Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.gangen/ und die Erde eine ganz runde mit Wasser untermengte Kugel außge- den
gangen/ und die Erde eine ganz runde mit Waſſer untermengte Kugel außge- den
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0229" n="195"/> gangen/ und die Erde eine ganz runde mit Waſſer untermengte Kugel außge-<lb/> machet. Jn ſothanem Stand koͤnte die Erde- und Waſſerkugel nicht lang<lb/> bleiben. Jn diſem fluͤſſigen Gemeng waren allerhand Gattung Theil: die<lb/> ſchwereren muͤſten zu Boden ſinken/ und die leichteren oben auf zu ſchwimmen<lb/> kommen. Wann diſe Geſchaͤft allein der Natur und deren Geſaͤtzen were uͤ-<lb/> berlaſſen worden/ ſo weren alle irꝛdiſche Theil geſunken/ und alle waͤſſerichte/<lb/> mit denen oͤhl- und harzichten/ oben geblieben: Alſo dann were heraus kom-<lb/> men eine ebene/ kugelrunde/ Waſſer flaͤche/ welche allein denen Fiſchen zu gut<lb/> kommen were. Es wolte aber Gott haben eine neue Erden/ die da tauglich<lb/> were zu beherbergen/ und zuernehren/ die Menſchen/ und alle Art Thier/ und<lb/> widerum hervorzubringen Graß/ Kraͤuter/ und Baͤume. Wie mag aber diß<lb/> hergegangen/ und die jezige Erdengeſtalt heraußkommen ſeyn? Hierzu hat<lb/> Gott nach ſeiner unendlichen Weißheit unendtlich vil Wege koͤnnen auß fin-<lb/> den/ und ſtehet jedermann frey/ in ſeinem Gehirn nachzudenken/ und ſolche<lb/> Grundſaͤze außzufinden/ welche den Vollkommenheiten Gottes nicht nach-<lb/> theilig/ und ſelbs/ wo nicht eine uͤbernatuͤrliche Kraft hat muͤſſen angewendet<lb/> werden/ denen Bewegungsreglen/ welche Gott ſelbs zum Urheber haben/ ge-<lb/> maͤß ſeyn. Jch meines Ohrts faſſe die Sach alſo/ laſſe mich aber gern eines<lb/> beſſeren berichten/ und unterꝛichten. Nachdem die Erde ihre Zermuͤrſung-<lb/> Straff außgeſtanden/ haben ſich die ſchwerſten/ ſonderlich reiche metalliſche<lb/> Theil vorerſt geſenket/ weilen aber der Weg bis zum Mittelpunct der Erden<lb/> weit/ haben vil einander begegnet/ und in groſſe Felsklumpen ſich vereiniget/<lb/> welche dann mit deſto mehrerem Grad der Geſchwindigkeit ihren Fall fortge-<lb/> ſezt/ und nebſt Obſichſtoſſung vilen Schlamms/ und Waſſers/ auß dem mit-<lb/> leren Erdenpunct/ gleichſam ein Gewoͤlb/ wie wol in zimlicher Weite von dem<lb/> Mittelpunct formieret/ oder ſonſten ohne Ordnung allerhand Hoͤlinen zwi-<lb/> ſchen ſich geſtaltet. Diſe innerſte Erdengeſtalt iſt vermuhtlich nicht ſo orden-<lb/> lich in <hi rendition="#aq">Srrata</hi> oder Lager abgetheilt/ wie die obere/ weilen erſtlich die metalliſche<lb/> Theil an Gewicht merklich unterſchieden/ nicht ringsherum gleich haben koͤn-<lb/> nen außgetheilet ſeyn/ und ungleich groſſe Klumpen haben muͤſſen außmachẽ/<lb/> welche dann nicht ſo ordentlich auf einander haben koͤnnen zu ligen kommen;<lb/> da wir hingegen auf der oberen Erde mehr gleichſoͤrmige/ an Gewicht nicht ſo<lb/> weit verſchiedene Theil antreffen/ welche bey verminderter Bewegung ſich<lb/> gar ordentlich auf einander geſchicket/ und gewiſſe Lager geſtaltet haben. Di-<lb/> ſe Lager ſeyn zweifels ohne/ als auß ihrer gegenwaͤrtiger Beſchaffenheit abzu-<lb/> nehmen/ anfangs ringsum die Erden flach/ und <hi rendition="#aq">horizontal</hi> geweſen; weilen<lb/> aber auf ſolche Weiſe die Erdengeſtalt auch platt/ oder eben/ heraus kommen<lb/> were/ gleich jener erſten <hi rendition="#aq">Burnetiani</hi>ſchen/ als haben die <hi rendition="#aq">Strata</hi> ihre <hi rendition="#aq">Situation</hi> ge-<lb/> enderet/ ſich hier und da geſenket/ wordurch die Unebenheit der Erden entſtan-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [195/0229]
