchlich ſein. König. Wann, glauben Sie wohl, würden dieſe ſanf- ten Jahrhunderte erſcheinen, hätt’ ich vor dem Fluch des jetzigen gezittert? Sehen Sie in meinem Spanien Sich um. Hier blüht des Bürgers Glück in nie bewölktem Frieden; und dieſe Ruhe gönn’ ich den Flamändern.

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/289>, abgerufen am 22.11.2024.