Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

Bild:
<< vorherige Seite

schen Theilen befreyet/ der Gesundheit weit undienlicher seye/ als wann er et-
liche Jahr gelegen; und sollen ins besonder die jenige/ welche der so genanten
Milzesucht/ dem Nieren- oder Blasenstein/ dem Podagra/ Gleichsucht/ und
anderen dergleichen Tartarischen/ oder vom zächen irrdischen Schleim/ her-
rührenden Krankheiten unterworffen/ gewarnet seyn/ sich vor unserem neuen
Wein/ den wir gemeiniglich Suser nennen/ zuhüten. Zu gefallen der
Wein-Liebhaberen werde dann und wann mehrere Anmerkungen disem
Werklein einverleiben.

Reise über den Wallenstatter-See durch hilff eines
ordinari Nachwinds.

ES ist bekant/ wie nicht nur zwischen beyden Tropicis oder Sonnen-
wend-Circlen/ unter der Linien/ ein allgemeiner Wind beständig von
Morgen gegen Abend wäyet/ sondern andere gewisse Winde/ nach
welchen sich die Schiff- und Kauffleuthe richten können/ zu ordenlichen Zei-
ten blasen/ in Europa hingegen die Bewegungen der Winden vor unor-
denlich bald durch das ganze verflossene Jahrhundert angesehen worden;
aussert das Mr. Mariotte in seinem Buch du Mouvement des Eaux, &
des autres Corps fluides, p.
50. und Hr. Sturm in einer Dissert. de
Aeris Mutationibus p.
20. gewahret/ daß auf dem Europeischen Hori-
zont die Winde gleichsam in dem Kreise umher lauffen/ also daß meisten-
theils auf den Westwind folge der Nord/ auf disen der Ost/ und endlich
der Sud- oder Mittag-wind/ welcher widerum in den Abendwind sich
verwandle. Hierauf wünschte/ daß in unseren Landen mehrere achtung ge-
geben wurde/ weilen man bis dahin den Lauff der Winden vor ganz unrich-
tig angesehen; dann so könte man nach und nach hier und da gewisse Reg-
len machen von abänderung des Wetters/ auf welche eher zu gehen were/ als
auf die meisten so genanten Bauren-Reglen im Kalender. Jn unseren
Eidgnössischen Landen sind mir bis dahin bekant zwey einige Orte/ da man
sich ordinari auf den Wind zuverlassen hat/ und gewiß vorsagen kan/
welcher morn/ ja bald das ganze Jahr hindurch/ zu der oder diser Tageszeit
wäyen werde; das einte Ort ist der Wallenstatter-See/ (Lacus Riva-
nus, Rivarius, Ripanus, Ripensis, Wallenstadiensis, Vesenius)
so oben
an die Grafschaft Sargans/ und das Stättlein Wallenstatt/ unten an
das Gaster/ und den Flecken Wesen stosset/ und dabey die Sez oder Ma-

gum

ſchen Theilen befreyet/ der Geſundheit weit undienlicher ſeye/ als wann er et-
liche Jahr gelegen; und ſollen ins beſonder die jenige/ welche der ſo genanten
Milzeſucht/ dem Nieren- oder Blaſenſtein/ dem Podagra/ Gleichſucht/ und
anderen dergleichen Tartariſchen/ oder vom zaͤchen irꝛdiſchen Schleim/ her-
ruͤhrenden Krankheiten unterworffen/ gewarnet ſeyn/ ſich vor unſerem neuen
Wein/ den wir gemeiniglich Suſer nennen/ zuhuͤten. Zu gefallen der
Wein-Liebhaberen werde dann und wann mehrere Anmerkungen diſem
Werklein einverleiben.

Reiſe uͤber den Wallenſtatter-See durch hilff eines
ordinari Nachwinds.

