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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707.

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dern ihren überwundenen Feinden selbs geschonet/ wie wir dessen verschie-
dene Exempel auß unseren Historien könten beybringen/ wann es die Zeit zu
liesse. Daß/ was bisher eingeführt/ habe gleichwol kürzlich wollen anbringen/
damit man darauß kennen lehrne genium Nationis, die Art der Eidgnössi-
schen Nation, und selbige unterscheiden von benachbarten Völkeren selbs/
deren unbesonnener Hochmuht uns mehrmahlen gedienet hat zu grossem un-
serem Vortheil und Glück: wie dann Gottes gnädige den Hochmühtigen
widerstehende Hilff sich in Schweizerischen Kriegen augenscheinlich hat
spüren lassen darinn/ daß oft eine geringe Anzahl Eidgnossen einen grossen
Hauffen der Feinden überwunden: als An. 1513. in Meyländischem Ge-
biet 20000. Franzosen durch 9000. Schweizer/ und widerum 60000. durch
36000. zu Ermatingen bey Costantz 12000. Oesterreicher durch 1400. Eid-
gnossen. An. 1388. 6000. Oesterreicher durch 200. Glarner. Anderer
Schlachten/ so zu Laupen/ Sempach/ St. Jacob bey Basel/ etc. allezeit mit
geringem Verlurst der Eidgnossen/ gehalten worden/ zugeschweigen. Zu
deneu so vilen herrlichen Siegen/ so unsere Nation erhalten/ kan auch etwas
beygetragen haben die förchterliche Gestalt der Schweizeren/ dero braune
Gesichtsfarb/ begleitet mit langen ansehenlichen Bärten: Man gewahret der
Farb halben/ daß unter der Linien/ und zwischen beyden Sonnenwend-Zirk-
len die Gesichter der Menschen/ ja auch die ganze Haut schwarz/ oder braun/
und von denen Tropicis hinweg gegen denen Polar-Cirklen je weisser/ und
weisser/ bis auf eine gewisse Polushöhe/ da sie widerum braun außsehen/ als
zum Exempel sein können die Grönländer/ und Lappländer/ von denen man
kan sagen/ daß nicht die Hitz/ sondern die Kälte sie verbrenne. Fast gleiches
Urtheil lässet sich fällen von den Schweizeren. Wir solten in ansehung der
Polushöhe weisser/ und zärter sein/ als die Jtaliäner/ und brauner als die
Teutschen; und aber bezeuget die Erfahrung das Widerspiel. Wann wir
die platten Länder außnemmen/ und in denenselben sonderheitlich die Stätte/
so müssen wir gestehen/ daß unsere Nation unter die braunen zu zellen. Die
Ursach schreibe zu theils der Wärme/ theils der Kälte; in denen Thäleren/
so zwischen hohen Bergen/ sonderlich von Morgen gegen Abend sich zeuhen/
ist/ wie oben schon angezeiget worden/ wegen vilfaltiger zurukprellung der
Sonnenstralen eine grosse Hitz/ welche die Leiber erhitzet/ und die offen stehen-
de Angesichter verbrennet: auf denen Schnee- und Eisgebirgen machen eben
dise vom Schnee häuffig zurukprellende Stralen in sonst kalter Luft die
Gesichter der Anwohneren/ und Reisenden ganz braun/ als weren sie ange-
brennt/ wie wir solches erfahren und sehen können alle Jahr/ und es auch in
seinen durch die Pündtnerische Gebirge gethanen Reisen wahrgenommen hat
der gelehrte Engelländer Rajus, wie zu sehen in seinen Topographical Ob-
servations pag.
427.

