O still von diesem, weg davon, nicht weiter. Das ist die Nerve, wo ich Gichter spüre.
Prinzessinn. Nein, hören Sie erst alles. Nicht genug, daß man der Politik mich hingeschlachtet; auch meiner Unschuld stellt man nach -- Schon längst verfolgen mich die lasterhaften Flammen des großen, großen Wollüstlings -- Da! Hier! Dieß Blatt kann diesen Heiligen entlarven. Karlos nimmt das Papier, und hängt voll Unge- duld an ihrer Erzählung, ohne sich Zeit zu nehmen, es zu lesen. Wo soll ich Rettung finden, Prinz? Bis jetzt war es mein Stolz, der meine Tugend schützte; doch endlich --
Karlos. Endlich fielen Sie? Sie fielen? Nein, nein, um Gottes willen, nein!
Prinzessinn stolz und edel. Durch wen? Armselige Vernünftelei! Wie schwach von diesen starken Geistern! Weibergunst,
Zweiter Akt.
O ſtill von dieſem, weg davon, nicht weiter. Das iſt die Nerve, wo ich Gichter ſpüre.
Prinzeſſinn. Nein, hören Sie erſt alles. Nicht genug, daß man der Politik mich hingeſchlachtet; auch meiner Unſchuld ſtellt man nach — Schon längſt verfolgen mich die laſterhaften Flammen des großen, großen Wollüſtlings — Da! Hier! Dieß Blatt kann dieſen Heiligen entlarven. Karlos nimmt das Papier, und hängt voll Unge- duld an ihrer Erzählung, ohne ſich Zeit zu nehmen, es zu leſen. Wo ſoll ich Rettung finden, Prinz? Bis jetzt war es mein Stolz, der meine Tugend ſchützte; doch endlich —
Karlos. Endlich fielen Sie? Sie fielen? Nein, nein, um Gottes willen, nein!
Prinzeſſinn ſtolz und edel. Durch wen? Armſelige Vernünftelei! Wie ſchwach von dieſen ſtarken Geiſtern! Weibergunſt,
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Zweiter Akt.
O ſtill von dieſem, weg davon, nicht weiter.
Das iſt die Nerve, wo ich Gichter ſpüre.
Prinzeſſinn.
Nein, hören Sie erſt alles. Nicht genug,
daß man der Politik mich hingeſchlachtet;
auch meiner Unſchuld ſtellt man nach — Schon
längſt
verfolgen mich die laſterhaften Flammen
des großen, großen Wollüſtlings — Da!
Hier!
Dieß Blatt kann dieſen Heiligen entlarven.
Karlos nimmt das Papier, und hängt voll Unge-
duld an ihrer Erzählung, ohne ſich Zeit zu nehmen,
es zu leſen.
Wo ſoll ich Rettung finden, Prinz? Bis jetzt
war es mein Stolz, der meine Tugend ſchützte;
doch endlich —
Karlos.
Endlich fielen Sie? Sie fielen?
Nein, nein, um Gottes willen, nein!
Prinzeſſinn
ſtolz und edel.
Durch wen?
Armſelige Vernünftelei! Wie ſchwach
von dieſen ſtarken Geiſtern! Weibergunſt,
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Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/161>, abgerufen am 15.08.2024.
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