ES iſt bekant/ wie nicht nur zwiſchen beyden Tropicis oder Sonnen-
wend-Circlen/ unter der Linien/ ein allgemeiner Wind beſtaͤndig von
Morgen gegen Abend waͤyet/ ſondern andere gewiſſe Winde/ nach
welchen ſich die Schiff- und Kauffleuthe richten koͤnnen/ zu ordenlichen Zei-
ten blaſen/ in Europa hingegen die Bewegungen der Winden vor unor-
denlich bald durch das ganze verfloſſene Jahrhundert angeſehen worden;
auſſert das Mr. Mariotte in ſeinem Buch du Mouvement des Eaux, &
des autres Corps fluides, p.
50. und Hr. Sturm in einer Diſſert. de
Aeris Mutationibus p.
20. gewahret/ daß auf dem Europeiſchen Hori-
zont die Winde gleichſam in dem Kreiſe umher lauffen/ alſo daß meiſten-
theils auf den Weſtwind folge der Nord/ auf diſen der Oſt/ und endlich
der Sud- oder Mittag-wind/ welcher widerum in den Abendwind ſich
verwandle. Hierauf wuͤnſchte/ daß in unſeren Landen mehrere achtung ge-
geben wurde/ weilen man bis dahin den Lauff der Winden vor ganz unrich-
tig angeſehen; dann ſo koͤnte man nach und nach hier und da gewiſſe Reg-
len machen von abaͤnderung des Wetters/ auf welche eher zu gehen were/ als
auf die meiſten ſo genanten Bauren-Reglen im Kalender. Jn unſeren
Eidgnoͤſſiſchen Landen ſind mir bis dahin bekant zwey einige Orte/ da man
ſich ordinari auf den Wind zuverlaſſen hat/ und gewiß vorſagen kan/
welcher morn/ ja bald das ganze Jahr hindurch/ zu der oder diſer Tageszeit
waͤyen werde; das einte Ort iſt der Wallenſtatter-See/ (Lacus Riva-
nus, Rivarius, Ripanus, Ripenſis, Wallenſtadienſis, Veſenius)
ſo oben
an die Grafſchaft Sargans/ und das Staͤttlein Wallenſtatt/ unten an
das Gaſter/ und den Flecken Weſen ſtoſſet/ und dabey die Sez oder Ma-

