Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.KEin Wunder; frage man, die gegenwärtig waren: Was sie, da dieser Sturm die Welt ergriff, gedacht? Hat nicht das Aug erstarrt, das Ohr entsetzt erfahren, Wie dieses Kronen-Hauß erschüttert und gekracht? Man hörte, wie von West und Nord der Donner rollte; Wer hoffte, daß der Thron dem Sturtz entkommen sollte? DOch ist Theresia, der man uns fast beraubte; Die man von ihrem Recht, von ihrem Eigenthum, Des Vaters Kron entblößt, vom Thron gestürtzet glaubte; Die dreyfach-blühende gekrönte Purpur Bluhm Die Bluhme, welche man schon vor entlaubt geachtet, Wird nun im schönsten Flor des höchsten Schmucks betrachtet. WAnn alter Helden Sinn nicht glaubet, was geschehen; Jn der Erzehlung nichts, als eitlen Schimmer sieht: Ja, wann wir selbst erstaunt, verwirrt, entzücket stehen; Da, der sie stürtzen wollt, erschrocken stutzt und flieht: Was wird die späte Welt zu dieser Nachricht sagen? Wird sie so viel darnach, als dort die Vorwelt fragen? Nein
KEin Wunder; frage man, die gegenwaͤrtig waren: Was ſie, da dieſer Sturm die Welt ergriff, gedacht? Hat nicht das Aug erſtarrt, das Ohr entſetzt erfahren, Wie dieſes Kronen-Hauß erſchuͤttert und gekracht? Man hoͤrte, wie von Weſt und Nord der Donner rollte; Wer hoffte, daß der Thron dem Sturtz entkommen ſollte? DOch iſt Thereſia, der man uns faſt beraubte; Die man von ihrem Recht, von ihrem Eigenthum, Des Vaters Kron entbloͤßt, vom Thron geſtuͤrtzet glaubte; Die dreyfach-bluͤhende gekroͤnte Purpur Bluhm Die Bluhme, welche man ſchon vor entlaubt geachtet, Wird nun im ſchoͤnſten Flor des hoͤchſten Schmucks betrachtet. WAnn alter Helden Sinn nicht glaubet, was geſchehen; Jn der Erzehlung nichts, als eitlen Schimmer ſieht: Ja, wann wir ſelbſt erſtaunt, verwirrt, entzuͤcket ſtehen; Da, der ſie ſtuͤrtzen wollt, erſchrocken ſtutzt und flieht: Was wird die ſpaͤte Welt zu dieſer Nachricht ſagen? Wird ſie ſo viel darnach, als dort die Vorwelt fragen? Nein
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KEin Wunder; frage man, die gegenwaͤrtig waren:
Was ſie, da dieſer Sturm die Welt ergriff, gedacht?
Hat nicht das Aug erſtarrt, das Ohr entſetzt erfahren,
Wie dieſes Kronen-Hauß erſchuͤttert und gekracht?
Man hoͤrte, wie von Weſt und Nord der Donner rollte;
Wer hoffte, daß der Thron dem Sturtz entkommen ſollte?
DOch iſt Thereſia, der man uns faſt beraubte;
Die man von ihrem Recht, von ihrem Eigenthum,
Des Vaters Kron entbloͤßt, vom Thron geſtuͤrtzet glaubte;
Die dreyfach-bluͤhende gekroͤnte Purpur Bluhm
Die Bluhme, welche man ſchon vor entlaubt geachtet,
Wird nun im ſchoͤnſten Flor des hoͤchſten Schmucks betrachtet.
WAnn alter Helden Sinn nicht glaubet, was geſchehen;
Jn der Erzehlung nichts, als eitlen Schimmer ſieht:
Ja, wann wir ſelbſt erſtaunt, verwirrt, entzuͤcket ſtehen;
Da, der ſie ſtuͤrtzen wollt, erſchrocken ſtutzt und flieht:
Was wird die ſpaͤte Welt zu dieſer Nachricht ſagen?
Wird ſie ſo viel darnach, als dort die Vorwelt fragen?
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Zitationshilfe: | Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheyb_theresiade01_1746/15>, abgerufen am 16.02.2025. |