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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.

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So vil seye nun geredet von dem Leuker- oder Wallisser Bad.

Auf 200. Schritt ohngefehr von der warmen Ouell kommen auß der
Erden hervor andere Eis kalte

Meybrünnen

Von welchen einer unser Lieben Frauen Brunn genant wird/
weilen er nur zwischen zweyen der H. Jungfrau Mariae gewidmeten Fästen
fliesset. Es meldet Collinus, bey Simler Valles. p. 145. b. daß zu seiner Zeit
die Badgäste sich dises Brunnens bedient haben zur Abkühlung/ wann sie
sich in dem heissen Bad erhizet/ wiewol zu ihrem eigenen Schaden; zeiget da-
bey an die eigentliche Ursachen dises so ordentlich unterbrochenen Lauffs/ wel-
che übereinkommen mit dem/ was von dergleichen Meybrünnen beygebracht
worden oben Tom. II. p. 103.

Nunmehr vermeinen wir in dem Leuckerbad gesehen zuhaben/ was nöh-
tig zuwissen einem Naturforscher. Es ist Zeit/ daß wir aufbrechen/ und uns
gegen dem Berngebiet/ und so weiters gegen dem Vatterland wenden. Wir
haben bereits genug Berg gestiegen/ und aber noch einen zu überwinden/ wel-
cher uns heut genug zuschaffen gibt. Diß ist der

Gemmi/

Gemmiberg/ Gämmi/ Gemmius, welcher von seiner Höhe und wilden
Räuhe/ den Nahmen sol haben a gemitu, vom Seufzen/ weilen/ die ihne
besteigen/ oft wegen der Arbeit/ und Gefahr frischen Athem zu schöpfen/ und zu
seufzen/ Anlas/ und Ursach haben. Dann diser Berg von der Leuker- oder
Wallisser seite sehr gächstotzig/ und geradenwegs in die Höhe führt/ durch
krumme/ schmale/ hier und da in Felsen eingehauene/ mit hölzernen Zwerch-
balken/ gleich als Brüklein belegte/ und hin und wider mit Maurwerk unter-
stüzte Weg/ welche denen/ so dem Schwindel unterworffen/ oder sonst derglei-
chen Bergstraffen niemahlen erfahren/ leichtlich einen Schreken einjagen kön-
nen/ und vil dahin verleiten/ daß sie sich über disen gefährlichen Weg nicht zu
gehen getrauen/ sondern durch besondere/ diser Arbeit erfahrne Männer/ tra-
gen lassen. Herr Lieutenant Bodmer von Amseltingen/ seines ersten Her-
kommens von Zürich/ dißmalen in Diensten des Hochlöbl. Stands Bern/
ein erfahrner Ingenieur, mein sehr wehrter Gönner und Freund/ hat die Mü-
he genommen/ disen selzamen Weg Geometrisch A. 1701. abzumessen/ und
in einem perspectivischen Plan vorzustellen/ und in allem funden 10110.
Schuhe bis zur Daube/ welches die oberste Höhe/ bey welcher einem Rei-
senden erlaubt ist/ in einer offenen Herberg außzuruhen/ in deren er vertretten

kan

So vil ſeye nun geredet von dem Leuker- oder Walliſſer Bad.

Auf 200. Schritt ohngefehr von der warmen Ouell kommen auß der
Erden hervor andere Eis kalte

Meybrünnen

Von welchen einer unſer Lieben Frauen Brunn genant wird/
weilen er nur zwiſchen zweyen der H. Jungfrau Mariæ gewidmeten Faͤſten
flieſſet. Es meldet Collinus, bey Simler Valles. p. 145. b. daß zu ſeiner Zeit
die Badgaͤſte ſich diſes Brunnens bedient haben zur Abkuͤhlung/ wann ſie
ſich in dem heiſſen Bad erhizet/ wiewol zu ihrem eigenen Schaden; zeiget da-
bey an die eigentliche Urſachen diſes ſo ordentlich unterbrochenen Lauffs/ wel-
che uͤbereinkommen mit dem/ was von dergleichen Meybruͤnnen beygebracht
worden oben Tom. II. p. 103.

Nunmehr vermeinen wir in dem Leuckerbad geſehen zuhaben/ was noͤh-
tig zuwiſſen einem Naturforſcher. Es iſt Zeit/ daß wir aufbrechen/ und uns
gegen dem Berngebiet/ und ſo weiters gegen dem Vatterland wenden. Wir
haben bereits genug Berg geſtiegen/ und aber noch einen zu uͤberwinden/ wel-
cher uns heut genug zuſchaffen gibt. Diß iſt der

Gemmi/

Gemmiberg/ Gaͤmmi/ Gemmius, welcher von ſeiner Hoͤhe und wilden
Raͤuhe/ den Nahmen ſol haben à gemitu, vom Seufzen/ weilen/ die ihne
beſteigen/ oft wegen der Arbeit/ und Gefahr friſchen Athem zu ſchoͤpfen/ und zu
ſeufzen/ Anlas/ und Urſach haben. Dann diſer Berg von der Leuker- oder
Walliſſer ſeite ſehr gaͤchſtotzig/ und geradenwegs in die Hoͤhe führt/ durch
krumme/ ſchmale/ hier und da in Felſen eingehauene/ mit hoͤlzernen Zwerch-
balken/ gleich als Bruͤklein belegte/ und hin und wider mit Maurwerk unter-
ſtuͤzte Weg/ welche denen/ ſo dem Schwindel unterworffen/ oder ſonſt derglei-
chen Bergſtraffen niemahlen erfahren/ leichtlich einen Schreken einjagen koͤn-
nen/ und vil dahin verleiten/ daß ſie ſich uͤber diſen gefaͤhrlichen Weg nicht zu
gehen getrauen/ ſondern durch beſondere/ diſer Arbeit erfahrne Maͤnner/ tra-
gen laſſen. Herꝛ Lieutenant Bodmer von Amſeltingen/ ſeines erſten Her-
kommens von Zuͤrich/ dißmalen in Dienſten des Hochloͤbl. Stands Bern/
ein erfahrner Ingenieur, mein ſehr wehrter Goͤnner und Freund/ hat die Muͤ-
he genommen/ diſen ſelzamen Weg Geometriſch A. 1701. abzumeſſen/ und
in einem perſpectiviſchen Plan vorzuſtellen/ und in allem funden 10110.
Schuhe bis zur Daube/ welches die oberſte Hoͤhe/ bey welcher einem Rei-
ſenden erlaubt iſt/ in einer offenen Herberg außzuruhen/ in deren er vertretten

kan
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[138/0169] So vil ſeye nun geredet von dem Leuker- oder Walliſſer Bad. Auf 200. Schritt ohngefehr von der warmen Ouell kommen auß der Erden hervor andere Eis kalte Meybrünnen Von welchen einer unſer Lieben Frauen Brunn genant wird/ weilen er nur zwiſchen zweyen der H. Jungfrau Mariæ gewidmeten Faͤſten flieſſet. Es meldet Collinus, bey Simler Valles. p. 145. b. daß zu ſeiner Zeit die Badgaͤſte ſich diſes Brunnens bedient haben zur Abkuͤhlung/ wann ſie ſich in dem heiſſen Bad erhizet/ wiewol zu ihrem eigenen Schaden; zeiget da- bey an die eigentliche Urſachen diſes ſo ordentlich unterbrochenen Lauffs/ wel- che uͤbereinkommen mit dem/ was von dergleichen Meybruͤnnen beygebracht worden oben Tom. II. p. 103. Nunmehr vermeinen wir in dem Leuckerbad geſehen zuhaben/ was noͤh- tig zuwiſſen einem Naturforſcher. Es iſt Zeit/ daß wir aufbrechen/ und uns gegen dem Berngebiet/ und ſo weiters gegen dem Vatterland wenden. Wir haben bereits genug Berg geſtiegen/ und aber noch einen zu uͤberwinden/ wel- cher uns heut genug zuſchaffen gibt. Diß iſt der Gemmi/ Gemmiberg/ Gaͤmmi/ Gemmius, welcher von ſeiner Hoͤhe und wilden Raͤuhe/ den Nahmen ſol haben à gemitu, vom Seufzen/ weilen/ die ihne beſteigen/ oft wegen der Arbeit/ und Gefahr friſchen Athem zu ſchoͤpfen/ und zu ſeufzen/ Anlas/ und Urſach haben. Dann diſer Berg von der Leuker- oder Walliſſer ſeite ſehr gaͤchſtotzig/ und geradenwegs in die Hoͤhe führt/ durch krumme/ ſchmale/ hier und da in Felſen eingehauene/ mit hoͤlzernen Zwerch- balken/ gleich als Bruͤklein belegte/ und hin und wider mit Maurwerk unter- ſtuͤzte Weg/ welche denen/ ſo dem Schwindel unterworffen/ oder ſonſt derglei- chen Bergſtraffen niemahlen erfahren/ leichtlich einen Schreken einjagen koͤn- nen/ und vil dahin verleiten/ daß ſie ſich uͤber diſen gefaͤhrlichen Weg nicht zu gehen getrauen/ ſondern durch beſondere/ diſer Arbeit erfahrne Maͤnner/ tra- gen laſſen. Herꝛ Lieutenant Bodmer von Amſeltingen/ ſeines erſten Her- kommens von Zuͤrich/ dißmalen in Dienſten des Hochloͤbl. Stands Bern/ ein erfahrner Ingenieur, mein ſehr wehrter Goͤnner und Freund/ hat die Muͤ- he genommen/ diſen ſelzamen Weg Geometriſch A. 1701. abzumeſſen/ und in einem perſpectiviſchen Plan vorzuſtellen/ und in allem funden 10110. Schuhe bis zur Daube/ welches die oberſte Hoͤhe/ bey welcher einem Rei- ſenden erlaubt iſt/ in einer offenen Herberg außzuruhen/ in deren er vertretten kan

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/169>, abgerufen am 13.11.2024.