Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746.

Bild:
<< vorherige Seite
Zwölfftes Buch.
"So zeigen sich der Frag Entscheidungen genug.
"Man hieß mich meines Schilds unwürdig und nicht klug,
315"Wann ich mich dem Gespräch entgegen sezen sollte,
"Und die Einhälligkeit nicht auch empfehlen wollte.
"Es leget der Erfolg oft gründlich an den Tag,
"Was der Verrichtungen Zusammenhang vermag,
"Durch diesen steht ein Thron; einmüthiges Vernehmen
320"Kann, was mit Sturz und Fall demselben droht, beschämen.
"Wo die Mißhälligkeit sich in das Mittel drängt,
"Dort ists, wo weder Macht noch Tugend was verfängt;
"Was man durch Eintracht stärckt, das wird durch Zwist entzweyet,
"Durch jene wächst ein Staat, den dieser oft zerstreuet.
325
"Jhr selber werdet es, Freundinnen! mir gestehn,
"Wie schwer das Herrschungs-Amt von Statten würde gehn,
"Wann man zu diesem Ziel nur eine Tugend wählte,
"Und keine von dem Chor zur Hilff ihr beygesellte.
"Was wircken Hoheit, Schmuck, und Pracht der Majestät,
330"Wann ihr die Weisheit nicht stets an der Seite geht?
"Was kann die Tapferkeit vor Thaten unternehmen,
"Wann die Gerechtigkeit sich muß derselben schämen?
"Was ist das, was das Herz der Großmuth nicht vermag?
"Doch legt die Mildigkeit ihr Wircken an den Tag.
335"Die Freundlichkeit ist schön: wie Kraft-loß ohne Treue?
"Und die Barmherzigkeit, die sich der Gnade scheue,
"Was
W w 3
Zwoͤlfftes Buch.
„So zeigen ſich der Frag Entſcheidungen genug.
„Man hieß mich meines Schilds unwuͤrdig und nicht klug,
315„Wann ich mich dem Geſpraͤch entgegen ſezen ſollte,
„Und die Einhaͤlligkeit nicht auch empfehlen wollte.
„Es leget der Erfolg oft gruͤndlich an den Tag,
„Was der Verrichtungen Zuſammenhang vermag,
„Durch dieſen ſteht ein Thron; einmuͤthiges Vernehmen
320„Kann, was mit Sturz und Fall demſelben droht, beſchaͤmen.
„Wo die Mißhaͤlligkeit ſich in das Mittel draͤngt,
„Dort iſts, wo weder Macht noch Tugend was verfaͤngt;
„Was man durch Eintracht ſtaͤrckt, das wird durch Zwiſt entzweyet,
„Durch jene waͤchſt ein Staat, den dieſer oft zerſtreuet.
325
„Jhr ſelber werdet es, Freundinnen! mir geſtehn,
„Wie ſchwer das Herꝛſchungs-Amt von Statten wuͤrde gehn,
„Wann man zu dieſem Ziel nur eine Tugend waͤhlte,
„Und keine von dem Chor zur Hilff ihr beygeſellte.
„Was wircken Hoheit, Schmuck, und Pracht der Majeſtaͤt,
330„Wann ihr die Weisheit nicht ſtets an der Seite geht?
„Was kann die Tapferkeit vor Thaten unternehmen,
„Wann die Gerechtigkeit ſich muß derſelben ſchaͤmen?
„Was iſt das, was das Herz der Großmuth nicht vermag?
„Doch legt die Mildigkeit ihr Wircken an den Tag.
335„Die Freundlichkeit iſt ſchoͤn: wie Kraft-loß ohne Treue?