dern ihren uͤberwundenen Feinden ſelbs geſchonet/ wie wir deſſen verſchie-
dene Exempel auß unſeren Hiſtorien koͤnten beybringen/ wann es die Zeit zu
lieſſe. Daß/ was bisher eingefuͤhrt/ habe gleichwol kuͤrzlich wollen anbringen/
damit man darauß kennen lehrne genium Nationis, die Art der Eidgnoͤſſi-
ſchen Nation, und ſelbige unterſcheiden von benachbarten Voͤlkeren ſelbs/
deren unbeſonnener Hochmuht uns mehrmahlen gedienet hat zu groſſem un-
ſerem Vortheil und Gluͤck: wie dann Gottes gnaͤdige den Hochmuͤhtigen
widerſtehende Hilff ſich in Schweizeriſchen Kriegen augenſcheinlich hat
ſpuͤren laſſen darinn/ daß oft eine geringe Anzahl Eidgnoſſen einen groſſen
Hauffen der Feinden uͤberwunden: als An. 1513. in Meylaͤndiſchem Ge-
biet 20000. Franzoſen durch 9000. Schweizer/ und widerum 60000. durch
36000. zu Ermatingen bey Coſtantz 12000. Oeſterꝛeicher durch 1400. Eid-
gnoſſen. An. 1388. 6000. Oeſterꝛeicher durch 200. Glarner. Anderer
Schlachten/ ſo zu Laupen/ Sempach/ St. Jacob bey Baſel/ ꝛc. allezeit mit
geringem Verlurſt der Eidgnoſſen/ gehalten worden/ zugeſchweigen. Zu
deneu ſo vilen herꝛlichen Siegen/ ſo unſere Nation erhalten/ kan auch etwas
beygetragen haben die foͤrchterliche Geſtalt der Schweizeren/ dero braune
Geſichtsfarb/ begleitet mit langen anſehenlichen Baͤrten: Man gewahret der
Farb halben/ daß unter der Linien/ und zwiſchen beyden Sonnenwend-Zirk-
len die Geſichter der Menſchen/ ja auch die ganze Haut ſchwarz/ oder braun/
und von denen Tropicis hinweg gegen denen Polar-Cirklen je weiſſer/ und
weiſſer/ bis auf eine gewiſſe Polushoͤhe/ da ſie widerum braun außſehen/ als
zum Exempel ſein koͤnnen die Groͤnlaͤnder/ und Lapplaͤnder/ von denen man
kan ſagen/ daß nicht die Hitz/ ſondern die Kaͤlte ſie verbrenne. Faſt gleiches
Urtheil laͤſſet ſich faͤllen von den Schweizeren. Wir ſolten in anſehung der
Polushoͤhe weiſſer/ und zaͤrter ſein/ als die Jtaliaͤner/ und brauner als die
Teutſchen; und aber bezeuget die Erfahrung das Widerſpiel. Wann wir
die platten Laͤnder außnemmen/ und in denenſelben ſonderheitlich die Staͤtte/
ſo muͤſſen wir geſtehen/ daß unſere Nation unter die braunen zu zellen. Die
Urſach ſchreibe zu theils der Waͤrme/ theils der Kaͤlte; in denen Thaͤleren/
ſo zwiſchen hohen Bergen/ ſonderlich von Morgen gegen Abend ſich zeuhen/
iſt/ wie oben ſchon angezeiget worden/ wegen vilfaltiger zurukprellung der
Sonnenſtralen eine groſſe Hitz/ welche die Leiber erhitzet/ und die offen ſtehen-
de Angeſichter verbrennet: auf denen Schnee- und Eisgebirgen machen eben
diſe vom Schnee haͤuffig zurukprellende Stralen in ſonſt kalter Luft die
Geſichter der Anwohneren/ und Reiſenden ganz braun/ als weren ſie ange-
brennt/ wie wir ſolches erfahren und ſehen koͤnnen alle Jahr/ und es auch in
ſeinen durch die Puͤndtneriſche Gebirge gethanen Reiſen wahrgenom̃en hat
der gelehrte Engellaͤnder Rajus, wie zu ſehen in ſeinen Topographical Ob-
ſervations pag.
427.

