Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.Die Kandel/ Kander/ Kandela, ein ungestümmes Bergwasser/ Das Frutinger-Thal heisset Cinerea Vallis bey Aretio Descript. Bey Müllinen/ ohnweit under Kandel/ in einer Wisen/ quillet auß Jn dem Dorff selbs sahen wir im Vorbeygehen Christian Müll- Der Kandel-Fluß wendet sich in diser Gegend auf linke Seiten/ P. S. Es ist oben bereits bekant gemacht worden die Vorstellung des Gem- Die Kandel/ Kander/ Kandela, ein ungeſtuͤmmes Bergwaſſer/ Das Frutinger-Thal heiſſet Cinerea Vallis bey Aretio Deſcript. Bey Müllinen/ ohnweit under Kandel/ in einer Wiſen/ quillet auß Jn dem Dorff ſelbs ſahen wir im Vorbeygehen Chriſtian Müll- Der Kandel-Fluß wendet ſich in diſer Gegend auf linke Seiten/ P. S. Es iſt oben bereits bekant gemacht worden die Vorſtellung des Gem- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0171" n="140"/> <p>Die <hi rendition="#fr">Kandel/ Kander/</hi> <hi rendition="#aq">Kandela,</hi> ein ungeſtuͤmmes Bergwaſſer/<lb/> entſpringet auf dem Berg <hi rendition="#fr">Engſtlingen/</hi> nach dem Bericht Hrn. <hi rendition="#aq">Wagne-<lb/> ri Hiſt. Helv. Nat. p.</hi> 76. nach <hi rendition="#aq">Stumphio</hi> aber <hi rendition="#aq">Chron. Lib. VIII. c.</hi> 2. auf<lb/> dem an die Walliſſer graͤnzenden Gebirg <hi rendition="#aq">Ravvin,:</hi> worinn er aber irꝛet/ dañ<lb/> der Berg <hi rendition="#fr">Rawin/</hi> <hi rendition="#aq">Ravinius,</hi> welchen in den Sitterzehnden ſezet <hi rendition="#aq">Simler Vall.<lb/> p. 25. b.</hi> den Paß gibet ins Sibenthal/ <hi rendition="#aq">Simmia Vallis,</hi> nicht aber ins Frutin-<lb/> gerthal/ danahen jeztgedachter Stumpf auch darinn zuverbeſſeren/ daß er die<lb/> Kandel fuͤhrt durch das Sibenthal/ durch welches abflieſſet die <hi rendition="#fr">Simmen/</hi><lb/><hi rendition="#aq">Simma,</hi> welche hernach mit der Kandel ſich vereiniget// wie zuſehen in der <hi rendition="#aq">Gi-<lb/> ger</hi>iſchen Landcharte des Schweizerlands. Es berichteten mich die Einwoh-<lb/> nere des Frutiger-Thals/ daß die Kandel ihren Urſprung habe in der Alp<lb/><hi rendition="#fr">Gaſter/</hi> 3. Stund hinter Kanderſtaͤg/ bey welchem Dorff ſich mit der<lb/> Kandel miſchet der Bach <hi rendition="#fr">Alp/</hi> welcher herkomt auß einem <hi rendition="#fr">Berg-See</hi> in<lb/><hi rendition="#fr">Oüſchinen.</hi></p><lb/> <p>Das <hi rendition="#fr">Frutinger-Thal</hi> heiſſet <hi rendition="#aq">Cinerea Vallis</hi> bey <hi rendition="#aq">Aretio Deſcript.<lb/> Stocchorn. p. 233. b.</hi> allwo er auch verbeſſeret den erſt angezognen/ und ſelbs<lb/> in die Landcharte gebrachten Fehler von der Kandel-Urſprung/ und Fort-<lb/> gang. Unſer Marſch gienge von Kandelbruk durch <hi rendition="#fr">Schwandi/</hi> da wir<lb/> vorher auf linker Seiten ligen laſſen das Dorff <hi rendition="#fr">Wengi/</hi> weiters kamen<lb/> wir durch <hi rendition="#fr">Kien/ Müllinen/</hi> und endlich über ein Berglein gen <hi rendition="#fr">Faulen-<lb/> See/</hi> am <hi rendition="#fr">Thuner-See.</hi></p><lb/> <p>Bey <hi rendition="#fr">Müllinen/</hi> ohnweit under Kandel/ in einer Wiſen/ quillet auß<lb/> der Erden hervor ein <hi rendition="#aq">Mineral-</hi>Waſſer/ welches zwar ohne Gebrauch/ aber<lb/> Zweifels ohne zu groſſem Nuzen der Anwohneren koͤnte angewendet/ und<lb/> theils gebadet/ theils getrunken werden. Es leget ab einen <hi rendition="#aq">Martiali</hi>ſchen <hi rendition="#aq">Cro-<lb/> cum,</hi> oder Saffran-Farbe Erden/ welche gleiche Prob außhaltet mit obbe-<lb/> ſchribenem <hi rendition="#aq">Croco</hi> des Leuker-Bads. Der Spangruͤn-Geiſt/ <hi rendition="#aq">Aquafort,</hi> und<lb/><hi rendition="#aq">Sublimat</hi> machen in diſem Waſſer keine Enderung: von Anmiſchung aber<lb/> des Weinſtein-Salzes wird es Milchweiß: von den Gallaͤpfeln purpur-<lb/> braun. Der <hi rendition="#aq">Crocus</hi> ſelbs gerahtet in einen Jaſt/ durch Anſchuͤttung des Ez-<lb/> waſſers/ und laſſet zugleich einen ſtarken Geruch von ſich ſpuͤren.