psc_275.001 Vers in der wechselnden Zahl der Silben. Eigentlich ist es psc_275.002 dasselbe. Denken wir uns die Schemata. Die Regel des psc_275.003 Hexameters ist so:
psc_275.004
-BreveBreve -BreveBreve -BreveBreve -BreveBreve -BreveBreve -Breve (oder gar -BreveBreve)
psc_275.005
Tritt nun hiefür ein:
psc_275.006
- - - - - - - - - - -
psc_275.007
so ist das doch etwas ganz Analoges, wie wenn deutsch
psc_275.008
Breve- Breve- Breve- Breve-
psc_275.009
in - - - - übergehen kann. --
psc_275.010
Es wären nun alle Metra aller Nationen durchzugehen, psc_275.011 um zu erforschen, welche Gesichtspuncte bei der Bildung obwalten psc_275.012 konnten, welche Regeln des Gefallens befolgt, welcherlei psc_275.013 Lust erzeugt werden sollte. Zugleich wäre zu untersuchen, psc_275.014 ob sichtlich ist, daß für gewisse Stoffe und Dichtungsarten psc_275.015 gewisse Metra üblich waren und weshalb. Ob strophisch oder psc_275.016 unstrophisch. Vgl., was Strophen anlangt, oben "Publicum": psc_275.017 "Altes und Neues". Für das Musikalische wünscht man psc_275.018 Wiederholung, für den Text Abwechselung, Neues. Eine psc_275.019 Ausnahme macht nur der Refrain: der Chor fällt ein.
psc_275.020
Ferner ist die Frage, wie das Metrum auf die Sprache psc_275.021 wirkt, welche Forderungen an die Sprache von daher gestellt psc_275.022 werden und wie weit umgekehrt die Art des Rhythmus unter psc_275.023 dem Einfluß der Sprache steht. Z. B. Spondeen sind im psc_275.024 Deutschen schwer herzustellen; unser originaldeutscher Rhythmus psc_275.025 fragt gar nicht danach. Wollen wir aber antike psc_275.026 Rhythmen nachahmen, so wird durch die Forderung des psc_275.027 Spondeus die Wortwahl beeinflußt.
psc_275.028
So auch Trochäen: sie führen im Deutschen zu allerlei
psc_275.001 Vers in der wechselnden Zahl der Silben. Eigentlich ist es psc_275.002 dasselbe. Denken wir uns die Schemata. Die Regel des psc_275.003 Hexameters ist so:
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─́⏑⏑ ─́⏑⏑ ─́⏑⏑ ─́⏑⏑ ─́⏑⏑ ─́⏑ (oder gar ─́⏑⏑)
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Tritt nun hiefür ein:
psc_275.006
─́ ─ ─́ ─ ─́ ─ ─́ ─ ─́ ⏓⏓ ─́ ─
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so ist das doch etwas ganz Analoges, wie wenn deutsch
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⏑─́ ⏑─́ ⏑─́ ⏑─́
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in ─́ ─́ ─́ ─́ übergehen kann. —
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Es wären nun alle Metra aller Nationen durchzugehen, psc_275.011 um zu erforschen, welche Gesichtspuncte bei der Bildung obwalten psc_275.012 konnten, welche Regeln des Gefallens befolgt, welcherlei psc_275.013 Lust erzeugt werden sollte. Zugleich wäre zu untersuchen, psc_275.014 ob sichtlich ist, daß für gewisse Stoffe und Dichtungsarten psc_275.015 gewisse Metra üblich waren und weshalb. Ob strophisch oder psc_275.016 unstrophisch. Vgl., was Strophen anlangt, oben „Publicum“: psc_275.017 „Altes und Neues“. Für das Musikalische wünscht man psc_275.018 Wiederholung, für den Text Abwechselung, Neues. Eine psc_275.019 Ausnahme macht nur der Refrain: der Chor fällt ein.
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Ferner ist die Frage, wie das Metrum auf die Sprache psc_275.021 wirkt, welche Forderungen an die Sprache von daher gestellt psc_275.022 werden und wie weit umgekehrt die Art des Rhythmus unter psc_275.023 dem Einfluß der Sprache steht. Z. B. Spondeen sind im psc_275.024 Deutschen schwer herzustellen; unser originaldeutscher Rhythmus psc_275.025 fragt gar nicht danach. Wollen wir aber antike psc_275.026 Rhythmen nachahmen, so wird durch die Forderung des psc_275.027 Spondeus die Wortwahl beeinflußt.
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Wiederholung, für den Text Abwechselung, Neues. Eine psc_275.019
Ausnahme macht nur der Refrain: der Chor fällt ein.
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Ferner ist die Frage, wie das Metrum auf die Sprache psc_275.021
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Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/291>, abgerufen am 16.02.2025.
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