Es ergiebt sich nun aus allen diesen Betrachtungen sofort, psc_030.002 daß eine umfassende und rein abzugrenzende Wissenschaft psc_030.003 möglich ist, welche die Kunst der Rede systematisch behandelt. psc_030.004 Diese gesammte Kunst der Rede ist in dem traditionellen psc_030.005 Titel "Rhetorik Poetik Stilistik" enthalten. Aber psc_030.006 dieser deutet hin auf ein Fachwerk, welches auf Vereinzelung psc_030.007 der Disciplinen beruht. Wir constatirten dagegen, daß sich psc_030.008 die Forderung gerade nach einer umfassenden Betrachtung der psc_030.009 Kunst der Rede ergiebt. Und dieser gegenüber ist die Poetik psc_030.010 willkürlich ausgewählt, und ihre Grenzen nach der Seite der psc_030.011 Prosa verfließen, wenn man sich nicht auf die gebundene psc_030.012 Rede beschränken will.
psc_030.013
Strenge Systematik würde innerhalb der Kunst der Rede psc_030.014 unterscheiden: erstens die gebundene mit ihren Gattungen, psc_030.015 zweitens die ungebundene mit ihren Gattungen. Man müßte psc_030.016 ferner untersuchen was beiden gemeinsam ist und was jede psc_030.017 für sich besitzt.
psc_030.018
Jnsofern die Poetik für sich behandelt und nicht auf psc_030.019 gebundene Rede beschränkt wird, ist die Hereinziehung von psc_030.020 Stoff der ungebundenen Rede mehr oder weniger willkürlich. psc_030.021 Aber zum Theil ist die Abgrenzung doch sehr entschieden in psc_030.022 der Sache begründet, z. B. Epopöe und Prosaroman bieten psc_030.023 sehr weitgehende analoge Erscheinungen. Der historische Roman psc_030.024 nun leitet weiter zur Geschichtschreibung hinüber; da psc_030.025 muß man aber Halt machen. Die Wissenschaft in ungebundener psc_030.026 Rede ist ausgeschlossen. Jnnerhalb der Wissenschaft psc_030.027 kommt freilich die Scala der Darstellung zur Untersuchung. psc_030.028 Denn die Darstellung der Untersuchung ist eine Kunstform
psc_030.001
Es ergiebt sich nun aus allen diesen Betrachtungen sofort, psc_030.002 daß eine umfassende und rein abzugrenzende Wissenschaft psc_030.003 möglich ist, welche die Kunst der Rede systematisch behandelt. psc_030.004 Diese gesammte Kunst der Rede ist in dem traditionellen psc_030.005 Titel „Rhetorik Poetik Stilistik“ enthalten. Aber psc_030.006 dieser deutet hin auf ein Fachwerk, welches auf Vereinzelung psc_030.007 der Disciplinen beruht. Wir constatirten dagegen, daß sich psc_030.008 die Forderung gerade nach einer umfassenden Betrachtung der psc_030.009 Kunst der Rede ergiebt. Und dieser gegenüber ist die Poetik psc_030.010 willkürlich ausgewählt, und ihre Grenzen nach der Seite der psc_030.011 Prosa verfließen, wenn man sich nicht auf die gebundene psc_030.012 Rede beschränken will.
psc_030.013
Strenge Systematik würde innerhalb der Kunst der Rede psc_030.014 unterscheiden: erstens die gebundene mit ihren Gattungen, psc_030.015 zweitens die ungebundene mit ihren Gattungen. Man müßte psc_030.016 ferner untersuchen was beiden gemeinsam ist und was jede psc_030.017 für sich besitzt.
