Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.Theresiade 585Die Fremde trat zurück. Jnzwischen war der Greiß Jm Sinn beschäftiget, als dächt' er, was das heiß; Doch wies er Freundlichkeit. Weil viele vieles redten, So ward ich dieß gewahr: "Wir könnten etwas wetten, "Daß unser guter Rath die Nachricht vor gewußt, 590"Die von Theresia man uns erinnern mußt. Sonst aber wer erzählt, was die Matronen dachten? Was vor Erwegungen sie bey dem Umstand machten? Jezt sahe man den Rath, und jezt einander an; Die redte; jene schwieg; da sich der Greiß besann; 595Als stünde sein Gemüth in zweifelnden Gedancken; Als fieng er wieder an in seinem Schluß zu wancken. "Doch fuhr er endlich fort: "ihr wißt von was ich sprach: "Was man uns anbefahl, taugt zu derselben Sach. "Was uns Theresia zu wissen machen liesse, 600"Jst eins mit dem, was ich noch in dem Sinn verschliesse. "Die den Befehl gebracht, ist die Bescheidenheit, "Sie lobt den Ehrgeiz nicht. Sie liebt die Sittsamkeit. "Sie wird die Königinn gewiß bewogen haben, "Sie soll den Marmel-Stein, und was darein zu graben, 605"Ja was des Nahmens Rost vertilgt, den Glanz erhält "Daß er der spätsten Zeit in das Gesichte fällt; "Was unser Vorschlag war; den Tugenden verbieten, "Man müsse sich davor als Eitelkeiten hütten. "Das,
Thereſiade 585Die Fremde trat zuruͤck. Jnzwiſchen war der Greiß Jm Sinn beſchaͤftiget, als daͤcht’ er, was das heiß; Doch wies er Freundlichkeit. Weil viele vieles redten, So ward ich dieß gewahr: „Wir koͤnnten etwas wetten, „Daß unſer guter Rath die Nachricht vor gewußt, 590„Die von Thereſia man uns erinnern mußt. Sonſt aber wer erzaͤhlt, was die Matronen dachten? Was vor Erwegungen ſie bey dem Umſtand machten? Jezt ſahe man den Rath, und jezt einander an; Die redte; jene ſchwieg; da ſich der Greiß beſann; 595Als ſtuͤnde ſein Gemuͤth in zweifelnden Gedancken; Als fieng er wieder an in ſeinem Schluß zu wancken. „Doch fuhr er endlich fort: „ihr wißt von was ich ſprach: „Was man uns anbefahl, taugt zu derſelben Sach. „Was uns Thereſia zu wiſſen machen lieſſe, 600„Jſt eins mit dem, was ich noch in dem Sinn verſchlieſſe. „Die den Befehl gebracht, iſt die Beſcheidenheit, „Sie lobt den Ehrgeiz nicht. Sie liebt die Sittſamkeit. „Sie wird die Koͤniginn gewiß bewogen haben, „Sie ſoll den Marmel-Stein, und was darein zu graben, 605„Ja was des Nahmens Roſt vertilgt, den Glanz erhaͤlt „Daß er der ſpaͤtſten Zeit in das Geſichte faͤllt; „Was unſer Vorſchlag war; den Tugenden verbieten, „Man muͤſſe ſich davor als Eitelkeiten huͤtten. „Das,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0028"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Thereſiade</hi> </fw><lb/> <note place="left">585</note> <lg type="poem"> <l>Die Fremde trat zuruͤck. Jnzwiſchen war der Greiß</l><lb/> <l>Jm Sinn beſchaͤftiget, als daͤcht’ er, was das heiß;</l><lb/> <l>Doch wies er Freundlichkeit. Weil viele vieles redten,</l><lb/> <l>So ward ich dieß gewahr: „Wir koͤnnten etwas wetten,</l><lb/> <l>„Daß unſer guter Rath die Nachricht vor gewußt,</l><lb/> <l><note place="left">590</note>„Die von <hi rendition="#fr">Thereſia</hi> man uns erinnern mußt.