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Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

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Zweiter Akt.
Alba.
Das vergeb' ich ihm. Hab' ich
ihn je geliebt? -- Doch, daß er mich be-
schimpfte,
Domingo, das werd' ich ihm nie vergessen.
Als vor'ges Jahr die Stände Arragons
ihm huldigten und mich die Reihe traf,
erschien ich etwas später, weil mein Amt
als Marschall bei dem Feste mich verzögert.
Der Herold hatte dreimal schon gerufen,
eh' ich den Thron erreichte -- Da verstieß
mich der Infant. Im Angesicht des ganzen
betretnen Arragoniens versagte
der Knabe mir den Handkuß -- Alle Augen
durchbohrten mich, ich stand zum erstenmal
in meinem Leben außer Fassung. Damals
gelobt' ich volle, schreckliche Bezahlung
dem stolzen Jüngling, und ich halte sie.
Domingo.
Ich bin sein Feind nicht. Andre Sorgen nagen
an meiner Ruhe, Sorgen für den Thron,
für Gott und seine Kirche -- Der Infant
(ich kenn' ihn -- ich durchdringe seine Seele)
hegt einen schrecklichen Entwurf -- Toledo --
den rasenden Entwurf, Regent zu sein,
M
Zweiter Akt.
Alba.
Das vergeb’ ich ihm. Hab’ ich
ihn je geliebt? — Doch, daß er mich be-
ſchimpfte,
Domingo, das werd’ ich ihm nie vergeſſen.
Als vor’ges Jahr die Stände Arragons
ihm huldigten und mich die Reihe traf,
erſchien ich etwas ſpäter, weil mein Amt
als Marſchall bei dem Feſte mich verzögert.
Der Herold hatte dreimal ſchon gerufen,
eh’ ich den Thron erreichte — Da verſtieß
mich der Infant. Im Angeſicht des ganzen
betretnen Arragoniens verſagte
der Knabe mir den Handkuß — Alle Augen
durchbohrten mich, ich ſtand zum erſtenmal
in meinem Leben außer Faſſung. Damals
gelobt’ ich volle, ſchreckliche Bezahlung
dem ſtolzen Jüngling, und ich halte ſie.
Domingo.
Ich bin ſein Feind nicht. Andre Sorgen nagen
an meiner Ruhe, Sorgen für den Thron,
für Gott und ſeine Kirche — Der Infant
(ich kenn’ ihn — ich durchdringe ſeine Seele)
hegt einen ſchrecklichen Entwurf — Toledo —
den raſenden Entwurf, Regent zu ſein,
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[177/0187] Zweiter Akt. Alba. Das vergeb’ ich ihm. Hab’ ich ihn je geliebt? — Doch, daß er mich be- ſchimpfte, Domingo, das werd’ ich ihm nie vergeſſen. Als vor’ges Jahr die Stände Arragons ihm huldigten und mich die Reihe traf, erſchien ich etwas ſpäter, weil mein Amt als Marſchall bei dem Feſte mich verzögert. Der Herold hatte dreimal ſchon gerufen, eh’ ich den Thron erreichte — Da verſtieß mich der Infant. Im Angeſicht des ganzen betretnen Arragoniens verſagte der Knabe mir den Handkuß — Alle Augen durchbohrten mich, ich ſtand zum erſtenmal in meinem Leben außer Faſſung. Damals gelobt’ ich volle, ſchreckliche Bezahlung dem ſtolzen Jüngling, und ich halte ſie. Domingo. Ich bin ſein Feind nicht. Andre Sorgen nagen an meiner Ruhe, Sorgen für den Thron, für Gott und ſeine Kirche — Der Infant (ich kenn’ ihn — ich durchdringe ſeine Seele) hegt einen ſchrecklichen Entwurf — Toledo — den raſenden Entwurf, Regent zu ſein, M

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Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/187>, abgerufen am 24.11.2024.