Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.

Bild:
<< vorherige Seite
N. 13.)



Schweizerische
Berg-Reisen.


DEr H. Bischoff Gothard/ von dem Tschudius schreibt/ ist vermuht-
lich jener Graf von Scheyeren/ naher Blutsfreund Keyser Hen-
rich des II. hernach Bischoff zu Hildesheim/ welcher vorher Prae-
lat
gewesen im Kloster Altaych in Bäyeren/ so auch zu Hersfelden/ Crems-
Münster/ und Tagernsee/ endlich An. 1131. von Papst Innocentio II. in die
Zahl der Heiligen aufgenommen worden/ wie hiervon weiter nach zulesen in
Surii de Vitis Sanct. Tom. 7. Lang Grundriß der Catholisch. Welt Lib. I.
cap. 6. pag.
513. Es kan diser Heilige sich/ wann der Gothard Berg von ihme
seinen Nammen hat/ rühmen/ daß er der höchste Heilige/ (gleich von dem
H. Christophoro gesagt wird/ daß er der gröste) weilen er seinen Sitz hat
auf dem höchsten Gipfel Europae. Jch möchte aber wol wissen/ wie er von
Hildesheim in dise rauhe Schweizerische Alpgebirge kommen seye. Wann
je daran etwas were/ so solte Lang es in seiner Catholischen Helvetia nicht ver-
gessen haben. Jch überlasse eine genaue Untersuchung diser Materi denen/
so die verehrung der Heiligen ihrer Religions übungen einverleibet: und
schreite indessen fort zu einer anderen Wörterquell/ welche sich findet bey
Simler. Lib. cit. pag. 500. b. und dahin gehet/ daß der Gotthard seinen
Nammen her habe von den Gothen/ welche An. 555, mit ihrem König
Totila von dem edlen Ritter Narsete, welchen der Keiser Justinianus auß
Griechenland in Jtalien gesandt/ auß disen Landen vertrieben worden/ und
sich bey den Lepontieren/ und Taurisceren/ villeicht ins besonder im Urseren
Thal/ so zu nächst am Gotthard liget/ nidergelassen. Stumpf. schreibet in
seiner Helvet. Chron. Lib. VI. cap. 26. p.. m. 508. b. daß die alten Hel-
veti
schen Chronicken diser Ankunft der vertriebenen Gothieren in unsere an
dem Gothard ligende Lande gemeinlich meldung tühen/ und daß die Land-
leuhte/ nach uralter auf sie ererbter Sag/ sich rühmen/ daß sie guts theils von
Gothieren seyen abkommen/ und der meiste Adel selbiger Landen ein Gothischer
Adel seye. Jch gewahre bey disem Anlas/ daß wir Schweizer überbleibselen
seyn von den ansehenlichsten/ und dapfersten Nationen/ so jemahlen in der
Welt gewesen/ namlich der Gothen/ Römeren/ denen wir zugesellen uns
Schweizer selbs/ mit den Alemannieren. Was anbetrift die Senkelrechte

Höhe
N. 13.)



Schweizeriſche
Berg-Reiſen.


DEr H. Biſchoff Gothard/ von dem Tſchudius ſchreibt/ iſt vermuht-
lich jener Graf von Scheyeren/ naher Blutsfreund Keyſer Hen-
rich des II. hernach Biſchoff zu Hildesheim/ welcher vorher Præ-
lat
geweſen im Kloſter Altaych in Baͤyeren/ ſo auch zu Hersfelden/ Crems-
Muͤnſter/ und Tagernſee/ endlich An. 1131. von Papſt Innocentio II. in die
Zahl der Heiligen aufgenommen worden/ wie hiervon weiter nach zuleſen in
Surii de Vitis Sanct. Tom. 7. Lang Grundriß der Catholiſch. Welt Lib. I.
cap. 6. pag.
513. Es kan diſer Heilige ſich/ wann der Gothard Berg von ihme
ſeinen Nammen hat/ ruͤhmen/ daß er der hoͤchſte Heilige/ (gleich von dem
H. Chriſtophoro geſagt wird/ daß er der groͤſte) weilen er ſeinen Sitz hat
auf dem hoͤchſten Gipfel Europæ. Jch moͤchte aber wol wiſſen/ wie er von
Hildesheim in diſe rauhe Schweizeriſche Alpgebirge kommen ſeye. Wann
je daran etwas were/ ſo ſolte Lang es in ſeiner Catholiſchen Helvetia nicht ver-
geſſen haben. Jch uͤberlaſſe eine genaue Unterſuchung diſer Materi denen/
ſo die verehrung der Heiligen ihrer Religions uͤbungen einverleibet: und
ſchreite indeſſen fort zu einer anderen Woͤrterquell/ welche ſich findet bey
Simler. Lib. cit. pag. 500. b. und dahin gehet/ daß der Gotthard ſeinen
Nammen her habe von den Gothen/ welche An. 555, mit ihrem Koͤnig
Totila von dem edlen Ritter Narſete, welchen der Keiſer Juſtinianus auß
Griechenland in Jtalien geſandt/ auß diſen Landen vertrieben worden/ und
ſich bey den Lepontieren/ und Tauriſceren/ villeicht ins beſonder im Urſeren
Thal/ ſo zu naͤchſt am Gotthard liget/ nidergelaſſen. Stumpf. ſchreibet in
ſeiner Helvet. Chron. Lib. VI. cap. 26. p.. m. 508. b. daß die alten Hel-
veti
ſchen Chronicken diſer Ankunft der vertriebenen Gothieren in unſere an
dem Gothard ligende Lande gemeinlich meldung tuͤhen/ und daß die Land-
leuhte/ nach uralter auf ſie ererbter Sag/ ſich ruͤhmen/ daß ſie guts theils von
Gothieren ſeyen abkom̃en/ und der meiſte Adel ſelbiger Landen ein Gothiſcher
Adel ſeye. Jch gewahre bey diſem Anlas/ daß wir Schweizer uͤberbleibſelen
ſeyn von den anſehenlichſten/ und dapferſten Nationen/ ſo jemahlen in der
Welt geweſen/ namlich der Gothen/ Roͤmeren/ denen wir zugeſellen uns
Schweizer ſelbs/ mit den Alemannieren. Was anbetrift die Senkelrechte