gum
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0037" n="26"/>
&#x017F;chen Theilen befreyet/ der Ge&#x017F;undheit weit undienlicher &#x017F;eye/ als wann er et-<lb/>
liche Jahr gelegen; und &#x017F;ollen ins be&#x017F;onder die jenige/ welche der &#x017F;o genanten<lb/>
Milze&#x017F;ucht/ dem Nieren- oder Bla&#x017F;en&#x017F;tein/ dem Podagra/ Gleich&#x017F;ucht/ und<lb/>
anderen dergleichen Tartari&#x017F;chen/ oder vom za&#x0364;chen ir&#xA75B;di&#x017F;chen Schleim/ her-<lb/>
ru&#x0364;hrenden Krankheiten unterworffen/ gewarnet &#x017F;eyn/ &#x017F;ich vor un&#x017F;erem neuen<lb/>
Wein/ den wir gemeiniglich <hi rendition="#fr">Su&#x017F;er</hi> nennen/ zuhu&#x0364;ten. Zu gefallen der<lb/>
Wein-Liebhaberen werde dann und wann mehrere Anmerkungen di&#x017F;em<lb/>
Werklein einverleiben.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Rei&#x017F;e u&#x0364;ber den Wallen&#x017F;tatter-See durch hilff eines<lb/>
ordinari Nachwinds.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>S i&#x017F;t bekant/ wie nicht nur zwi&#x017F;chen beyden <hi rendition="#aq">Tropicis</hi> oder Sonnen-<lb/>
wend-Circlen/ unter der Linien/ ein allgemeiner Wind be&#x017F;ta&#x0364;ndig von<lb/>
Morgen gegen Abend wa&#x0364;yet/ &#x017F;ondern andere gewi&#x017F;&#x017F;e Winde/ nach<lb/>
welchen &#x017F;ich die Schiff- und Kauffleuthe richten ko&#x0364;nnen/ zu ordenlichen Zei-<lb/>
ten bla&#x017F;en/ in Europa hingegen die Bewegungen der Winden vor unor-<lb/>
denlich bald durch das ganze verflo&#x017F;&#x017F;ene Jahrhundert ange&#x017F;ehen worden;<lb/>
au&#x017F;&#x017F;ert das <hi rendition="#aq">Mr. Mariotte</hi> in &#x017F;einem Buch <hi rendition="#aq">du Mouvement des Eaux, &amp;<lb/>
des autres Corps fluides, p.</hi> 50. und Hr. Sturm in einer <hi rendition="#aq">Di&#x017F;&#x017F;ert. de<lb/>
Aeris Mutationibus p.</hi> 20. gewahret/ daß auf dem Europei&#x017F;chen Hori-<lb/>
zont die Winde gleich&#x017F;am in dem Krei&#x017F;e umher lauffen/ al&#x017F;o daß mei&#x017F;ten-<lb/>
theils auf den <hi rendition="#fr">We&#x017F;twind</hi> folge der <hi rendition="#fr">Nord/</hi> auf di&#x017F;en der <hi rendition="#fr">O&#x017F;t/</hi> und endlich<lb/>
der <hi rendition="#fr">Sud-</hi> oder <hi rendition="#fr">Mittag-wind/</hi> welcher widerum in den Abendwind &#x017F;ich<lb/>
verwandle. Hierauf wu&#x0364;n&#x017F;chte/ daß in un&#x017F;eren Landen mehrere achtung ge-<lb/>
geben wurde/ weilen man bis dahin den Lauff der Winden vor ganz unrich-<lb/>
tig ange&#x017F;ehen; dann &#x017F;o ko&#x0364;nte man nach und nach hier und da gewi&#x017F;&#x017F;e Reg-<lb/>
len machen von aba&#x0364;nderung des Wetters/ auf welche eher zu gehen were/ als<lb/>
auf die mei&#x017F;ten &#x017F;o genanten Bauren-Reglen im Kalender. Jn un&#x017F;eren<lb/>
Eidgno&#x0364;&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Landen &#x017F;ind mir bis dahin bekant zwey einige Orte/ da man<lb/>
&#x017F;ich ordinari auf den Wind zuverla&#x017F;&#x017F;en hat/ und gewiß vor&#x017F;agen kan/<lb/>
welcher morn/ ja bald das ganze Jahr hindurch/ zu der oder di&#x017F;er Tageszeit<lb/>
wa&#x0364;yen werde; das einte Ort i&#x017F;t der <hi rendition="#fr">Wallen&#x017F;tatter-See/</hi> <hi rendition="#aq">(Lacus Riva-<lb/>
nus, Rivarius, Ripanus, Ripen&#x017F;is, Wallen&#x017F;tadien&#x017F;is, Ve&#x017F;enius)</hi> &#x017F;o oben<lb/>
an die Graf&#x017F;chaft <hi rendition="#fr">Sargans/</hi> und das Sta&#x0364;ttlein <hi rendition="#fr">Wallen&#x017F;tatt/</hi> unten an<lb/>
das Ga&#x017F;ter/ und den Flecken <hi rendition="#fr">We&#x017F;en</hi> &#x017F;to&#x017F;&#x017F;et/ und dabey die <hi rendition="#fr">Sez</hi> oder <hi rendition="#aq">Ma-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">gum</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[26/0037] ſchen Theilen befreyet/ der Geſundheit weit undienlicher ſeye/ als wann er et- liche Jahr gelegen; und ſollen ins beſonder die jenige/ welche der ſo genanten Milzeſucht/ dem Nieren- oder Blaſenſtein/ dem Podagra/ Gleichſucht/ und anderen dergleichen Tartariſchen/ oder vom zaͤchen irꝛdiſchen Schleim/ her- ruͤhrenden Krankheiten unterworffen/ gewarnet ſeyn/ ſich vor unſerem neuen Wein/ den wir gemeiniglich Suſer nennen/ zuhuͤten. Zu gefallen der Wein-Liebhaberen werde dann und wann mehrere Anmerkungen diſem Werklein einverleiben. Reiſe uͤber den Wallenſtatter-See durch hilff eines ordinari Nachwinds. ES iſt bekant/ wie nicht nur zwiſchen beyden Tropicis oder Sonnen- wend-Circlen/ unter der Linien/ ein allgemeiner Wind beſtaͤndig von Morgen gegen Abend waͤyet/ ſondern andere gewiſſe Winde/ nach welchen ſich die Schiff- und Kauffleuthe richten koͤnnen/ zu ordenlichen Zei- ten blaſen/ in Europa hingegen die Bewegungen der Winden vor unor- denlich bald durch das ganze verfloſſene Jahrhundert angeſehen worden; auſſert das Mr. Mariotte in ſeinem Buch du Mouvement des Eaux, & des autres Corps fluides, p. 50. und Hr. Sturm in einer Diſſert. de Aeris Mutationibus p. 20. gewahret/ daß auf dem Europeiſchen Hori- zont die Winde gleichſam in dem Kreiſe umher lauffen/ alſo daß meiſten- theils auf den Weſtwind folge der Nord/ auf diſen der Oſt/ und endlich der Sud- oder Mittag-wind/ welcher widerum in den Abendwind ſich verwandle. Hierauf wuͤnſchte/ daß in unſeren Landen mehrere achtung ge- geben wurde/ weilen man bis dahin den Lauff der Winden vor ganz unrich- tig angeſehen; dann ſo koͤnte man nach und nach hier und da gewiſſe Reg- len machen von abaͤnderung des Wetters/ auf welche eher zu gehen were/ als auf die meiſten ſo genanten Bauren-Reglen im Kalender. Jn unſeren Eidgnoͤſſiſchen Landen ſind mir bis dahin bekant zwey einige Orte/ da man ſich ordinari auf den Wind zuverlaſſen hat/ und gewiß vorſagen kan/ welcher morn/ ja bald das ganze Jahr hindurch/ zu der oder diſer Tageszeit waͤyen werde; das einte Ort iſt der Wallenſtatter-See/ (Lacus Riva- nus, Rivarius, Ripanus, Ripenſis, Wallenſtadienſis, Veſenius) ſo oben an die Grafſchaft Sargans/ und das Staͤttlein Wallenſtatt/ unten an das Gaſter/ und den Flecken Weſen ſtoſſet/ und dabey die Sez oder Ma- gum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/37
Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/37>, abgerufen am 23.11.2024.