Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.
"Wie gern vernimmt man nicht des Feindes Untergang, "Dergleichen Zeitung ist der tröstlichste Gesang: "Man springt, frolockt und rufft: die Feinde seynd geschlagen! "Das Herz entbrennt für Lust bey solchen Niederlagen. "Man wird fast neu belebt, vergnügt, und auferweckt, 50"Genug: die Feinde seynd, sagt man, ins Graß gestreckt. "Allein was nuzt die Freud und solche Lieder singen, "Die nichts als Lands-Verderb und Blut-vergiessen bringen? "Was heisset? brenn und seng! was heißt? schieß, hau und stich! "Und Sachen, welche so betrübt als fürchterlich? 55"Dieß alles ist von mir und meinem Geist entfernet; "So will ich daß ihr nun die Mildigkeit erlernet, "Wo- X 2
„Wie gern vernimmt man nicht des Feindes Untergang, „Dergleichen Zeitung iſt der troͤſtlichſte Geſang: „Man ſpringt, frolockt und rufft: die Feinde ſeynd geſchlagen! „Das Herz entbrennt fuͤr Luſt bey ſolchen Niederlagen. „Man wird faſt neu belebt, vergnuͤgt, und auferweckt, 50„Genug: die Feinde ſeynd, ſagt man, ins Graß geſtreckt. „Allein was nuzt die Freud und ſolche Lieder ſingen, „Die nichts als Lands-Verderb und Blut-vergieſſen bringen? „Was heiſſet? brenn und ſeng! was heißt? ſchieß, hau und ſtich! „Und Sachen, welche ſo betruͤbt als fuͤrchterlich? 55„Dieß alles iſt von mir und meinem Geiſt entfernet; „So will ich daß ihr nun die Mildigkeit erlernet, „Wo- X 2
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Sechſtes Buch.
„Um nichts iſt man ſo viel als um den Krieg beſorgt,
„Rath, Wohlfart, Gluͤck und Heil wird von dem Stahl geborgt.
„Kein Thon iſt lieblicher, als den die Waffen geben,
„Kein Amt vortrefflicher, als nach dem Kampf zu ſtreben.
„Daß man das Heil des Lands und ſeines Volcks erlang,
„Eilt man oft mit dem Heil des Lands zum Untergang.
„Betruͤbter Helden-Ruhm! iſt dann nicht auszuſinnen,
„Wie kluge Mildigkeit auch koͤnne Statt gewinnen?
„Daran verzag ich nicht; dann alles findet Zeit,
„Zum Beyſpiel nehm’ ich nur die Gnad und Froͤmmigkeit:
„Derſelben Kriegs-Geraͤth war weder Stahl noch Eiſen;
„Vernehmt, ſo will ich auch, was ich vermag, erweiſen.
„Wie gern vernimmt man nicht des Feindes Untergang,
„Dergleichen Zeitung iſt der troͤſtlichſte Geſang:
„Man ſpringt, frolockt und rufft: die Feinde ſeynd geſchlagen!
„Das Herz entbrennt fuͤr Luſt bey ſolchen Niederlagen.
„Man wird faſt neu belebt, vergnuͤgt, und auferweckt,
„Genug: die Feinde ſeynd, ſagt man, ins Graß geſtreckt.
„Allein was nuzt die Freud und ſolche Lieder ſingen,
„Die nichts als Lands-Verderb und Blut-vergieſſen bringen?
„Was heiſſet? brenn und ſeng! was heißt? ſchieß, hau und ſtich!
„Und Sachen, welche ſo betruͤbt als fuͤrchterlich?
„Dieß alles iſt von mir und meinem Geiſt entfernet;
„So will ich daß ihr nun die Mildigkeit erlernet,
„Wo-
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Zitationshilfe: | Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/178>, abgerufen am 16.02.2025. |