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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

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das Gebirge zuhart gewesen/ oder nicht genug aufgespalten worden/ befeh-
len/ daß die Arbeitsleuthe ihr Werk beförderen durch underweilige angies-
sung des Essigs da dann nicht so viel hier zu nöhtig gewesen/ als oben ver-
meint worden. Jch komme aber widerum auf vorhabende Materi/ und
gewahre/ daß an vilen Orten des Schweizerlands durch die hohen Gebirge
gefährliche/ schlimme Wege anzutreffen. Bald hat man müssen/ die Reise
abzukürzen/ durch die hartesten Felsen brechen/ wie zusehen bey dem so genan-
ten Neuen Weg nebst Wallenstart/ da einer seits der See/ anderseits die
Berge und Felsen: Die via mala, oder böse Weg/ in Pündten/ welche
auß dem Domleschg in das Schamserthal hinführt nebst dem Rhein/ so
vor zeiten durch den Weg selbs/ oder in gleicher höhe mit demselben geflossen/
nunaber weit tieffer durch ein ungeheur finsteres Tobel mit grossem geräusch
abfliesset: Der jenige Weg/ den man vom Splüger-Berg abzusteigen hat
gen Campodo lcino, und Cleven: Weiters ein anderer neuer Weg/ so
mit grossem fleiß und unkosten gemacht werden über die Albelen: Etwan
werden die gebrochene Felsen-Stücke wegen zwischen liegender tieffe zusa-
men geführt durch überlegte Balken/ und Läden/ wie dessen ein Exempel ist
die Teufelsbruk/ denen welche über den Gotthard zureisen haben/ hin und
wider auch die via mala. Etwan wird nebst denen hohen Felswänden
fortgeführt eine gleichsam hangende/ auf Balken/ so in die Felsen selbs ein-
gelassen/ ligende/ und hier oder dort unterstüzte Bruck/ oder gang/ wie ein
solcher passiert wird von Oberhalbstein in das Domleschger Thal-Oder/
man hat in mitten einer hohen Felswand zu gehen einen Weg/ der einer seits
nichts hat als Felsen/ anderseits neben ihm die freye Luft/ und under ihme ein
ungeheures tieffes Thal/ dessen ansicht auch dem herzhaftesten vermag schre-
ken/ und schwindel/ einzujagen: Ein solcher ist die so genante Wand/ an
der Schindlen/ oder Tscheingel/ einem gächstotzigen Berg/ welcher von Elm/
einem Dorf des Glarnerlands/ hinführt über den Berg Segnes in Pünd-
ten naher Flims. Hieher kan gezogen werden/ was der Poet von der Schif-
fahrt redet

-- -- digitis a morte remoti
vix quatuor, aut septem.

Mir ist keiner so entsetzlich und gefährlich vorkommen als diser; Auf der-
gleichen engen/ und gefährlichen Strassen hüten sich die Reisenden/ sonder-
bar aber die Säumer (welche mit ihren Saum Rossen die Wahren über
die Gebirge führen) daß sie einander nicht an solchen Orrten begegnen/ da
keiner außweichen/ und ohne gefahr widerum zuruk kommen kan.

Zum

das Gebirge zuhart geweſen/ oder nicht genug aufgeſpalten worden/ befeh-
len/ daß die Arbeitsleuthe ihr Werk befoͤrderen durch underweilige angieſ-
ſung des Eſſigs da dann nicht ſo viel hier zu noͤhtig geweſen/ als oben ver-
meint worden. Jch komme aber widerum auf vorhabende Materi/ und
gewahre/ daß an vilen Orten des Schweizerlands durch die hohen Gebirge
gefaͤhrliche/ ſchlimme Wege anzutreffen. Bald hat man muͤſſen/ die Reiſe
abzukuͤrzen/ durch die harteſten Felſen brechen/ wie zuſehen bey dem ſo genan-
ten Neuen Weg nebſt Wallenſtart/ da einer ſeits der See/ anderſeits die
Berge und Felſen: Die via mala, oder boͤſe Weg/ in Puͤndten/ welche
auß dem Domleſchg in das Schamſerthal hinfuͤhrt nebſt dem Rhein/ ſo
vor zeiten durch den Weg ſelbs/ oder in gleicher hoͤhe mit demſelben gefloſſen/
nunaber weit tieffer durch ein ungeheur finſteres Tobel mit groſſem geraͤuſch
abflieſſet: Der jenige Weg/ den man vom Spluͤger-Berg abzuſteigen hat
gen Campodo lcino, und Cleven: Weiters ein anderer neuer Weg/ ſo
mit groſſem fleiß und unkoſten gemacht werden uͤber die Albelen: Etwan
werden die gebrochene Felſen-Stuͤcke wegen zwiſchen liegender tieffe zuſa-
men gefuͤhrt durch uͤberlegte Balken/ und Laͤden/ wie deſſen ein Exempel iſt
die Teufelsbruk/ denen welche uͤber den Gotthard zureiſen haben/ hin und
wider auch die via mala. Etwan wird nebſt denen hohen Felſwaͤnden
fortgefuͤhrt eine gleichſam hangende/ auf Balken/ ſo in die Felſen ſelbs ein-
gelaſſen/ ligende/ und hier oder dort unterſtuͤzte Bruck/ oder gang/ wie ein
ſolcher paſſiert wird von Oberhalbſtein in das Domleſchger Thal-Oder/
man hat in mitten einer hohen Felſwand zu gehen einen Weg/ der einer ſeits
nichts hat als Felſen/ anderſeits neben ihm die freye Luft/ und under ihme ein
ungeheures tieffes Thal/ deſſen anſicht auch dem herzhafteſten vermag ſchre-
ken/ und ſchwindel/ einzujagen: Ein ſolcher iſt die ſo genante Wand/ an
der Schindlen/ oder Tſcheingel/ einem gaͤchſtotzigen Berg/ welcher von Elm/
einem Dorf des Glarnerlands/ hinfuͤhrt uͤber den Berg Segnes in Puͤnd-
ten naher Flims. Hieher kan gezogen werden/ was der Poet von der Schif-
fahrt redet