Hoͤhe
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0062" n="(49)[49]"/>
      <fw place="top" type="header">N. 13.)</fw>
      <div n="1">
        <dateline> <hi rendition="#et">(Den 30. <hi rendition="#aq">Mart.</hi> 1707.</hi> </dateline><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <head> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Schweizeri&#x017F;che</hi><lb/>
Berg-Rei&#x017F;en.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>Er H. Bi&#x017F;choff Gothard/ von dem <hi rendition="#aq">T&#x017F;chudius</hi> &#x017F;chreibt/ i&#x017F;t vermuht-<lb/>
lich jener Graf von Scheyeren/ naher Blutsfreund Key&#x017F;er Hen-<lb/>
rich des <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">II.</hi></hi> hernach Bi&#x017F;choff zu Hildesheim/ welcher vorher <hi rendition="#aq">Præ-<lb/>
lat</hi> gewe&#x017F;en im Klo&#x017F;ter Altaych in Ba&#x0364;yeren/ &#x017F;o auch zu Hersfelden/ Crems-<lb/>
Mu&#x0364;n&#x017F;ter/ und Tagern&#x017F;ee/ endlich An. 1131. von Pap&#x017F;t <hi rendition="#aq">Innocentio <hi rendition="#g">II.</hi></hi> in die<lb/>
Zahl der Heiligen aufgenommen worden/ wie hiervon weiter nach zule&#x017F;en in<lb/><hi rendition="#aq">Surii de Vitis Sanct. Tom.</hi> 7. Lang Grundriß der Catholi&#x017F;ch. Welt <hi rendition="#aq">Lib. I.<lb/>
cap. 6. pag.</hi> 513. Es kan di&#x017F;er Heilige &#x017F;ich/ wann der Gothard Berg von ihme<lb/>
&#x017F;einen Nammen hat/ ru&#x0364;hmen/ daß er der ho&#x0364;ch&#x017F;te Heilige/ (gleich von dem<lb/>
H. <hi rendition="#aq">Chri&#x017F;tophoro</hi> ge&#x017F;agt wird/ daß er der gro&#x0364;&#x017F;te) weilen er &#x017F;einen Sitz hat<lb/>
auf dem ho&#x0364;ch&#x017F;ten Gipfel Europ<hi rendition="#aq">æ.</hi> Jch mo&#x0364;chte aber wol wi&#x017F;&#x017F;en/ wie er von<lb/>
Hildesheim in di&#x017F;e rauhe Schweizeri&#x017F;che Alpgebirge kommen &#x017F;eye. Wann<lb/>
je daran etwas were/ &#x017F;o &#x017F;olte Lang es in &#x017F;einer Catholi&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Helvetia</hi> nicht ver-<lb/>
ge&#x017F;&#x017F;en haben. Jch u&#x0364;berla&#x017F;&#x017F;e eine genaue Unter&#x017F;uchung di&#x017F;er Materi denen/<lb/>
&#x017F;o die verehrung der Heiligen ihrer Religions u&#x0364;bungen einverleibet: und<lb/>
&#x017F;chreite inde&#x017F;&#x017F;en fort zu einer anderen Wo&#x0364;rterquell/ welche &#x017F;ich findet bey<lb/><hi rendition="#aq">Simler. Lib. cit. pag. 500. b.</hi> und dahin gehet/ daß der Gotthard &#x017F;einen<lb/>
Nammen her habe von den Gothen/ welche An. 555, mit ihrem Ko&#x0364;nig<lb/><hi rendition="#aq">Totila</hi> von dem edlen Ritter <hi rendition="#aq">Nar&#x017F;ete,</hi> welchen der Kei&#x017F;er <hi rendition="#aq">Ju&#x017F;tinianus</hi> auß<lb/>
Griechenland in Jtalien ge&#x017F;andt/ auß di&#x017F;en Landen vertrieben worden/ und<lb/>
&#x017F;ich bey den Lepontieren/ und Tauri&#x017F;ceren/ villeicht ins be&#x017F;onder im Ur&#x017F;eren<lb/>
Thal/ &#x017F;o zu na&#x0364;ch&#x017F;t am Gotthard liget/ nidergela&#x017F;&#x017F;en. Stumpf. &#x017F;chreibet in<lb/>
&#x017F;einer <hi rendition="#aq">Helvet. Chron. Lib. VI. cap. 26. p.. m. 508. b.</hi> daß die alten <hi rendition="#aq">Hel-<lb/>
veti</hi>&#x017F;chen Chronicken di&#x017F;er Ankunft der vertriebenen Gothieren in un&#x017F;ere an<lb/>
