Prinzessinn. Darüber scheinen Sie erstaunt? Darüber? Was soll die Wette gelten, Prinz, ich rufe Geschichten in Ihr Herz zurück, Geschich- ten, die selbst in Ihren Träumen ausgestorben? Versuchen Sie es; fragen Sie mich aus. Wenn selbst der Laune Gaukelei'n, ein Laut verstümmelt in die Luft gehaucht, ein Lächeln von schnellem Ernste wieder ausgelöscht, ein Spiel mit diesen Federn, eine Blume gedankenlos zerrissen, eine Fliege mit sanfter Hand barbarisch hingewürgt -- wenn selber schon Erscheinungen, Geberden, wo Ihre Seele ferne war, mir nicht entgangen sind, urtheilen Sie, ob ich verstand, wo Sie verstanden werden woll- ten?
Karlos. Nun das ist warlich viel gewagt -- Die Wette soll gelten, Fürstinn. Sie versprechen mir Entdeckungen in meinem eignen Herzen, um die ich selber nie gewußt.
K
Zweiter Akt.
Prinzeſſinn. Darüber ſcheinen Sie erſtaunt? Darüber? Was ſoll die Wette gelten, Prinz, ich rufe Geſchichten in Ihr Herz zurück, Geſchich- ten, die ſelbſt in Ihren Träumen ausgeſtorben? Verſuchen Sie es; fragen Sie mich aus. Wenn ſelbſt der Laune Gaukelei’n, ein Laut verſtümmelt in die Luft gehaucht, ein Lächeln von ſchnellem Ernſte wieder ausgelöſcht, ein Spiel mit dieſen Federn, eine Blume gedankenlos zerriſſen, eine Fliege mit ſanfter Hand barbariſch hingewürgt — wenn ſelber ſchon Erſcheinungen, Geberden, wo Ihre Seele ferne war, mir nicht entgangen ſind, urtheilen Sie, ob ich verſtand, wo Sie verſtanden werden woll- ten?
Karlos. Nun das iſt warlich viel gewagt — Die Wette ſoll gelten, Fürſtinn. Sie verſprechen mir Entdeckungen in meinem eignen Herzen, um die ich ſelber nie gewußt.
K
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0155"n="145"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Zweiter Akt</hi>.</fw><lb/><spwho="#EBO"><speaker><hirendition="#g">Prinzeſſinn</hi>.</speaker><lb/><p>Darüber ſcheinen Sie erſtaunt? Darüber?<lb/>
Was ſoll die Wette gelten, Prinz, ich rufe<lb/>
Geſchichten in Ihr Herz zurück, Geſchich-<lb/>
ten,<lb/>
die ſelbſt in Ihren Träumen ausgeſtorben?<lb/>
Verſuchen Sie es; fragen Sie mich aus.<lb/>
Wenn ſelbſt der Laune Gaukelei’n, ein Laut<lb/>
verſtümmelt in die Luft gehaucht, ein Lächeln<lb/>
von ſchnellem Ernſte wieder ausgelöſcht,<lb/>
ein Spiel mit dieſen Federn, eine Blume<lb/>
gedankenlos zerriſſen, eine Fliege<lb/>
mit ſanfter Hand barbariſch hingewürgt —<lb/>
wenn ſelber ſchon Erſcheinungen, Geberden,<lb/>
wo Ihre Seele ferne war, mir nicht<lb/>
entgangen ſind, urtheilen Sie, ob ich<lb/>
verſtand, wo Sie verſtanden werden woll-<lb/>
ten?</p></sp><lb/><spwho="#KAR"><speaker><hirendition="#g">Karlos</hi>.</speaker><lb/><p>Nun das iſt warlich viel gewagt — Die<lb/>
Wette<lb/>ſoll gelten, Fürſtinn. Sie verſprechen mir<lb/>
Entdeckungen in meinem eignen Herzen,<lb/>
um die ich ſelber nie gewußt.</p></sp><lb/><fwplace="bottom"type="sig">K</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[145/0155]
Zweiter Akt.
Prinzeſſinn.
Darüber ſcheinen Sie erſtaunt? Darüber?
Was ſoll die Wette gelten, Prinz, ich rufe
Geſchichten in Ihr Herz zurück, Geſchich-
ten,
die ſelbſt in Ihren Träumen ausgeſtorben?
Verſuchen Sie es; fragen Sie mich aus.
Wenn ſelbſt der Laune Gaukelei’n, ein Laut
verſtümmelt in die Luft gehaucht, ein Lächeln
von ſchnellem Ernſte wieder ausgelöſcht,
ein Spiel mit dieſen Federn, eine Blume
gedankenlos zerriſſen, eine Fliege
mit ſanfter Hand barbariſch hingewürgt —
wenn ſelber ſchon Erſcheinungen, Geberden,
wo Ihre Seele ferne war, mir nicht
entgangen ſind, urtheilen Sie, ob ich
verſtand, wo Sie verſtanden werden woll-
ten?
Karlos.
Nun das iſt warlich viel gewagt — Die
Wette
ſoll gelten, Fürſtinn. Sie verſprechen mir
Entdeckungen in meinem eignen Herzen,
um die ich ſelber nie gewußt.
K
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/155>, abgerufen am 16.08.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.