— — digitis à morte remoti
vix quatuor, aut ſeptem.

Mir iſt keiner ſo entſetzlich und gefaͤhrlich vorkommen als diſer; Auf der-
gleichen engen/ und gefaͤhrlichen Straſſen huͤten ſich die Reiſenden/ ſonder-
bar aber die Saͤumer (welche mit ihren Saum Roſſen die Wahren uͤber
die Gebirge fuͤhren) daß ſie einander nicht an ſolchen Orrten begegnen/ da
keiner außweichen/ und ohne gefahr widerum zuruk kommen kan.

Zum
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[(79)[79]/0102] das Gebirge zuhart geweſen/ oder nicht genug aufgeſpalten worden/ befeh- len/ daß die Arbeitsleuthe ihr Werk befoͤrderen durch underweilige angieſ- ſung des Eſſigs da dann nicht ſo viel hier zu noͤhtig geweſen/ als oben ver- meint worden. Jch komme aber widerum auf vorhabende Materi/ und gewahre/ daß an vilen Orten des Schweizerlands durch die hohen Gebirge gefaͤhrliche/ ſchlimme Wege anzutreffen. Bald hat man muͤſſen/ die Reiſe abzukuͤrzen/ durch die harteſten Felſen brechen/ wie zuſehen bey dem ſo genan- ten Neuen Weg nebſt Wallenſtart/ da einer ſeits der See/ anderſeits die Berge und Felſen: Die via mala, oder boͤſe Weg/ in Puͤndten/ welche auß dem Domleſchg in das Schamſerthal hinfuͤhrt nebſt dem Rhein/ ſo vor zeiten durch den Weg ſelbs/ oder in gleicher hoͤhe mit demſelben gefloſſen/ nunaber weit tieffer durch ein ungeheur finſteres Tobel mit groſſem geraͤuſch abflieſſet: Der jenige Weg/ den man vom Spluͤger-Berg abzuſteigen hat gen Campodo lcino, und Cleven: Weiters ein anderer neuer Weg/ ſo mit groſſem fleiß und unkoſten gemacht werden uͤber die Albelen: Etwan werden die gebrochene Felſen-Stuͤcke wegen zwiſchen liegender tieffe zuſa- men gefuͤhrt durch uͤberlegte Balken/ und Laͤden/ wie deſſen ein Exempel iſt die Teufelsbruk/ denen welche uͤber den Gotthard zureiſen haben/ hin und wider auch die via mala. Etwan wird nebſt denen hohen Felſwaͤnden fortgefuͤhrt eine gleichſam hangende/ auf Balken/ ſo in die Felſen ſelbs ein- gelaſſen/ ligende/ und hier oder dort unterſtuͤzte Bruck/ oder gang/ wie ein ſolcher paſſiert wird von Oberhalbſtein in das Domleſchger Thal-Oder/ man hat in mitten einer hohen Felſwand zu gehen einen Weg/ der einer ſeits nichts hat als Felſen/ anderſeits neben ihm die freye Luft/ und under ihme ein ungeheures tieffes Thal/ deſſen anſicht auch dem herzhafteſten vermag ſchre- ken/ und ſchwindel/ einzujagen: Ein ſolcher iſt die ſo genante Wand/ an der Schindlen/ oder Tſcheingel/ einem gaͤchſtotzigen Berg/ welcher von Elm/ einem Dorf des Glarnerlands/ hinfuͤhrt uͤber den Berg Segnes in Puͤnd- ten naher Flims. Hieher kan gezogen werden/ was der Poet von der Schif- fahrt redet — — digitis à morte remoti vix quatuor, aut ſeptem. Mir iſt keiner ſo entſetzlich und gefaͤhrlich vorkommen als diſer; Auf der- gleichen engen/ und gefaͤhrlichen Straſſen huͤten ſich die Reiſenden/ ſonder- bar aber die Saͤumer (welche mit ihren Saum Roſſen die Wahren uͤber die Gebirge fuͤhren) daß ſie einander nicht an ſolchen Orrten begegnen/ da keiner außweichen/ und ohne gefahr widerum zuruk kommen kan. Zum

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. (79)[79]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/102>, abgerufen am 23.11.2024.