Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweiter Akt.
Prinzessinn.
Darüber scheinen Sie erstaunt? Darüber?
Was soll die Wette gelten, Prinz, ich rufe
Geschichten in Ihr Herz zurück, Geschich-
ten,
die selbst in Ihren Träumen ausgestorben?
Versuchen Sie es; fragen Sie mich aus.
Wenn selbst der Laune Gaukelei'n, ein Laut
verstümmelt in die Luft gehaucht, ein Lächeln
von schnellem Ernste wieder ausgelöscht,
ein Spiel mit diesen Federn, eine Blume
gedankenlos zerrissen, eine Fliege
mit sanfter Hand barbarisch hingewürgt --
wenn selber schon Erscheinungen, Geberden,
wo Ihre Seele ferne war, mir nicht
entgangen sind, urtheilen Sie, ob ich
verstand, wo Sie verstanden werden woll-
ten?
Karlos.
Nun das ist warlich viel gewagt -- Die
Wette
soll gelten, Fürstinn. Sie versprechen mir
Entdeckungen in meinem eignen Herzen,
um die ich selber nie gewußt.
K
Zweiter Akt.
Prinzeſſinn.
Darüber ſcheinen Sie erſtaunt? Darüber?
Was ſoll die Wette gelten, Prinz, ich rufe
Geſchichten in Ihr Herz zurück, Geſchich-
ten,
die ſelbſt in Ihren Träumen ausgeſtorben?
Verſuchen Sie es; fragen Sie mich aus.
Wenn ſelbſt der Laune Gaukelei’n, ein Laut
verſtümmelt in die Luft gehaucht, ein Lächeln
von ſchnellem Ernſte wieder ausgelöſcht,
ein Spiel mit dieſen Federn, eine Blume
gedankenlos zerriſſen, eine Fliege
mit ſanfter Hand barbariſch hingewürgt —
wenn ſelber ſchon Erſcheinungen, Geberden,
wo Ihre Seele ferne war, mir nicht
entgangen ſind, urtheilen Sie, ob ich
verſtand, wo Sie verſtanden werden woll-
ten?
Karlos.
Nun das iſt warlich viel gewagt — Die
Wette
ſoll gelten, Fürſtinn. Sie verſprechen mir
Entdeckungen in meinem eignen Herzen,
um die ich ſelber nie gewußt.
K
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0155" n="145"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweiter Akt</hi>.</fw><lb/>
            <sp who="#EBO">
              <speaker><hi rendition="#g">Prinze&#x017F;&#x017F;inn</hi>.</speaker><lb/>
              <p>Darüber &#x017F;cheinen Sie er&#x017F;taunt? Darüber?<lb/>
Was &#x017F;oll die Wette gelten, Prinz, ich rufe<lb/>
Ge&#x017F;chichten in Ihr Herz zurück, Ge&#x017F;chich-<lb/>
ten,<lb/>
die &#x017F;elb&#x017F;t in Ihren Träumen ausge&#x017F;torben?<lb/>
Ver&#x017F;uchen Sie es; fragen Sie mich aus.<lb/>
Wenn &#x017F;elb&#x017F;t der Laune Gaukelei&#x2019;n, ein Laut<lb/>
ver&#x017F;tümmelt in die Luft gehaucht, ein Lächeln<lb/>
von &#x017F;chnellem Ern&#x017F;te wieder ausgelö&#x017F;cht,<lb/>
ein Spiel mit die&#x017F;en Federn, eine Blume<lb/>
gedankenlos zerri&#x017F;&#x017F;en, eine Fliege<lb/>
mit &#x017F;anfter Hand barbari&#x017F;ch hingewürgt &#x2014;<lb/>
wenn &#x017F;elber &#x017F;chon Er&#x017F;cheinungen, Geberden,<lb/>
wo Ihre Seele ferne war, mir nicht<lb/>
entgangen &#x017F;ind, urtheilen Sie, ob ich<lb/>
ver&#x017F;tand, wo Sie ver&#x017F;tanden werden woll-<lb/>
ten?</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#KAR">
              <speaker><hi rendition="#g">Karlos</hi>.</speaker><lb/>
              <p>Nun das i&#x017F;t warlich viel gewagt &#x2014; Die<lb/>
Wette<lb/>
&#x017F;oll gelten, Für&#x017F;tinn. Sie ver&#x017F;prechen mir<lb/>
Entdeckungen in meinem eignen Herzen,<lb/>
um die ich &#x017F;elber nie gewußt.</p>
            </sp><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">K</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[145/0155] Zweiter Akt. Prinzeſſinn. Darüber ſcheinen Sie erſtaunt? Darüber? Was ſoll die Wette gelten, Prinz, ich rufe Geſchichten in Ihr Herz zurück, Geſchich- ten, die ſelbſt in Ihren Träumen ausgeſtorben? Verſuchen Sie es; fragen Sie mich aus. Wenn ſelbſt der Laune Gaukelei’n, ein Laut verſtümmelt in die Luft gehaucht, ein Lächeln von ſchnellem Ernſte wieder ausgelöſcht, ein Spiel mit dieſen Federn, eine Blume gedankenlos zerriſſen, eine Fliege mit ſanfter Hand barbariſch hingewürgt — wenn ſelber ſchon Erſcheinungen, Geberden, wo Ihre Seele ferne war, mir nicht entgangen ſind, urtheilen Sie, ob ich verſtand, wo Sie verſtanden werden woll- ten? Karlos. Nun das iſt warlich viel gewagt — Die Wette ſoll gelten, Fürſtinn. Sie verſprechen mir Entdeckungen in meinem eignen Herzen, um die ich ſelber nie gewußt. K

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/155
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/155>, abgerufen am 23.11.2024.