</p><lb/> <p>Jn dem Dorff ſelbs ſahen wir im Vorbeygehen <hi rendition="#fr">Chriſtian Müll-<lb/> mann/</hi> einen noch frutigen Mann von 100. Jahren.</p><lb/> <p>Der <hi rendition="#fr">Kandel-</hi>Fluß wendet ſich in diſer Gegend auf linke Seiten/<lb/> und laͤhret ſich unter dem Thuner-See auß in die Aaren/ nachdem ſie zuvor<lb/> denen Einwohneren des Frutinger-Thals groſſen Schaden zu gefüget/ wei-<lb/> len ſie innert ihrem Runß nicht bleibet/ ſonder ihre Herꝛſchaft ausbreitet uͤber<lb/> die Flach an ihro ligende Guͤter/ und ſelbige mit Sand und Steinen uͤberfuͤhrt.</p><lb/> <p><hi rendition="#aq">P. S.</hi> Es iſt oben bereits bekant gemacht worden die Vorſtellung des Gem-<lb/> miwegs in einem beſonderen Kupfer.</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [140/0171]
Die Kandel/ Kander/ Kandela, ein ungeſtuͤmmes Bergwaſſer/
entſpringet auf dem Berg Engſtlingen/ nach dem Bericht Hrn. Wagne-
ri Hiſt. Helv. Nat. p. 76. nach Stumphio aber Chron. Lib. VIII. c. 2. auf
dem an die Walliſſer graͤnzenden Gebirg Ravvin,: worinn er aber irꝛet/ dañ
der Berg Rawin/ Ravinius, welchen in den Sitterzehnden ſezet Simler Vall.
p. 25. b. den Paß gibet ins Sibenthal/ Simmia Vallis, nicht aber ins Frutin-
gerthal/ danahen jeztgedachter Stumpf auch darinn zuverbeſſeren/ daß er die
Kandel fuͤhrt durch das Sibenthal/ durch welches abflieſſet die Simmen/
Simma, welche hernach mit der Kandel ſich vereiniget// wie zuſehen in der Gi-
geriſchen Landcharte des Schweizerlands. Es berichteten mich die Einwoh-
nere des Frutiger-Thals/ daß die Kandel ihren Urſprung habe in der Alp
Gaſter/ 3. Stund hinter Kanderſtaͤg/ bey welchem Dorff ſich mit der
Kandel miſchet der Bach Alp/ welcher herkomt auß einem Berg-See in
Oüſchinen.
Das Frutinger-Thal heiſſet Cinerea Vallis bey Aretio Deſcript.
Stocchorn. p. 233. b. allwo er auch verbeſſeret den erſt angezognen/ und ſelbs
in die Landcharte gebrachten Fehler von der Kandel-Urſprung/ und Fort-
gang. Unſer Marſch gienge von Kandelbruk durch Schwandi/ da wir
vorher auf linker Seiten ligen laſſen das Dorff Wengi/ weiters kamen
wir durch Kien/ Müllinen/ und endlich über ein Berglein gen Faulen-
See/ am Thuner-See.
Bey Müllinen/ ohnweit under Kandel/ in einer Wiſen/ quillet auß
der Erden hervor ein Mineral-Waſſer/ welches zwar ohne Gebrauch/ aber
Zweifels ohne zu groſſem Nuzen der Anwohneren koͤnte angewendet/ und
theils gebadet/ theils getrunken werden. Es leget ab einen Martialiſchen Cro-
cum, oder Saffran-Farbe Erden/ welche gleiche Prob außhaltet mit obbe-
ſchribenem Croco des Leuker-Bads. Der Spangruͤn-Geiſt/ Aquafort, und
Sublimat machen in diſem Waſſer keine Enderung: von Anmiſchung aber
des Weinſtein-Salzes wird es Milchweiß: von den Gallaͤpfeln purpur-
braun. Der Crocus ſelbs gerahtet in einen Jaſt/ durch Anſchuͤttung des Ez-
waſſers/ und laſſet zugleich einen ſtarken Geruch von ſich ſpuͤren.
Jn dem Dorff ſelbs ſahen wir im Vorbeygehen Chriſtian Müll-
mann/ einen noch frutigen Mann von 100. Jahren.
Der Kandel-Fluß wendet ſich in diſer Gegend auf linke Seiten/
und laͤhret ſich unter dem Thuner-See auß in die Aaren/ nachdem ſie zuvor
denen Einwohneren des Frutinger-Thals groſſen Schaden zu gefüget/ wei-
len ſie innert ihrem Runß nicht bleibet/ ſonder ihre Herꝛſchaft ausbreitet uͤber
die Flach an ihro ligende Guͤter/ und ſelbige mit Sand und Steinen uͤberfuͤhrt.
P. S. Es iſt oben bereits bekant gemacht worden die Vorſtellung des Gem-
miwegs in einem beſonderen Kupfer.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |