einst war's ganz anders. Da warst Du so reich, so warm, so reich! ein ganzer Weltkreis hatte in Deinem weiten Busen Raum. Das alles ist nun dahin, von Einer Leidenschaft, von einem kleinen Eigennutz verschlungen. Dein Herz ist ausgestorben. Keine Thräne, dem ungeheuern Schicksal der Provinzen nicht einmal eine Thräne mehr -- O Karl, wie arm bist Du, wie bettelarm geworden, seitdem Du niemand liebst als Dich!
Karlos wirft sich in einen Sessel. -- Nach einer Pause mit kaum unterdrücktem Weinen: Ich weiß, daß Du mich nicht mehr achtest.
Marquis. Hörst Du denn, daß ich Dir schmeichle? -- Nicht so, Karl, nicht also. Ich kenne diese Aufwallung. Sie war Verirrung lobenswürdiger Gefühle. Die Königinn gehörte Dir, war Dir geraubt von dem Monarchen -- doch bis jetzt mißtrautest Du bescheiden Deinen Rechten. Vielleicht war Philipp ihrer werth. Du wag- test
Zweiter Akt.
einſt war’s ganz anders. Da warſt Du ſo reich, ſo warm, ſo reich! ein ganzer Weltkreis hatte in Deinem weiten Buſen Raum. Das alles iſt nun dahin, von Einer Leidenſchaft, von einem kleinen Eigennutz verſchlungen. Dein Herz iſt ausgeſtorben. Keine Thräne, dem ungeheuern Schickſal der Provinzen nicht einmal eine Thräne mehr — O Karl, wie arm biſt Du, wie bettelarm geworden, ſeitdem Du niemand liebſt als Dich!
Karlos wirft ſich in einen Seſſel. — Nach einer Pauſe mit kaum unterdrücktem Weinen: Ich weiß, daß Du mich nicht mehr achteſt.
Marquis. Hörſt Du denn, daß ich Dir ſchmeichle? — Nicht ſo, Karl, nicht alſo. Ich kenne dieſe Aufwallung. Sie war Verirrung lobenswürdiger Gefühle. Die Königinn gehörte Dir, war Dir geraubt von dem Monarchen — doch bis jetzt mißtrauteſt Du beſcheiden Deinen Rechten. Vielleicht war Philipp ihrer werth. Du wag- teſt
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Zweiter Akt.
einſt war’s ganz anders. Da warſt Du ſo reich,
ſo warm, ſo reich! ein ganzer Weltkreis hatte
in Deinem weiten Buſen Raum. Das alles
iſt nun dahin, von Einer Leidenſchaft,
von einem kleinen Eigennutz verſchlungen.
Dein Herz iſt ausgeſtorben. Keine Thräne,
dem ungeheuern Schickſal der Provinzen
nicht einmal eine Thräne mehr — O Karl,
wie arm biſt Du, wie bettelarm geworden,
ſeitdem Du niemand liebſt als Dich!
Karlos
wirft ſich in einen Seſſel. — Nach einer Pauſe mit
kaum unterdrücktem Weinen:
Ich weiß,
daß Du mich nicht mehr achteſt.
Marquis.
Hörſt Du denn,
daß ich Dir ſchmeichle? — Nicht ſo, Karl,
nicht alſo.
Ich kenne dieſe Aufwallung. Sie war
Verirrung lobenswürdiger Gefühle.
Die Königinn gehörte Dir, war Dir
geraubt von dem Monarchen — doch bis jetzt
mißtrauteſt Du beſcheiden Deinen Rechten.
Vielleicht war Philipp ihrer werth. Du wag-
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Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/221>, abgerufen am 16.02.2025.
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