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <l>Sonſt aber wer erzaͤhlt, was die Matronen dachten?</l><lb/> <l>Was vor Erwegungen ſie bey dem Umſtand machten?</l><lb/> <l>Jezt ſahe man den Rath, und jezt einander an;</l><lb/> <l>Die redte; jene ſchwieg; da ſich der Greiß beſann;</l><lb/> <l><note place="left">595</note>Als ſtuͤnde ſein Gemuͤth in zweifelnden Gedancken;</l><lb/> <l>Als fieng er wieder an in ſeinem Schluß zu wancken.</l> </lg><lb/> <lg type="poem"> <l>„Doch fuhr er endlich fort: „ihr wißt von was ich ſprach:</l><lb/> <l>„Was man uns anbefahl, taugt zu derſelben Sach.</l><lb/> <l>„Was uns <hi rendition="#fr">Thereſia</hi> zu wiſſen machen lieſſe,</l><lb/> <l><note place="left">600</note>„Jſt eins mit dem, was ich noch in dem Sinn verſchlieſſe.</l><lb/> <l>„Die den Befehl gebracht, iſt die <hi rendition="#fr">Beſcheidenheit,</hi></l><lb/> <l>„Sie lobt den Ehrgeiz nicht. Sie liebt die Sittſamkeit.</l><lb/> <l>„Sie wird die Koͤniginn gewiß bewogen haben,</l><lb/> <l>„Sie ſoll den Marmel-Stein, und was darein zu graben,</l><lb/> <l><note place="left">605</note>„Ja was des Nahmens Roſt vertilgt, den Glanz erhaͤlt</l><lb/> <l>„Daß er der ſpaͤtſten Zeit in das Geſichte faͤllt;</l><lb/> <l>„Was unſer Vorſchlag war; den Tugenden verbieten,</l><lb/> <l>„Man muͤſſe ſich davor als Eitelkeiten huͤtten.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">„Das,</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0028]
Thereſiade
Die Fremde trat zuruͤck. Jnzwiſchen war der Greiß
Jm Sinn beſchaͤftiget, als daͤcht’ er, was das heiß;
Doch wies er Freundlichkeit. Weil viele vieles redten,
So ward ich dieß gewahr: „Wir koͤnnten etwas wetten,
„Daß unſer guter Rath die Nachricht vor gewußt,
„Die von Thereſia man uns erinnern mußt.
Sonſt aber wer erzaͤhlt, was die Matronen dachten?
Was vor Erwegungen ſie bey dem Umſtand machten?
Jezt ſahe man den Rath, und jezt einander an;
Die redte; jene ſchwieg; da ſich der Greiß beſann;
Als ſtuͤnde ſein Gemuͤth in zweifelnden Gedancken;
Als fieng er wieder an in ſeinem Schluß zu wancken.
„Doch fuhr er endlich fort: „ihr wißt von was ich ſprach:
„Was man uns anbefahl, taugt zu derſelben Sach.
„Was uns Thereſia zu wiſſen machen lieſſe,
„Jſt eins mit dem, was ich noch in dem Sinn verſchlieſſe.
„Die den Befehl gebracht, iſt die Beſcheidenheit,
„Sie lobt den Ehrgeiz nicht. Sie liebt die Sittſamkeit.
„Sie wird die Koͤniginn gewiß bewogen haben,
„Sie ſoll den Marmel-Stein, und was darein zu graben,
„Ja was des Nahmens Roſt vertilgt, den Glanz erhaͤlt
„Daß er der ſpaͤtſten Zeit in das Geſichte faͤllt;
„Was unſer Vorſchlag war; den Tugenden verbieten,
„Man muͤſſe ſich davor als Eitelkeiten huͤtten.
„Das,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |