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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708.

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Martens Spitzberg. Reißbeschreibung p. 19. und schon längsten Virgilius
Georgic.

Coerulea glacie concreto, atque imbribus atris. Dises Gletscherische
Berg-Eis betitlet Guill. Paradin Chronic. de Savoye Lib. I. cap. 18. Glace
endurcie, Glace prodigieuse.
Gemeinlich heisset man es auch Firn/ welches
Wort sonst bey Stumpf. Chron. Helv. P. III. 605. b. und Simler de Alpib.
p.
24. bedeutet einen alten verlegenen Schnee; um denselben zu unter-
scheiden von dem heurigen/ oder dißjährigen/ wie wir pflegen einen jährigen
Wein zunennen Firnen/ ferndrigen Wein/ gemeinlich aber sage ich/
nimmet man Firn/ Firen/ Firren/ und Gletscher vor eins; und heis-
set in der Herrschaft Engelberg ein gewisse Alp/ das Firnalpelein/ von dem
dort ligenden Berg-Eis. Diser Meinung ist auch Räbmann in seinem
Gespräch von Bergen p. 130. Da er in seiner Schweitzerisch Poeti-
schen Sprach also singet.

Vil Berg hand alten Schnee wie Eyß/
Deren das Volk warnimt mit fleiß/
Und nennet es Firn/ der so gar hart/
Und wie Crystall lauter er dert/
Gsamlet auf etlich tausend Jar
Gestocket/ und nimmer zergath/
Gleich einem herten Stein bestaht
Vom Volk wird er auch Glettscher genant etc.

Jch habe in meiner in Teutscher Sprach herauß gegebenen Physica
Part. I. cap. 22. p.
209. unsere Schweitzerische Glettscher in vergleichung ge-
setzet mit jenen Nordischen Eisbergen/ und schwimmenden Eis-Jnßlen/ von
welchen zu lesen Martens Spitzberg. Reißbeschreibung p. 19. 30.
Ol. Magn. Histor. Septentr. Boyle Experimental History of Cold. p. 382.
Sturm. Physic. Hypothet. p. 605. Bartholin de usu Nivis p.
43. 44. und do-
malen erachtet/ das dise Eis-Jnßlen anders nichts seyen/ als wahre Glett-
scher/ welche von grossen Eisbergen etwann abbrechen/ und ins Meer fallen.
Dann sonst Boyle p. 379. und Sturm. p. 629. darvor halten/ daß vil in den
Nordmeeren und Flüssen gebrochene/ und in die offene See fortgeschwem-
te Eis-Stüker können widerum zusamen und übereinandern gefrieren/ über
diß noch von dem gefallenen Schnee/ so auch/ nach dem er geschmoltzen/
widrum zu Eis wird/ also vergrösseret werden/ daß dergleichen schwimmen-
de Jnßlen können entstehen/ welche 200. Schuhe hoch über dem Wasser/
folglich (nach der proportion des im Wasser verborgenen/ und hervorra-
genden theils wie 7. zu 1.) über 1600. Schuhe hoch/ wie einen solchen
schwimmenden Eisberg bey Grönland angetroffen W. Baffinius, ein En-

gellän-

Martens Spitzberg. Reißbeſchreibung p. 19. und ſchon laͤngſten Virgilius
Georgic.

Cœrulea glacie concreto, atque imbribus atris. Diſes Gletſcheriſche
Berg-Eis betitlet Guill. Paradin Chronic. de Savoye Lib. I. cap. 18. Glace
endurcie, Glace prodigieuſe.
Gemeinlich heiſſet man es auch Firn/ welches
Wort ſonſt bey Stumpf. Chron. Helv. P. III. 605. b. und Simler de Alpib.
p.
24. bedeutet einen alten verlegenen Schnee; um denſelben zu unter-
ſcheiden von dem heurigen/ oder dißjaͤhrigen/ wie wir pflegen einen jaͤhrigen
Wein zunennen Firnen/ ferndrigen Wein/ gemeinlich aber ſage ich/
nimmet man Firn/ Firen/ Firꝛen/ und Gletſcher vor eins; und heiſ-
ſet in der Herꝛſchaft Engelberg ein gewiſſe Alp/ das Firnalpelein/ von dem
dort ligenden Berg-Eis. Diſer Meinung iſt auch Raͤbmann in ſeinem
Geſpraͤch von Bergen p. 130. Da er in ſeiner Schweitzeriſch Poeti-
ſchen Sprach alſo ſinget.

Vil Berg hand alten Schnee wie Eyß/
Deren das Volk warnimt mit fleiß/
Und nennet es Firn/ der ſo gar hart/
Und wie Cryſtall lauter er dert/
Gſamlet auf etlich tauſend Jar
Geſtocket/ und nimmer zergath/
Gleich einem herten Stein beſtaht
Vom Volk wird er auch Glettſcher genant ꝛc.

Jch habe in meiner in Teutſcher Sprach herauß gegebenen Phyſica
Part. I. cap. 22. p.
209. unſere Schweitzeriſche Glettſcher in vergleichung ge-
ſetzet mit jenen Nordiſchen Eisbergen/ und ſchwimmenden Eis-Jnßlen/ von
welchen zu leſen Martens Spitzberg. Reißbeſchreibung p. 19. 30.
Ol. Magn. Hiſtor. Septentr. Boyle Experimental Hiſtory of Cold. p. 382.
Sturm. Phyſic. Hypothet. p. 605. Bartholin de uſu Nivis p.
43. 44. und do-
malen erachtet/ das diſe Eis-Jnßlen anders nichts ſeyen/ als wahre Glett-
ſcher/ welche von groſſen Eisbergen etwann abbrechen/ und ins Meer fallen.
Dann ſonſt Boyle p. 379. und Sturm. p. 629. darvor halten/ daß vil in den
Nordmeeren und Fluͤſſen gebrochene/ und in die offene See fortgeſchwem-
te Eis-Stüker koͤnnen widerum zuſamen und uͤbereinandern gefrieren/ uͤber
diß noch von dem gefallenen Schnee/ ſo auch/ nach dem er geſchmoltzen/
widrum zu Eis wird/ alſo vergroͤſſeret werden/ daß dergleichen ſchwimmen-
de Jnßlen koͤnnen entſtehen/ welche 200. Schuhe hoch über dem Waſſer/
folglich (nach der proportion des im Waſſer verborgenen/ und hervorꝛa-
genden theils wie 7. zu 1.) uͤber 1600. Schuhe hoch/ wie einen ſolchen
ſchwimmenden Eisberg bey Groͤnland angetroffen W. Baffinius, ein En-

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[107/0135] Martens Spitzberg. Reißbeſchreibung p. 19. und ſchon laͤngſten Virgilius Georgic. Cœrulea glacie concreto, atque imbribus atris. Diſes Gletſcheriſche Berg-Eis betitlet Guill. Paradin Chronic. de Savoye Lib. I. cap. 18. Glace endurcie, Glace prodigieuſe. Gemeinlich heiſſet man es auch Firn/ welches Wort ſonſt bey Stumpf. Chron. Helv. P. III. 605. b. und Simler de Alpib. p. 24. bedeutet einen alten verlegenen Schnee; um denſelben zu unter- ſcheiden von dem heurigen/ oder dißjaͤhrigen/ wie wir pflegen einen jaͤhrigen Wein zunennen Firnen/ ferndrigen Wein/ gemeinlich aber ſage ich/ nimmet man Firn/ Firen/ Firꝛen/ und Gletſcher vor eins; und heiſ- ſet in der Herꝛſchaft Engelberg ein gewiſſe Alp/ das Firnalpelein/ von dem dort ligenden Berg-Eis. Diſer Meinung iſt auch Raͤbmann in ſeinem Geſpraͤch von Bergen p. 130. Da er in ſeiner Schweitzeriſch Poeti- ſchen Sprach alſo ſinget. Vil Berg hand alten Schnee wie Eyß/ Deren das Volk warnimt mit fleiß/ Und nennet es Firn/ der ſo gar hart/ Und wie Cryſtall lauter er dert/ Gſamlet auf etlich tauſend Jar Geſtocket/ und nimmer zergath/ Gleich einem herten Stein beſtaht Vom Volk wird er auch Glettſcher genant ꝛc. Jch habe in meiner in Teutſcher Sprach herauß gegebenen Phyſica Part. I. cap. 22. p. 209. unſere Schweitzeriſche Glettſcher in vergleichung ge- ſetzet mit jenen Nordiſchen Eisbergen/ und ſchwimmenden Eis-Jnßlen/ von welchen zu leſen Martens Spitzberg. Reißbeſchreibung p. 19. 30. Ol. Magn. Hiſtor. Septentr. Boyle Experimental Hiſtory of Cold. p. 382. Sturm. Phyſic. Hypothet. p. 605. Bartholin de uſu Nivis p. 43. 44. und do- malen erachtet/ das diſe Eis-Jnßlen anders nichts ſeyen/ als wahre Glett- ſcher/ welche von groſſen Eisbergen etwann abbrechen/ und ins Meer fallen. Dann ſonſt Boyle p. 379. und Sturm. p. 629. darvor halten/ daß vil in den Nordmeeren und Fluͤſſen gebrochene/ und in die offene See fortgeſchwem- te Eis-Stüker koͤnnen widerum zuſamen und uͤbereinandern gefrieren/ uͤber diß noch von dem gefallenen Schnee/ ſo auch/ nach dem er geſchmoltzen/ widrum zu Eis wird/ alſo vergroͤſſeret werden/ daß dergleichen ſchwimmen- de Jnßlen koͤnnen entſtehen/ welche 200. Schuhe hoch über dem Waſſer/ folglich (nach der proportion des im Waſſer verborgenen/ und hervorꝛa- genden theils wie 7. zu 1.) uͤber 1600. Schuhe hoch/ wie einen ſolchen ſchwimmenden Eisberg bey Groͤnland angetroffen W. Baffinius, ein En- gellaͤn-

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweitzerlands. Bd. 3. Zürich, 1708, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten03_1708/135>, abgerufen am 22.11.2024.