Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_061.001 Die Aufgabe der Aesthetik beginnt meiner Ansicht nach psc_061.010 Die Aesthetik ist durch ihre speculative Richtung stark psc_061.012 Die Philologie hatte sich dann lange den ästhetischen psc_061.001 Die Aufgabe der Aesthetik beginnt meiner Ansicht nach psc_061.010 Die Aesthetik ist durch ihre speculative Richtung stark psc_061.012 Die Philologie hatte sich dann lange den ästhetischen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0077" n="61"/><lb n="psc_061.001"/> und Mißfallens, der Lust und Unlust (S. 5). Er hat aber <lb n="psc_061.002"/> nicht vorzugsweise die Poesie im Auge; und indem er von <lb n="psc_061.003"/> vornherein das Schöne auf allen Kunstgebieten aufsucht, ergeben <lb n="psc_061.004"/> sich gewisse Verrückungen der Gesichtspuncte, die mir <lb n="psc_061.005"/> nicht unwesentlich und die mir gefährlich scheinen. Den Begriff <lb n="psc_061.006"/> des Schönen, von dessen Erklärung (allerdings nur <lb n="psc_061.007"/> Vorstellung) Fechner ausgeht, suche ich so viel als möglich zu <lb n="psc_061.008"/> vermeiden — aus Gründen, welche die That rechtfertigen soll.</p> <lb n="psc_061.009"/> <p> Die Aufgabe der Aesthetik beginnt meiner Ansicht nach <lb n="psc_061.010"/> erst dann, wenn alles von unten auf ausgeführt ist.</p> <lb n="psc_061.011"/> <p> Die Aesthetik ist durch ihre speculative Richtung stark <lb n="psc_061.012"/> außer Contact gekommen mit der Litteraturgeschichte, mit der <lb n="psc_061.013"/> Philologie. Man sprach von vagem Aesthetisiren nicht mit <lb n="psc_061.014"/> Unrecht, und die Litteraturgeschichte sah eine Reihe von Aufgaben <lb n="psc_061.015"/> vor sich, Aufgaben ästhetischer Natur, zu denen aber <lb n="psc_061.016"/> die Aesthetik als Wissenschaft wenig beitrug. Suchte man <lb n="psc_061.017"/> die Hilfe, welche die Aesthetik debitirte, zu bestimmten philologischen <lb n="psc_061.018"/> Aufgaben z. B. zur Charakteristik eines bestimmten <lb n="psc_061.019"/> Dichters oder Gedichtes anzuwenden, so ergab sich ihre Unbrauchbarkeit, <lb n="psc_061.020"/> wenn man nicht bei allgemeinen und unbestimmten <lb n="psc_061.021"/> Phrasen stehen bleiben wollte, welche eben nicht zu <lb n="psc_061.022"/> charakterisiren im Stande waren. Die Litteraturgeschichte muß <lb n="psc_061.023"/> aber darauf ausgehen, ein lebendiges Bild der Jndividualität <lb n="psc_061.024"/> der einzelnen Dichter zu geben; und fragt sie bei der Aesthetik <lb n="psc_061.025"/> an, so findet sie nichts; man braucht bloß einmal die <lb n="psc_061.026"/> Charakteristiken dort anzusehen: überall erscheint „schwungvoll“ <lb n="psc_061.027"/> u. dgl.</p> <lb n="psc_061.028"/> <p> Die Philologie hatte sich dann lange den ästhetischen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [61/0077]
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und Mißfallens, der Lust und Unlust (S. 5). Er hat aber psc_061.002
nicht vorzugsweise die Poesie im Auge; und indem er von psc_061.003
vornherein das Schöne auf allen Kunstgebieten aufsucht, ergeben psc_061.004
sich gewisse Verrückungen der Gesichtspuncte, die mir psc_061.005
nicht unwesentlich und die mir gefährlich scheinen. Den Begriff psc_061.006
des Schönen, von dessen Erklärung (allerdings nur psc_061.007
Vorstellung) Fechner ausgeht, suche ich so viel als möglich zu psc_061.008
vermeiden — aus Gründen, welche die That rechtfertigen soll.
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Die Aufgabe der Aesthetik beginnt meiner Ansicht nach psc_061.010
erst dann, wenn alles von unten auf ausgeführt ist.
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Die Aesthetik ist durch ihre speculative Richtung stark psc_061.012
außer Contact gekommen mit der Litteraturgeschichte, mit der psc_061.013
Philologie. Man sprach von vagem Aesthetisiren nicht mit psc_061.014
Unrecht, und die Litteraturgeschichte sah eine Reihe von Aufgaben psc_061.015
vor sich, Aufgaben ästhetischer Natur, zu denen aber psc_061.016
die Aesthetik als Wissenschaft wenig beitrug. Suchte man psc_061.017
die Hilfe, welche die Aesthetik debitirte, zu bestimmten philologischen psc_061.018
Aufgaben z. B. zur Charakteristik eines bestimmten psc_061.019
Dichters oder Gedichtes anzuwenden, so ergab sich ihre Unbrauchbarkeit, psc_061.020
wenn man nicht bei allgemeinen und unbestimmten psc_061.021
Phrasen stehen bleiben wollte, welche eben nicht zu psc_061.022
charakterisiren im Stande waren. Die Litteraturgeschichte muß psc_061.023
aber darauf ausgehen, ein lebendiges Bild der Jndividualität psc_061.024
der einzelnen Dichter zu geben; und fragt sie bei der Aesthetik psc_061.025
an, so findet sie nichts; man braucht bloß einmal die psc_061.026
Charakteristiken dort anzusehen: überall erscheint „schwungvoll“ psc_061.027
u. dgl.
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Die Philologie hatte sich dann lange den ästhetischen
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