wenn Schmeichelei einstimmig mir's betheuern, werd' ich's zuletzt nicht glauben, wirklich sein? Und ist es denn jetzt Liebe, was ich brauche? wenn meine Ehre blutet -- Liebe? Ruft nicht lauter jetzt, nicht schrecklicher mein Stolz, als meines Herzens stille Wünsche? Was ein Mann mir nahm, kann nur ein König mir ersetzen. Diese Schlangen kann allein der Größe Taumeltrank betäuben.
Sie geht -- bleibt aber plötzlich stille stehen -- in tie- fes Nachdenken verloren.
Tugend? Er will sie nicht, dem ich sie aufbehalten, dem sie allein geblüht -- er will sie nicht. Sie macht ihn ja nicht glücklich -- -- Oder frommt sie dem Himmel nur? und nicht auch mir? und nicht dem Manne, dem ich mich geschenkt? Spart sie für jene Welt der Unschuld schöne Blume? Wenn für die Liebe sie nicht sammelt, wem, wem sammelt denn die Tugend? Ist sie mehr, als hoher Wucher mit der Liebe Freuden? Ich werde nicht mehr lieben. Ihres Amtes entbind' ich sie auf immerdar. Sie fliehe der Hoffnung zu. Ich werde nicht mehr lieben.
Sie geht ab.
Dom Karlos.
wenn Schmeichelei einſtimmig mir’s betheuern, werd’ ich’s zuletzt nicht glauben, wirklich ſein? Und iſt es denn jetzt Liebe, was ich brauche? wenn meine Ehre blutet — Liebe? Ruft nicht lauter jetzt, nicht ſchrecklicher mein Stolz, als meines Herzens ſtille Wünſche? Was ein Mann mir nahm, kann nur ein König mir erſetzen. Dieſe Schlangen kann allein der Größe Taumeltrank betäuben.
Sie geht — bleibt aber plötzlich ſtille ſtehen — in tie- fes Nachdenken verloren.
Tugend? Er will ſie nicht, dem ich ſie aufbehalten, dem ſie allein geblüht — er will ſie nicht. Sie macht ihn ja nicht glücklich — — Oder frommt ſie dem Himmel nur? und nicht auch mir? und nicht dem Manne, dem ich mich geſchenkt? Spart ſie für jene Welt der Unſchuld ſchöne Blume? Wenn für die Liebe ſie nicht ſammelt, wem, wem ſammelt denn die Tugend? Iſt ſie mehr, als hoher Wucher mit der Liebe Freuden? Ich werde nicht mehr lieben. Ihres Amtes entbind’ ich ſie auf immerdar. Sie fliehe der Hoffnung zu. Ich werde nicht mehr lieben.
Sie geht ab.
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Dom Karlos.
wenn Schmeichelei einſtimmig mir’s betheuern,
werd’ ich’s zuletzt nicht glauben, wirklich ſein?
Und iſt es denn jetzt Liebe, was ich brauche?
wenn meine Ehre blutet — Liebe? Ruft
nicht lauter jetzt, nicht ſchrecklicher mein Stolz,
als meines Herzens ſtille Wünſche? Was
ein Mann mir nahm, kann nur ein König mir
erſetzen. Dieſe Schlangen kann allein
der Größe Taumeltrank betäuben.
Sie geht — bleibt aber plötzlich ſtille ſtehen — in tie-
fes Nachdenken verloren.
Tugend?
Er will ſie nicht, dem ich ſie aufbehalten,
dem ſie allein geblüht — er will ſie nicht.
Sie macht ihn ja nicht glücklich — — Oder
frommt ſie
dem Himmel nur? und nicht auch mir? und nicht
dem Manne, dem ich mich geſchenkt? Spart ſie
für jene Welt der Unſchuld ſchöne Blume?
Wenn für die Liebe ſie nicht ſammelt, wem,
wem ſammelt denn die Tugend? Iſt ſie mehr,
als hoher Wucher mit der Liebe Freuden?
Ich werde nicht mehr lieben. Ihres Amtes
entbind’ ich ſie auf immerdar. Sie fliehe
der Hoffnung zu. Ich werde nicht mehr lieben.
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Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/178>, abgerufen am 25.11.2024.
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