psc_030.018
Jnsofern die Poetik für sich behandelt und nicht auf psc_030.019 gebundene Rede beschränkt wird, ist die Hereinziehung von psc_030.020 Stoff der ungebundenen Rede mehr oder weniger willkürlich. psc_030.021 Aber zum Theil ist die Abgrenzung doch sehr entschieden in psc_030.022 der Sache begründet, z. B. Epopöe und Prosaroman bieten psc_030.023 sehr weitgehende analoge Erscheinungen. Der historische Roman psc_030.024 nun leitet weiter zur Geschichtschreibung hinüber; da psc_030.025 muß man aber Halt machen. Die Wissenschaft in ungebundener psc_030.026 Rede ist ausgeschlossen. Jnnerhalb der Wissenschaft psc_030.027 kommt freilich die Scala der Darstellung zur Untersuchung. psc_030.028 Denn die Darstellung der Untersuchung ist eine Kunstform
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0046"n="30"/><lbn="psc_030.001"/><p> Es ergiebt sich nun aus allen diesen Betrachtungen sofort, <lbn="psc_030.002"/>
daß eine umfassende und rein abzugrenzende Wissenschaft <lbn="psc_030.003"/>
möglich ist, welche die <hirendition="#g">Kunst der Rede</hi> systematisch behandelt. <lbn="psc_030.004"/>
Diese gesammte Kunst der Rede ist in dem traditionellen <lbn="psc_030.005"/>
Titel „Rhetorik Poetik Stilistik“ enthalten. Aber <lbn="psc_030.006"/>
dieser deutet hin auf ein Fachwerk, welches auf Vereinzelung <lbn="psc_030.007"/>
der Disciplinen beruht. Wir constatirten dagegen, daß sich <lbn="psc_030.008"/>
die Forderung gerade nach einer umfassenden Betrachtung der <lbn="psc_030.009"/>
Kunst der Rede ergiebt. Und dieser gegenüber ist die Poetik <lbn="psc_030.010"/>
willkürlich ausgewählt, und ihre Grenzen nach der Seite der <lbn="psc_030.011"/>
Prosa verfließen, wenn man sich nicht auf die gebundene <lbn="psc_030.012"/>
Rede beschränken will.</p><lbn="psc_030.013"/><p> Strenge Systematik würde innerhalb der Kunst der Rede <lbn="psc_030.014"/>
unterscheiden: erstens die gebundene mit ihren Gattungen, <lbn="psc_030.015"/>
zweitens die ungebundene mit ihren Gattungen. Man müßte <lbn="psc_030.016"/>
ferner untersuchen was beiden gemeinsam ist und was jede <lbn="psc_030.017"/>
für sich besitzt.</p><lbn="psc_030.018"/><p> Jnsofern die Poetik für sich behandelt und nicht auf <lbn="psc_030.019"/>
gebundene Rede beschränkt wird, ist die Hereinziehung von <lbn="psc_030.020"/>
Stoff der ungebundenen Rede mehr oder weniger willkürlich. <lbn="psc_030.021"/>
Aber zum Theil ist die Abgrenzung doch sehr entschieden in <lbn="psc_030.022"/>
der Sache begründet, z. B. Epopöe und Prosaroman bieten <lbn="psc_030.023"/>
sehr weitgehende analoge Erscheinungen. Der historische Roman <lbn="psc_030.024"/>
nun leitet weiter zur Geschichtschreibung hinüber; da <lbn="psc_030.025"/>
muß man aber Halt machen. Die Wissenschaft in ungebundener <lbn="psc_030.026"/>
Rede ist ausgeschlossen. Jnnerhalb der Wissenschaft <lbn="psc_030.027"/>
kommt freilich die Scala der Darstellung zur Untersuchung. <lbn="psc_030.028"/>
Denn die Darstellung der Untersuchung ist eine Kunstform
</p></div></div></div></body></text></TEI>
[30/0046]
psc_030.001
Es ergiebt sich nun aus allen diesen Betrachtungen sofort, psc_030.002
daß eine umfassende und rein abzugrenzende Wissenschaft psc_030.003
möglich ist, welche die Kunst der Rede systematisch behandelt. psc_030.004
Diese gesammte Kunst der Rede ist in dem traditionellen psc_030.005
Titel „Rhetorik Poetik Stilistik“ enthalten. Aber psc_030.006
dieser deutet hin auf ein Fachwerk, welches auf Vereinzelung psc_030.007
der Disciplinen beruht. Wir constatirten dagegen, daß sich psc_030.008
die Forderung gerade nach einer umfassenden Betrachtung der psc_030.009
Kunst der Rede ergiebt. Und dieser gegenüber ist die Poetik psc_030.010
willkürlich ausgewählt, und ihre Grenzen nach der Seite der psc_030.011
Prosa verfließen, wenn man sich nicht auf die gebundene psc_030.012
Rede beschränken will.
psc_030.013
Strenge Systematik würde innerhalb der Kunst der Rede psc_030.014
unterscheiden: erstens die gebundene mit ihren Gattungen, psc_030.015
zweitens die ungebundene mit ihren Gattungen. Man müßte psc_030.016
ferner untersuchen was beiden gemeinsam ist und was jede psc_030.017
für sich besitzt.
psc_030.018
Jnsofern die Poetik für sich behandelt und nicht auf psc_030.019
gebundene Rede beschränkt wird, ist die Hereinziehung von psc_030.020
Stoff der ungebundenen Rede mehr oder weniger willkürlich. psc_030.021
Aber zum Theil ist die Abgrenzung doch sehr entschieden in psc_030.022
der Sache begründet, z. B. Epopöe und Prosaroman bieten psc_030.023
sehr weitgehende analoge Erscheinungen. Der historische Roman psc_030.024
nun leitet weiter zur Geschichtschreibung hinüber; da psc_030.025
muß man aber Halt machen. Die Wissenschaft in ungebundener psc_030.026
Rede ist ausgeschlossen. Jnnerhalb der Wissenschaft psc_030.027
kommt freilich die Scala der Darstellung zur Untersuchung. psc_030.028
Denn die Darstellung der Untersuchung ist eine Kunstform
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/46>, abgerufen am 02.03.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.