Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Zweiter Akt.
um ein Geheimniß reicher mich zu wissen,
als selbst der König --
Karlos.
Eitler junger Thor,
das ist's wovor Du zittern mußt -- Ge-
schieht's,
daß wir uns öffentlich begegnen, schüchtern,
mit Unterwerfung nah'st Du mir. Laß nie
die Eitelkeit zu Winken Dich verführen,
wie gnädig der Infant Dir sei. Du kannst
nicht schwerer sündigen, mein Sohn, als
wenn
Du mir gefällst -- Was Du mir künftig
magst
zu hinterbringen haben, sprich es nie
mit Silben aus, vertrau' es nie den Lippen;
den allgemeinen Fahrweg der Gedanken
betrete Deine Zeitung nicht; viel lieber
laß sie, dem aufgejagten Mörder gleich,
durch bahnenlose Wüsten zu mir kriechen,
wo niemand ihre Spuren sucht. Du sprichst
mit Deinen Wimpern, Deinem Zeigefinger,
ich höre Dir mit Blicken zu. Die Luft,
das Licht um uns ist Philipps Kreatur;
die tauben Wände stehn in seinem Solde -- --
Zweiter Akt.
um ein Geheimniß reicher mich zu wiſſen,
als ſelbſt der König —
Karlos.
Eitler junger Thor,
das iſt’s wovor Du zittern mußt — Ge-
ſchieht’s,
daß wir uns öffentlich begegnen, ſchüchtern,
mit Unterwerfung nah’ſt Du mir. Laß nie
die Eitelkeit zu Winken Dich verführen,
wie gnädig der Infant Dir ſei. Du kannſt
nicht ſchwerer ſündigen, mein Sohn, als
wenn
Du mir gefällſt — Was Du mir künftig
magſt
zu hinterbringen haben, ſprich es nie
mit Silben aus, vertrau’ es nie den Lippen;
den allgemeinen Fahrweg der Gedanken
betrete Deine Zeitung nicht; viel lieber
laß ſie, dem aufgejagten Mörder gleich,
durch bahnenloſe Wüſten zu mir kriechen,
wo niemand ihre Spuren ſucht. Du ſprichſt
mit Deinen Wimpern, Deinem Zeigefinger,
ich höre Dir mit Blicken zu. Die Luft,
das Licht um uns iſt Philipps Kreatur;
die tauben Wände ſtehn in ſeinem Solde — —
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <sp who="#PAGE">
              <p><pb facs="#f0121" n="111"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweiter Akt</hi>.</fw><lb/>
um ein Geheimniß reicher mich zu wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
als &#x017F;elb&#x017F;t der König &#x2014;</p>
            </sp><lb/>
            <sp who="#KAR">
              <speaker><hi rendition="#g">Karlos</hi>.</speaker><lb/>
              <p><hi rendition="#et">Eitler junger Thor,</hi><lb/><hi rendition="#g">das</hi> i&#x017F;t&#x2019;s wovor Du zittern mußt &#x2014; Ge-<lb/>
&#x017F;chieht&#x2019;s,<lb/>
daß wir uns öffentlich begegnen, &#x017F;chüchtern,<lb/>
mit Unterwerfung nah&#x2019;&#x017F;t Du mir. Laß nie<lb/>
die Eitelkeit zu Winken Dich verführen,<lb/>
wie gnädig der Infant Dir &#x017F;ei. Du kann&#x017F;t<lb/>
nicht &#x017F;chwerer &#x017F;ündigen, mein Sohn, als<lb/>
wenn<lb/>
Du <hi rendition="#g">mir</hi> gefäll&#x017F;t &#x2014; Was Du mir künftig<lb/>
mag&#x017F;t<lb/>
zu hinterbringen haben, &#x017F;prich es nie<lb/>
mit Silben aus, vertrau&#x2019; es nie den Lippen;<lb/>
den allgemeinen Fahrweg der Gedanken<lb/>
betrete Deine Zeitung nicht; viel lieber<lb/>
laß &#x017F;ie, dem aufgejagten Mörder gleich,<lb/>
durch bahnenlo&#x017F;e Wü&#x017F;ten zu mir kriechen,<lb/>
wo niemand ihre Spuren &#x017F;ucht. Du &#x017F;prich&#x017F;t<lb/>
mit Deinen Wimpern, Deinem Zeigefinger,<lb/>
ich höre Dir mit Blicken zu. Die Luft,<lb/>
das Licht um uns i&#x017F;t Philipps Kreatur;<lb/>
die tauben Wände &#x017F;tehn in &#x017F;einem Solde &#x2014; &#x2014;<lb/></p>
            </sp>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0121] Zweiter Akt. um ein Geheimniß reicher mich zu wiſſen, als ſelbſt der König — Karlos. Eitler junger Thor, das iſt’s wovor Du zittern mußt — Ge- ſchieht’s, daß wir uns öffentlich begegnen, ſchüchtern, mit Unterwerfung nah’ſt Du mir. Laß nie die Eitelkeit zu Winken Dich verführen, wie gnädig der Infant Dir ſei. Du kannſt nicht ſchwerer ſündigen, mein Sohn, als wenn Du mir gefällſt — Was Du mir künftig magſt zu hinterbringen haben, ſprich es nie mit Silben aus, vertrau’ es nie den Lippen; den allgemeinen Fahrweg der Gedanken betrete Deine Zeitung nicht; viel lieber laß ſie, dem aufgejagten Mörder gleich, durch bahnenloſe Wüſten zu mir kriechen, wo niemand ihre Spuren ſucht. Du ſprichſt mit Deinen Wimpern, Deinem Zeigefinger, ich höre Dir mit Blicken zu. Die Luft, das Licht um uns iſt Philipps Kreatur; die tauben Wände ſtehn in ſeinem Solde — —

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/121
Zitationshilfe: Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schiller_domkarlos_1787/121>, abgerufen am 21.11.2024.