Schiller, Friedrich: Dom Karlos, Infant von Spanien. Leipzig, 1787.Dom Karlos. Mit schwerem Herzen scherzt' ich dann: "DerKönig thut darum nur mit seinem Reich so heimlich, den guten Sohn einst desto herrlicher am Krönungstag zu überraschen." Philipp einen ernsten Blick auf ihn richtend. Karlos, sehr viel sprichst Du von jenen Zeiten, wo Dein Vater nicht mehr sein wird. Karlos. Nein, bei Gott! von jenen nur, wo ich ein Mann sein darf; und wer ist schuld, wenn beide gleich viel heißen? Philipp. Es ist ein ehrenvolles Amt, mein Sohn, das Du bei mir bekleidest -- ein genauer Minutenweiser meiner Sterblichkeit -- mich, Deinen Vater, der Dir Leben gab, aus Dankbarkeit nur an den Tod zu mahnen. Karlos unterbricht ihn mit Feuer. Beschäftigung, mein Vater, und Ihr Zepter mag dauern bis zum Weltgericht. Dom Karlos. Mit ſchwerem Herzen ſcherzt’ ich dann: „DerKönig thut darum nur mit ſeinem Reich ſo heimlich, den guten Sohn einſt deſto herrlicher am Krönungstag zu überraſchen.“ Philipp einen ernſten Blick auf ihn richtend. Karlos, ſehr viel ſprichſt Du von jenen Zeiten, wo Dein Vater nicht mehr ſein wird. Karlos. Nein, bei Gott! von jenen nur, wo ich ein Mann ſein darf; und wer iſt ſchuld, wenn beide gleich viel heißen? Philipp. Es iſt ein ehrenvolles Amt, mein Sohn, das Du bei mir bekleideſt — ein genauer Minutenweiſer meiner Sterblichkeit — mich, Deinen Vater, der Dir Leben gab, aus Dankbarkeit nur an den Tod zu mahnen. Karlos unterbricht ihn mit Feuer. Beſchäftigung, mein Vater, und Ihr Zepter mag dauern bis zum Weltgericht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#KAR"> <p><pb facs="#f0102" n="92"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Dom Karlos</hi>.</fw><lb/> Mit ſchwerem Herzen ſcherzt’ ich dann: „Der<lb/> König<lb/> thut darum nur mit ſeinem Reich ſo heimlich,<lb/> den guten Sohn einſt deſto herrlicher<lb/> am Krönungstag zu überraſchen.“</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker> <hi rendition="#g">Philipp</hi> </speaker><lb/> <stage>einen ernſten Blick auf ihn richtend.</stage><lb/> <p><hi rendition="#et">Karlos,</hi><lb/> ſehr viel ſprichſt Du von jenen Zeiten, wo<lb/> Dein Vater nicht mehr ſein wird.</p> </sp><lb/> <sp who="#KAR"> <speaker><hi rendition="#g">Karlos</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Nein, bei Gott!</hi><lb/> von jenen nur, wo ich ein Mann ſein darf;<lb/> und wer iſt ſchuld, wenn beide gleich viel heißen?</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIG"> <speaker><hi rendition="#g">Philipp</hi>.</speaker><lb/> <p>Es iſt ein ehrenvolles Amt, mein Sohn,<lb/> das Du bei mir bekleideſt — ein genauer<lb/> Minutenweiſer meiner Sterblichkeit —<lb/> mich, Deinen Vater, der Dir Leben gab,<lb/> aus Dankbarkeit nur an den Tod zu mahnen.</p> </sp><lb/> <sp who="#KAR"> <speaker> <hi rendition="#g">Karlos</hi> </speaker><lb/> <stage>unterbricht ihn mit Feuer.</stage><lb/> <p>Beſchäftigung, mein Vater, und Ihr Zepter<lb/> mag dauern bis zum Weltgericht.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [92/0102]
Dom Karlos.
Mit ſchwerem Herzen ſcherzt’ ich dann: „Der
König
thut darum nur mit ſeinem Reich ſo heimlich,
den guten Sohn einſt deſto herrlicher
am Krönungstag zu überraſchen.“
Philipp
einen ernſten Blick auf ihn richtend.
Karlos,
ſehr viel ſprichſt Du von jenen Zeiten, wo
Dein Vater nicht mehr ſein wird.
Karlos.
Nein, bei Gott!
von jenen nur, wo ich ein Mann ſein darf;
und wer iſt ſchuld, wenn beide gleich viel heißen?
Philipp.
Es iſt ein ehrenvolles Amt, mein Sohn,
das Du bei mir bekleideſt — ein genauer
Minutenweiſer meiner Sterblichkeit —
mich, Deinen Vater, der Dir Leben gab,
aus Dankbarkeit nur an den Tod zu mahnen.
Karlos
unterbricht ihn mit Feuer.
Beſchäftigung, mein Vater, und Ihr Zepter
mag dauern bis zum Weltgericht.
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