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[204/0217] dern ihren uͤberwundenen Feinden ſelbs geſchonet/ wie wir deſſen verſchie- dene Exempel auß unſeren Hiſtorien koͤnten beybringen/ wann es die Zeit zu lieſſe. Daß/ was bisher eingefuͤhrt/ habe gleichwol kuͤrzlich wollen anbringen/ damit man darauß kennen lehrne genium Nationis, die Art der Eidgnoͤſſi- ſchen Nation, und ſelbige unterſcheiden von benachbarten Voͤlkeren ſelbs/ deren unbeſonnener Hochmuht uns mehrmahlen gedienet hat zu groſſem un- ſerem Vortheil und Gluͤck: wie dann Gottes gnaͤdige den Hochmuͤhtigen widerſtehende Hilff ſich in Schweizeriſchen Kriegen augenſcheinlich hat ſpuͤren laſſen darinn/ daß oft eine geringe Anzahl Eidgnoſſen einen groſſen Hauffen der Feinden uͤberwunden: als An. 1513. in Meylaͤndiſchem Ge- biet 20000. Franzoſen durch 9000. Schweizer/ und widerum 60000. durch 36000. zu Ermatingen bey Coſtantz 12000. Oeſterꝛeicher durch 1400. Eid- gnoſſen. An. 1388. 6000. Oeſterꝛeicher durch 200. Glarner. Anderer Schlachten/ ſo zu Laupen/ Sempach/ St. Jacob bey Baſel/ ꝛc. allezeit mit geringem Verlurſt der Eidgnoſſen/ gehalten worden/ zugeſchweigen. Zu deneu ſo vilen herꝛlichen Siegen/ ſo unſere Nation erhalten/ kan auch etwas beygetragen haben die foͤrchterliche Geſtalt der Schweizeren/ dero braune Geſichtsfarb/ begleitet mit langen anſehenlichen Baͤrten: Man gewahret der Farb halben/ daß unter der Linien/ und zwiſchen beyden Sonnenwend-Zirk- len die Geſichter der Menſchen/ ja auch die ganze Haut ſchwarz/ oder braun/ und von denen Tropicis hinweg gegen denen Polar-Cirklen je weiſſer/ und weiſſer/ bis auf eine gewiſſe Polushoͤhe/ da ſie widerum braun außſehen/ als zum Exempel ſein koͤnnen die Groͤnlaͤnder/ und Lapplaͤnder/ von denen man kan ſagen/ daß nicht die Hitz/ ſondern die Kaͤlte ſie verbrenne. Faſt gleiches Urtheil laͤſſet ſich faͤllen von den Schweizeren. Wir ſolten in anſehung der Polushoͤhe weiſſer/ und zaͤrter ſein/ als die Jtaliaͤner/ und brauner als die Teutſchen; und aber bezeuget die Erfahrung das Widerſpiel. Wann wir die platten Laͤnder außnemmen/ und in denenſelben ſonderheitlich die Staͤtte/ ſo muͤſſen wir geſtehen/ daß unſere Nation unter die braunen zu zellen. Die Urſach ſchreibe zu theils der Waͤrme/ theils der Kaͤlte; in denen Thaͤleren/ ſo zwiſchen hohen Bergen/ ſonderlich von Morgen gegen Abend ſich zeuhen/ iſt/ wie oben ſchon angezeiget worden/ wegen vilfaltiger zurukprellung der Sonnenſtralen eine groſſe Hitz/ welche die Leiber erhitzet/ und die offen ſtehen- de Angeſichter verbrennet: auf denen Schnee- und Eisgebirgen machen eben diſe vom Schnee haͤuffig zurukprellende Stralen in ſonſt kalter Luft die Geſichter der Anwohneren/ und Reiſenden ganz braun/ als weren ſie ange- brennt/ wie wir ſolches erfahren und ſehen koͤnnen alle Jahr/ und es auch in ſeinen durch die Puͤndtneriſche Gebirge gethanen Reiſen wahrgenom̃en hat der gelehrte Engellaͤnder Rajus, wie zu ſehen in ſeinen Topographical Ob- ſervations pag. 427.

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706/217>, abgerufen am 22.11.2024.