„Und die Barmherzigkeit, die ſich der Gnade ſcheue,
„Was
W w 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0159"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Zwo&#x0364;lfftes Buch.</hi> </fw><lb/>
            <l>&#x201E;So zeigen &#x017F;ich der Frag Ent&#x017F;cheidungen genug.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Man hieß mich meines Schilds unwu&#x0364;rdig und nicht klug,</l><lb/>
            <l><note place="left">315</note>&#x201E;Wann ich mich dem Ge&#x017F;pra&#x0364;ch entgegen &#x017F;ezen &#x017F;ollte,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Und die Einha&#x0364;lligkeit nicht auch empfehlen wollte.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Es leget der Erfolg oft gru&#x0364;ndlich an den Tag,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Was der Verrichtungen Zu&#x017F;ammenhang vermag,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Durch die&#x017F;en &#x017F;teht ein Thron; einmu&#x0364;thiges Vernehmen</l><lb/>
            <l><note place="left">320</note>&#x201E;Kann, was mit Sturz und Fall dem&#x017F;elben droht, be&#x017F;cha&#x0364;men.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Wo die Mißha&#x0364;lligkeit &#x017F;ich in das Mittel dra&#x0364;ngt,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Dort i&#x017F;ts, wo weder Macht noch Tugend was verfa&#x0364;ngt;</l><lb/>
            <l>&#x201E;Was man durch Eintracht &#x017F;ta&#x0364;rckt, das wird durch Zwi&#x017F;t entzweyet,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Durch jene wa&#x0364;ch&#x017F;t ein Staat, den die&#x017F;er oft zer&#x017F;treuet.</l>
          </lg><lb/>
          <note place="left">325</note>
          <lg type="poem">
            <l>&#x201E;Jhr &#x017F;elber werdet es, Freundinnen! mir ge&#x017F;tehn,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Wie &#x017F;chwer das Her&#xA75B;&#x017F;chungs-Amt von Statten wu&#x0364;rde gehn,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Wann man zu die&#x017F;em Ziel nur eine Tugend wa&#x0364;hlte,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Und keine von dem Chor zur Hilff ihr beyge&#x017F;ellte.</l><lb/>
            <l>&#x201E;Was wircken Hoheit, Schmuck, und Pracht der Maje&#x017F;ta&#x0364;t,</l><lb/>
            <l><note place="left">330</note>&#x201E;Wann ihr die Weisheit nicht &#x017F;tets an der Seite geht?</l><lb/>
            <l>&#x201E;Was kann die Tapferkeit vor Thaten unternehmen,</l><lb/>
            <l>&#x201E;Wann die Gerechtigkeit &#x017F;ich muß der&#x017F;elben &#x017F;cha&#x0364;men?</l><lb/>
            <l>&#x201E;Was i&#x017F;t das, was das Herz der Großmuth nicht vermag?</l><lb/>
            <l>&#x201E;Doch legt die Mildigkeit ihr Wircken an den Tag.</l><lb/>
            <l><note place="left">335</note>&#x201E;Die Freundlichkeit i&#x017F;t &#x017F;cho&#x0364;n: wie Kraft-loß ohne Treue?</l><lb/>
            <l>&#x201E;Und die Barmherzigkeit, die &#x017F;ich der Gnade &#x017F;cheue,</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">W w 3</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Was</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0159] Zwoͤlfftes Buch. „So zeigen ſich der Frag Entſcheidungen genug. „Man hieß mich meines Schilds unwuͤrdig und nicht klug, „Wann ich mich dem Geſpraͤch entgegen ſezen ſollte, „Und die Einhaͤlligkeit nicht auch empfehlen wollte. „Es leget der Erfolg oft gruͤndlich an den Tag, „Was der Verrichtungen Zuſammenhang vermag, „Durch dieſen ſteht ein Thron; einmuͤthiges Vernehmen „Kann, was mit Sturz und Fall demſelben droht, beſchaͤmen. „Wo die Mißhaͤlligkeit ſich in das Mittel draͤngt, „Dort iſts, wo weder Macht noch Tugend was verfaͤngt; „Was man durch Eintracht ſtaͤrckt, das wird durch Zwiſt entzweyet, „Durch jene waͤchſt ein Staat, den dieſer oft zerſtreuet. „Jhr ſelber werdet es, Freundinnen! mir geſtehn, „Wie ſchwer das Herꝛſchungs-Amt von Statten wuͤrde gehn, „Wann man zu dieſem Ziel nur eine Tugend waͤhlte, „Und keine von dem Chor zur Hilff ihr beygeſellte. „Was wircken Hoheit, Schmuck, und Pracht der Majeſtaͤt, „Wann ihr die Weisheit nicht ſtets an der Seite geht? „Was kann die Tapferkeit vor Thaten unternehmen, „Wann die Gerechtigkeit ſich muß derſelben ſchaͤmen? „Was iſt das, was das Herz der Großmuth nicht vermag? „Doch legt die Mildigkeit ihr Wircken an den Tag. „Die Freundlichkeit iſt ſchoͤn: wie Kraft-loß ohne Treue? „Und die Barmherzigkeit, die ſich der Gnade ſcheue, „Was W w 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/159
Zitationshilfe: Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 2. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade02_1746/159>, abgerufen am 24.11.2024.