Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Dom Karlos.
dasselbe Glück, das meine reine Liebe
den Menschen gönnt? -- -- Vor diesem
würde
die Majestät erzittern -- Nein! Ein neues
erschuf der Krone Politik -- ein Glück,
das sie noch reich genug ist auszutheilen,
und in dem Menschenherzen neue Triebe,
die sich von diesem Glücke stillen lassen.
In ihren Münzen läßt sie Wahrheit schlagen,
die Wahrheit, die sie dulden kann. Ver-
worfen
sind alle Stempel, die nicht diesem gleichen.
So will's der Krone Politik -- denn darf
die Krone wohl nach Menschenglücke zielen?
Doch was der Krone frommen kann -- ist
das
auch mir genug? Darf meine Bruderliebe
sich zur Verkürzung meines Bruders borgen?
Weiß ich ihn glücklich -- eh' er denken darf?
Der Mensch, mit dem ich's redlich meine, soll
sich unter Philipps Zepter elend fühlen.
So will ich ihn. Das ist mein Wunsch. Mich
also,
mich wählen Sie nicht, Sire, Glückseligkeit,
die Sie uns prägen, auszustreun. Ich muß
mich weigern diese Stempel auszugeben.
Ich kann nicht Fürstendiener sein.
Dom Karlos.
daſſelbe Glück, das meine reine Liebe
den Menſchen gönnt? — — Vor dieſem
würde
die Majeſtät erzittern — Nein! Ein neues
erſchuf der Krone Politik — ein Glück,
das ſie noch reich genug iſt auszutheilen,
und in dem Menſchenherzen neue Triebe,
die ſich von dieſem Glücke ſtillen laſſen.
In ihren Münzen läßt ſie Wahrheit ſchlagen,
die Wahrheit, die ſie dulden kann. Ver-
worfen
ſind alle Stempel, die nicht dieſem gleichen.
So will’s der Krone Politik — denn darf
die Krone wohl nach Menſchenglücke zielen?
Doch was der Krone frommen kann — iſt
das
auch mir genug? Darf meine Bruderliebe
ſich zur Verkürzung meines Bruders borgen?
Weiß ich ihn glücklich — eh’ er denken darf?
Der Menſch, mit dem ich’s redlich meine, ſoll
ſich unter Philipps Zepter elend fühlen.
So will ich ihn. Das iſt mein Wunſch. Mich
alſo,
mich wählen Sie nicht, Sire, Glückſeligkeit,
die Sie uns prägen, auszuſtreun. Ich muß
mich weigern dieſe Stempel auszugeben.
Ich kann nicht Fürſtendiener ſein.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#MAR">
              <p><pb facs="#f0278" n="266"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos</hi>.</fw><lb/>
da&#x017F;&#x017F;elbe Glück, das meine reine Liebe<lb/>
den Men&#x017F;chen gönnt? &#x2014; &#x2014; Vor die&#x017F;em<lb/>
würde<lb/>
die Maje&#x017F;tät erzittern &#x2014; Nein! Ein neues<lb/>
er&#x017F;chuf der Krone Politik &#x2014; ein Glück,<lb/>
das <hi rendition="#g">&#x017F;ie</hi> noch reich genug i&#x017F;t auszutheilen,<lb/>
und in dem Men&#x017F;chenherzen neue Triebe,<lb/>
die &#x017F;ich von die&#x017F;em Glücke &#x017F;tillen la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
In ihren Münzen läßt &#x017F;ie Wahrheit &#x017F;chlagen,<lb/><hi rendition="#g">die</hi> Wahrheit, die &#x017F;ie dulden kann. Ver-<lb/>
worfen<lb/>
&#x017F;ind alle Stempel, die nicht die&#x017F;em gleichen.<lb/>
So will&#x2019;s der Krone Politik &#x2014; denn darf<lb/>
die Krone wohl nach Men&#x017F;chenglücke zielen?<lb/>
Doch was der Krone frommen kann &#x2014; i&#x017F;t<lb/>
das<lb/>
auch mir genug? Darf meine Bruderliebe<lb/>
&#x017F;ich zur Verkürzung meines Bruders borgen?<lb/>
Weiß ich ihn glücklich &#x2014; eh&#x2019; er denken darf?<lb/>
Der Men&#x017F;ch, mit dem ich&#x2019;s redlich meine, &#x017F;oll<lb/>
&#x017F;ich unter Philipps Zepter elend fühlen.<lb/>
So will ich ihn. Das i&#x017F;t mein Wun&#x017F;ch. Mich<lb/>
al&#x017F;o,<lb/>
mich wählen Sie nicht, Sire, Glück&#x017F;eligkeit,<lb/>
die <hi rendition="#g">Sie</hi> uns prägen, auszu&#x017F;treun. Ich muß<lb/>
mich weigern die&#x017F;e Stempel auszugeben.<lb/>
Ich kann nicht Für&#x017F;tendiener &#x017F;ein.</p>
            </sp><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266/0278] Dom Karlos. daſſelbe Glück, das meine reine Liebe den Menſchen gönnt? — — Vor dieſem würde die Majeſtät erzittern — Nein! Ein neues erſchuf der Krone Politik — ein Glück, das ſie noch reich genug iſt auszutheilen, und in dem Menſchenherzen neue Triebe, die ſich von dieſem Glücke ſtillen laſſen. In ihren Münzen läßt ſie Wahrheit ſchlagen, die Wahrheit, die ſie dulden kann. Ver- worfen ſind alle Stempel, die nicht dieſem gleichen. So will’s der Krone Politik — denn darf die Krone wohl nach Menſchenglücke zielen? Doch was der Krone frommen kann — iſt das auch mir genug? Darf meine Bruderliebe ſich zur Verkürzung meines Bruders borgen? Weiß ich ihn glücklich — eh’ er denken darf? Der Menſch, mit dem ich’s redlich meine, ſoll ſich unter Philipps Zepter elend fühlen. So will ich ihn. Das iſt mein Wunſch. Mich alſo, mich wählen Sie nicht, Sire, Glückſeligkeit, die Sie uns prägen, auszuſtreun. Ich muß mich weigern dieſe Stempel auszugeben. Ich kann nicht Fürſtendiener ſein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/278
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/278>, abgerufen am 25.11.2024.