scheint dieses Schicksal Sie vor allen andern, und vollends heute -- heute zu verfolgen. Ihn bei der Hand fassend, mit einschmeichelndem Interesse. Sie sind nicht fröhlich, guter Prinz -- Sie leiden -- bei Gott, Sie leiden ja wohl gar. Ist's möglich? Und warum leiden, Prinz? bei diesem lauten Berufe zum Genuß der Welt? bei allen Geschenken der verschwend'rischen Natur, und allem Anspruch auf des Lebens Freuden? Sie -- eines großen Königs Sohn, und mehr, weit mehr als das, schon in der Fürstenwiege mit Gaben ausgestattet, die sogar auch Ihres Ranges Sonnenglanz verdunkeln? Sie -- der im ganzen strengen Rath der Weiber bestochne Richter sitzen hat, der Weiber, die über Männerwerth und Männerruhm ausschließend ohne Widerspruch entscheiden? Der, wo er nur bemerkte, schon erobert, entzündet, wo er kalt geblieben, wo er glühen will, mit Paradiesen spielen und Götterglück verschenken muß -- Der Mann,
Dom Karlos.
ſcheint dieſes Schickſal Sie vor allen andern, und vollends heute — heute zu verfolgen. Ihn bei der Hand faſſend, mit einſchmeichelndem Intereſſe. Sie ſind nicht fröhlich, guter Prinz — Sie leiden — bei Gott, Sie leiden ja wohl gar. Iſt’s möglich? Und warum leiden, Prinz? bei dieſem lauten Berufe zum Genuß der Welt? bei allen Geſchenken der verſchwend’riſchen Natur, und allem Anſpruch auf des Lebens Freuden? Sie — eines großen Königs Sohn, und mehr, weit mehr als das, ſchon in der Fürſtenwiege mit Gaben ausgeſtattet, die ſogar auch Ihres Ranges Sonnenglanz verdunkeln? Sie — der im ganzen ſtrengen Rath der Weiber beſtochne Richter ſitzen hat, der Weiber, die über Männerwerth und Männerruhm ausſchließend ohne Widerſpruch entſcheiden? Der, wo er nur bemerkte, ſchon erobert, entzündet, wo er kalt geblieben, wo er glühen will, mit Paradieſen ſpielen und Götterglück verſchenken muß — Der Mann,
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Dom Karlos.
ſcheint dieſes Schickſal Sie vor allen andern,
und vollends heute — heute zu verfolgen.
Ihn bei der Hand faſſend, mit einſchmeichelndem
Intereſſe.
Sie ſind nicht fröhlich, guter Prinz — Sie
leiden —
bei Gott, Sie leiden ja wohl gar. Iſt’s
möglich?
Und warum leiden, Prinz? bei dieſem lauten
Berufe zum Genuß der Welt? bei allen
Geſchenken der verſchwend’riſchen Natur,
und allem Anſpruch auf des Lebens Freuden?
Sie — eines großen Königs Sohn, und
mehr,
weit mehr als das, ſchon in der Fürſtenwiege
mit Gaben ausgeſtattet, die ſogar
auch Ihres Ranges Sonnenglanz verdunkeln?
Sie — der im ganzen ſtrengen Rath der
Weiber
beſtochne Richter ſitzen hat, der Weiber,
die über Männerwerth und Männerruhm
ausſchließend ohne Widerſpruch entſcheiden?
Der, wo er nur bemerkte, ſchon erobert,
entzündet, wo er kalt geblieben, wo
er glühen will, mit Paradieſen ſpielen
und Götterglück verſchenken muß — Der Mann,
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Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/150>, abgerufen am 16.02.2025.
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