gangen/ und die Erde eine ganz runde mit Waſſer untermengte Kugel außge-
machet. Jn ſothanem Stand koͤnte die Erde- und Waſſerkugel nicht lang
bleiben. Jn diſem fluͤſſigen Gemeng waren allerhand Gattung Theil: die
ſchwereren muͤſten zu Boden ſinken/ und die leichteren oben auf zu ſchwimmen
kommen. Wann diſe Geſchaͤft allein der Natur und deren Geſaͤtzen were uͤ-
berlaſſen worden/ ſo weren alle irꝛdiſche Theil geſunken/ und alle waͤſſerichte/
mit denen oͤhl- und harzichten/ oben geblieben: Alſo dann were heraus kom-
men eine ebene/ kugelrunde/ Waſſer flaͤche/ welche allein denen Fiſchen zu gut
kommen were. Es wolte aber Gott haben eine neue Erden/ die da tauglich
were zu beherbergen/ und zuernehren/ die Menſchen/ und alle Art Thier/ und
widerum hervorzubringen Graß/ Kraͤuter/ und Baͤume. Wie mag aber diß
hergegangen/ und die jezige Erdengeſtalt heraußkommen ſeyn? Hierzu hat
Gott nach ſeiner unendlichen Weißheit unendtlich vil Wege koͤnnen auß fin-
den/ und ſtehet jedermann frey/ in ſeinem Gehirn nachzudenken/ und ſolche
Grundſaͤze außzufinden/ welche den Vollkommenheiten Gottes nicht nach-
theilig/ und ſelbs/ wo nicht eine uͤbernatuͤrliche Kraft hat muͤſſen angewendet
werden/ denen Bewegungsreglen/ welche Gott ſelbs zum Urheber haben/ ge-
maͤß ſeyn. Jch meines Ohrts faſſe die Sach alſo/ laſſe mich aber gern eines
beſſeren berichten/ und unterꝛichten. Nachdem die Erde ihre Zermuͤrſung-
Straff außgeſtanden/ haben ſich die ſchwerſten/ ſonderlich reiche metalliſche
Theil vorerſt geſenket/ weilen aber der Weg bis zum Mittelpunct der Erden
weit/ haben vil einander begegnet/ und in groſſe Felsklumpen ſich vereiniget/
welche dann mit deſto mehrerem Grad der Geſchwindigkeit ihren Fall fortge-
ſezt/ und nebſt Obſichſtoſſung vilen Schlamms/ und Waſſers/ auß dem mit-
leren Erdenpunct/ gleichſam ein Gewoͤlb/ wie wol in zimlicher Weite von dem
Mittelpunct formieret/ oder ſonſten ohne Ordnung allerhand Hoͤlinen zwi-
ſchen ſich geſtaltet. Diſe innerſte Erdengeſtalt iſt vermuhtlich nicht ſo orden-
lich in Srrata oder Lager abgetheilt/ wie die obere/ weilen erſtlich die metalliſche
Theil an Gewicht merklich unterſchieden/ nicht ringsherum gleich haben koͤn-
nen außgetheilet ſeyn/ und ungleich groſſe Klumpen haben muͤſſen außmachẽ/
welche dann nicht ſo ordentlich auf einander haben koͤnnen zu ligen kommen;
da wir hingegen auf der oberen Erde mehr gleichſoͤrmige/ an Gewicht nicht ſo
weit verſchiedene Theil antreffen/ welche bey verminderter Bewegung ſich
gar ordentlich auf einander geſchicket/ und gewiſſe Lager geſtaltet haben. Di-
ſe Lager ſeyn zweifels ohne/ als auß ihrer gegenwaͤrtiger Beſchaffenheit abzu-
nehmen/ anfangs ringsum die Erden flach/ und horizontal geweſen; weilen
aber auf ſolche Weiſe die Erdengeſtalt auch platt/ oder eben/ heraus kommen
were/ gleich jener erſten Burnetianiſchen/ als haben die Strata ihre Situation ge-
enderet/ ſich hier und da geſenket/ wordurch die Unebenheit der Erden entſtan-
den
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/229 |
Zitationshilfe: | Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/229>, abgerufen am 16.02.2025. |