psc_241.001 dem Wort und der dargestellten Sache ist für uns willkürlich; psc_241.002 ob für den Ursprung der Bezeichnungsweise, ist hier gleichgiltig. psc_241.003 Das Wort wird Darstellung gewiß nur für Diejenigen, psc_241.004 die mit der Bedeutung der willkürlichen Zeichen psc_241.005 vertraut sind. Die Sprache ist nicht entstanden durch Willkür, psc_241.006 sondern durch Nothwendigkeit; aber nur in den seltenen psc_241.007 Fällen der Onomatopöie glauben wir nocheinen Zusammenhang psc_241.008 zwischen Wort und Gegenstand zu erkennen. Trotzdem sind psc_241.009 in der Sprache Möglichkeiten natürlicher Beziehung, unmittelbarer psc_241.010 Nachbildung. Z. B. das Nacheinander der Handlung psc_241.011 wird durch Nacheinander der Darstellung wiedergegeben. psc_241.012 Näheres im vierten Abschnitt.
psc_241.013
Größtentheils also arbeitet die Poesie doch mit willkürlichen psc_241.014 Zeichen, soweit sie sich der Sprache allein bedient. psc_241.015 Aber wenn die Poesie zum Drama wird, da ist Alles natürliches psc_241.016 Zeichen: Rolle; da wird die Poesie die directeste, vollständigste psc_241.017 nachahmende Darstellung, die es überhaupt giebt. psc_241.018 Auch die Bewegung wird ganz direct wiedergegeben. Und die psc_241.019 Worte sind Darstellung der Reden, wie sie von Menschen psc_241.020 in Wirklichkeit geführt werden. Das Drama ist also in psc_241.021 allen seinen Theilen Darstellung mit natürlichen Zeichen. psc_241.022 Deshalb steht das Drama im Mittelpunct der Poesie.
psc_241.023
Die Schauspielkunst, ihr Stil, ihre Fictionen, wie weit psc_241.024 Jllusion erstrebt wird, und welche Möglichkeit vorhanden ist, psc_241.025 sie zu erreichen, das müßte Alles in der Lehre vom Drama psc_241.026 näher zur Sprache kommen.
psc_241.027
Auch die Declamation wirkt nachahmend durch Tempo, psc_241.028 Stärke, begleitende Mimik.
psc_241.001 dem Wort und der dargestellten Sache ist für uns willkürlich; psc_241.002 ob für den Ursprung der Bezeichnungsweise, ist hier gleichgiltig. psc_241.003 Das Wort wird Darstellung gewiß nur für Diejenigen, psc_241.004 die mit der Bedeutung der willkürlichen Zeichen psc_241.005 vertraut sind. Die Sprache ist nicht entstanden durch Willkür, psc_241.006 sondern durch Nothwendigkeit; aber nur in den seltenen psc_241.007 Fällen der Onomatopöie glauben wir nocheinen Zusammenhang psc_241.008 zwischen Wort und Gegenstand zu erkennen. Trotzdem sind psc_241.009 in der Sprache Möglichkeiten natürlicher Beziehung, unmittelbarer psc_241.010 Nachbildung. Z. B. das Nacheinander der Handlung psc_241.011 wird durch Nacheinander der Darstellung wiedergegeben. psc_241.012 Näheres im vierten Abschnitt.
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Größtentheils also arbeitet die Poesie doch mit willkürlichen psc_241.014 Zeichen, soweit sie sich der Sprache allein bedient. psc_241.015 Aber wenn die Poesie zum Drama wird, da ist Alles natürliches psc_241.016 Zeichen: Rolle; da wird die Poesie die directeste, vollständigste psc_241.017 nachahmende Darstellung, die es überhaupt giebt. psc_241.018 Auch die Bewegung wird ganz direct wiedergegeben. Und die psc_241.019 Worte sind Darstellung der Reden, wie sie von Menschen psc_241.020 in Wirklichkeit geführt werden. Das Drama ist also in psc_241.021 allen seinen Theilen Darstellung mit natürlichen Zeichen. psc_241.022 Deshalb steht das Drama im Mittelpunct der Poesie.
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Die Schauspielkunst, ihr Stil, ihre Fictionen, wie weit psc_241.024 Jllusion erstrebt wird, und welche Möglichkeit vorhanden ist, psc_241.025 sie zu erreichen, das müßte Alles in der Lehre vom Drama psc_241.026 näher zur Sprache kommen.
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dem Wort und der dargestellten Sache ist für uns willkürlich; psc_241.002
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Deshalb steht das Drama im Mittelpunct der Poesie.
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Die Schauspielkunst, ihr Stil, ihre Fictionen, wie weit psc_241.024
Jllusion erstrebt wird, und welche Möglichkeit vorhanden ist, psc_241.025
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Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/257>, abgerufen am 16.02.2025.
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