dem Gothard ligende Lande gemeinlich meldung tu&#x0364;hen/ und daß die Land-<lb/>
leuhte/ nach uralter auf &#x017F;ie ererbter Sag/ &#x017F;ich ru&#x0364;hmen/ daß &#x017F;ie guts theils von<lb/>
Gothieren &#x017F;eyen abkom&#x0303;en/ und der mei&#x017F;te Adel &#x017F;elbiger Landen ein Gothi&#x017F;cher<lb/>
Adel &#x017F;eye. Jch gewahre bey di&#x017F;em Anlas/ daß wir Schweizer u&#x0364;berbleib&#x017F;elen<lb/>
&#x017F;eyn von den an&#x017F;ehenlich&#x017F;ten/ und dapfer&#x017F;ten Nationen/ &#x017F;o jemahlen in der<lb/>
Welt gewe&#x017F;en/ namlich der Gothen/ Ro&#x0364;meren/ denen wir zuge&#x017F;ellen uns<lb/>
Schweizer &#x017F;elbs/ mit den Alemannieren. Was anbetrift die Senkelrechte<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ho&#x0364;he</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[(49)[49]/0062] N. 13.) (Den 30. Mart. 1707. Schweizeriſche Berg-Reiſen. DEr H. Biſchoff Gothard/ von dem Tſchudius ſchreibt/ iſt vermuht- lich jener Graf von Scheyeren/ naher Blutsfreund Keyſer Hen- rich des II. hernach Biſchoff zu Hildesheim/ welcher vorher Præ- lat geweſen im Kloſter Altaych in Baͤyeren/ ſo auch zu Hersfelden/ Crems- Muͤnſter/ und Tagernſee/ endlich An. 1131. von Papſt Innocentio II. in die Zahl der Heiligen aufgenommen worden/ wie hiervon weiter nach zuleſen in Surii de Vitis Sanct. Tom. 7. Lang Grundriß der Catholiſch. Welt Lib. I. cap. 6. pag. 513. Es kan diſer Heilige ſich/ wann der Gothard Berg von ihme ſeinen Nammen hat/ ruͤhmen/ daß er der hoͤchſte Heilige/ (gleich von dem H. Chriſtophoro geſagt wird/ daß er der groͤſte) weilen er ſeinen Sitz hat auf dem hoͤchſten Gipfel Europæ. Jch moͤchte aber wol wiſſen/ wie er von Hildesheim in diſe rauhe Schweizeriſche Alpgebirge kommen ſeye. Wann je daran etwas were/ ſo ſolte Lang es in ſeiner Catholiſchen Helvetia nicht ver- geſſen haben. Jch uͤberlaſſe eine genaue Unterſuchung diſer Materi denen/ ſo die verehrung der Heiligen ihrer Religions uͤbungen einverleibet: und ſchreite indeſſen fort zu einer anderen Woͤrterquell/ welche ſich findet bey Simler. Lib. cit. pag. 500. b. und dahin gehet/ daß der Gotthard ſeinen Nammen her habe von den Gothen/ welche An. 555, mit ihrem Koͤnig Totila von dem edlen Ritter Narſete, welchen der Keiſer Juſtinianus auß Griechenland in Jtalien geſandt/ auß diſen Landen vertrieben worden/ und ſich bey den Lepontieren/ und Tauriſceren/ villeicht ins beſonder im Urſeren Thal/ ſo zu naͤchſt am Gotthard liget/ nidergelaſſen. Stumpf. ſchreibet in ſeiner Helvet. Chron. Lib. VI. cap. 26. p.. m. 508. b. daß die alten Hel- vetiſchen Chronicken diſer Ankunft der vertriebenen Gothieren in unſere an dem Gothard ligende Lande gemeinlich meldung tuͤhen/ und daß die Land- leuhte/ nach uralter auf ſie ererbter Sag/ ſich ruͤhmen/ daß ſie guts theils von Gothieren ſeyen abkom̃en/ und der meiſte Adel ſelbiger Landen ein Gothiſcher Adel ſeye. Jch gewahre bey diſem Anlas/ daß wir Schweizer uͤberbleibſelen ſeyn von den anſehenlichſten/ und dapferſten Nationen/ ſo jemahlen in der Welt geweſen/ namlich der Gothen/ Roͤmeren/ denen wir zugeſellen uns Schweizer ſelbs/ mit den Alemannieren. Was anbetrift die Senkelrechte Hoͤhe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/62
Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708, S. (49)[49]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/62>, abgerufen am 13.11.2024.