Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.Zweiter Akt. den Prinzen an -- Es war ein einz'gerBlick -- Sein Arm verstarrt -- er fliegt an meinen Hals -- ich fühle einen heißen Kuß -- er ist verschwunden. Domingo nach einigem Stillschweigen. Das ist sehr verdächtig -- Herzog, Sie mahnen mich an etwas -- -- Ähnliche Gedanken, ich gesteh' es, keimten längst in meiner Brust -- -- Ich flohe diese Träu- me -- noch hab' ich niemand sie vertraut. Es gibt zweischneid'ge Klingen, ungewisse Freunde -- ich fürchte diese. Schwer zu unterscheiden, noch schwerer zu ergründen sind die Menschen -- Entwischte Worte sind beleidigte Vertraute -- drum begrub ich mein Geheimniß, bis einst die Zeit es rufen würde. Wer ist mir auch Bürge, daß ich recht gesehen? Wie leicht geschieht's, daß Menschen sich be- trügen! Ich bin ein Priester. Meine Weihung lautet, den Frieden, nicht die Zwietracht zu verkünden, Das überlaß' ich denen, deren Amt Zweiter Akt. den Prinzen an — Es war ein einz’gerBlick — Sein Arm verſtarrt — er fliegt an meinen Hals — ich fühle einen heißen Kuß — er iſt verſchwunden. Domingo nach einigem Stillſchweigen. Das iſt ſehr verdächtig — Herzog, Sie mahnen mich an etwas — — Ähnliche Gedanken, ich geſteh’ es, keimten längſt in meiner Bruſt — — Ich flohe dieſe Träu- me — noch hab’ ich niemand ſie vertraut. Es gibt zweiſchneid’ge Klingen, ungewiſſe Freunde — ich fürchte dieſe. Schwer zu unterſcheiden, noch ſchwerer zu ergründen ſind die Menſchen — Entwiſchte Worte ſind beleidigte Vertraute — drum begrub ich mein Geheimniß, bis einſt die Zeit es rufen würde. Wer iſt mir auch Bürge, daß ich recht geſehen? Wie leicht geſchieht’s, daß Menſchen ſich be- trügen! Ich bin ein Prieſter. Meine Weihung lautet, den Frieden, nicht die Zwietracht zu verkünden, Das überlaß’ ich denen, deren Amt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#ALB"> <p><pb facs="#f0181" n="171"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweiter Akt.</hi></fw><lb/> den Prinzen an — Es war ein einz’ger<lb/> Blick —<lb/> Sein Arm verſtarrt — er fliegt an meinen<lb/> Hals —<lb/> ich fühle einen heißen Kuß — er iſt<lb/> verſchwunden.</p> </sp><lb/> <sp who="#DOMI"> <speaker> <hi rendition="#g">Domingo</hi> </speaker><lb/> <stage>nach einigem Stillſchweigen.</stage><lb/> <p><hi rendition="#et">Das iſt ſehr verdächtig — Herzog,</hi><lb/> Sie mahnen mich an etwas — — Ähnliche<lb/> Gedanken, ich geſteh’ es, keimten längſt<lb/> in meiner Bruſt — — Ich flohe dieſe Träu-<lb/> me —<lb/> noch hab’ ich niemand ſie vertraut. Es gibt<lb/> zweiſchneid’ge Klingen, ungewiſſe Freunde —<lb/> ich fürchte dieſe. Schwer zu unterſcheiden,<lb/> noch ſchwerer zu ergründen ſind die Menſchen —<lb/> Entwiſchte Worte ſind beleidigte<lb/> Vertraute — drum begrub ich mein Geheimniß,<lb/> bis einſt die Zeit es rufen würde. Wer<lb/> iſt mir auch Bürge, daß ich recht geſehen?<lb/> Wie leicht geſchieht’s, daß Menſchen ſich be-<lb/> trügen!<lb/> Ich bin ein Prieſter. Meine Weihung lautet,<lb/> den Frieden, nicht die Zwietracht zu verkünden,<lb/> Das überlaß’ ich denen, deren Amt<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [171/0181]
Zweiter Akt.
den Prinzen an — Es war ein einz’ger
Blick —
Sein Arm verſtarrt — er fliegt an meinen
Hals —
ich fühle einen heißen Kuß — er iſt
verſchwunden.
Domingo
nach einigem Stillſchweigen.
Das iſt ſehr verdächtig — Herzog,
Sie mahnen mich an etwas — — Ähnliche
Gedanken, ich geſteh’ es, keimten längſt
in meiner Bruſt — — Ich flohe dieſe Träu-
me —
noch hab’ ich niemand ſie vertraut. Es gibt
zweiſchneid’ge Klingen, ungewiſſe Freunde —
ich fürchte dieſe. Schwer zu unterſcheiden,
noch ſchwerer zu ergründen ſind die Menſchen —
Entwiſchte Worte ſind beleidigte
Vertraute — drum begrub ich mein Geheimniß,
bis einſt die Zeit es rufen würde. Wer
iſt mir auch Bürge, daß ich recht geſehen?
Wie leicht geſchieht’s, daß Menſchen ſich be-
trügen!
Ich bin ein Prieſter. Meine Weihung lautet,
den Frieden, nicht die Zwietracht zu verkünden,
Das überlaß’ ich denen, deren Amt
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