Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_208.001 Über Entstehung der Mythologie s. o. Kap. 2 (Seite 116) psc_208.002 Über poetischen Gebrauch der Mythologie handelt z. B. psc_208.004 Natürlich rechne ich Alles hierher, was zu den übersinnlichen psc_208.006 Die äußere Welt kennen wir durch unsere Sinne; die psc_208.010 Das Stoffgebiet der Poesie ist also im Ganzen dasselbe psc_208.014 Durch diese Bemerkung wird die Angabe der Fundstellen psc_208.016 psc_208.001 Über Entstehung der Mythologie s. o. Kap. 2 (Seite 116) psc_208.002 Über poetischen Gebrauch der Mythologie handelt z. B. psc_208.004 Natürlich rechne ich Alles hierher, was zu den übersinnlichen psc_208.006 Die äußere Welt kennen wir durch unsere Sinne; die psc_208.010 Das Stoffgebiet der Poesie ist also im Ganzen dasselbe psc_208.014 Durch diese Bemerkung wird die Angabe der Fundstellen psc_208.016 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0224" n="208"/> <lb n="psc_208.001"/> <p> Über Entstehung der Mythologie s. o. Kap. 2 (Seite 116) <lb n="psc_208.002"/> in dem Abschnitt über Ursprung der Poesie.</p> <lb n="psc_208.003"/> <p> Über poetischen Gebrauch der Mythologie handelt z. B. <lb n="psc_208.004"/> Schlegel, Vorlesungen 1, 329 f.</p> <lb n="psc_208.005"/> <p> Natürlich rechne ich Alles hierher, was zu den übersinnlichen <lb n="psc_208.006"/> Vorstellungen der Religionen gehört, alle Begriffe <lb n="psc_208.007"/> von göttlichen Dingen, die Wunder Christi und der <lb n="psc_208.008"/> Heiligen. —</p> <lb n="psc_208.009"/> <p> Die äußere Welt kennen wir durch unsere Sinne; die <lb n="psc_208.010"/> innere Welt durch eigenes inneres Erleben, durch Selbstbeobachtung <lb n="psc_208.011"/> (das ganze Seelenleben ist darin eingeschlossen); <lb n="psc_208.012"/> die dritte durch Glauben und Vermuthen — Fiction.</p> <lb n="psc_208.013"/> <p> Das Stoffgebiet der Poesie ist also im Ganzen dasselbe <lb n="psc_208.014"/> wie das Stoffgebiet der Wissenschaft.</p> <lb n="psc_208.015"/> <p> Durch diese Bemerkung wird die Angabe der Fundstellen <lb n="psc_208.016"/> für poetischen Stoff sehr erleichtert und die Einsicht <lb n="psc_208.017"/> in das dichterische Geschäft befördert. Nun muß man eine <lb n="psc_208.018"/> Abgrenzung zwischen ihnen versuchen. Das Wesentlichste <lb n="psc_208.019"/> liegt im Unterschied der Behandlung: wie hat die Wissenschaft <lb n="psc_208.020"/> und wie die Poesie die Welt aufzufassen? 1) Jn der Poesie <lb n="psc_208.021"/> dürfen die Lücken der Forschung ohne Weiteres ausgefüllt <lb n="psc_208.022"/> werden, ein Recht, das z. B. Goethe in seiner Biographie <lb n="psc_208.023"/> ausgeübt hat: „Dichtung und Wahrheit“ Dasselbe zeigt <lb n="psc_208.024"/> schon die Existenz der Mythologie. Die Poesie braucht nicht <lb n="psc_208.025"/> wahr zu sein. Sie behält um der poetischen Brauchbarkeit <lb n="psc_208.026"/> willen überwundene Ansichten bei, z. B. Geisterglauben; sie <lb n="psc_208.027"/> fingirt an die griechischen Götter zu glauben u. s. w. 2) Die <lb n="psc_208.028"/> Poesie ist niemals, wie die Wissenschaft, zur vollständigen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [208/0224]
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Über Entstehung der Mythologie s. o. Kap. 2 (Seite 116) psc_208.002
in dem Abschnitt über Ursprung der Poesie.
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Über poetischen Gebrauch der Mythologie handelt z. B. psc_208.004
Schlegel, Vorlesungen 1, 329 f.
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Natürlich rechne ich Alles hierher, was zu den übersinnlichen psc_208.006
Vorstellungen der Religionen gehört, alle Begriffe psc_208.007
von göttlichen Dingen, die Wunder Christi und der psc_208.008
Heiligen. —
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Die äußere Welt kennen wir durch unsere Sinne; die psc_208.010
innere Welt durch eigenes inneres Erleben, durch Selbstbeobachtung psc_208.011
(das ganze Seelenleben ist darin eingeschlossen); psc_208.012
die dritte durch Glauben und Vermuthen — Fiction.
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Das Stoffgebiet der Poesie ist also im Ganzen dasselbe psc_208.014
wie das Stoffgebiet der Wissenschaft.
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Durch diese Bemerkung wird die Angabe der Fundstellen psc_208.016
für poetischen Stoff sehr erleichtert und die Einsicht psc_208.017
in das dichterische Geschäft befördert. Nun muß man eine psc_208.018
Abgrenzung zwischen ihnen versuchen. Das Wesentlichste psc_208.019
liegt im Unterschied der Behandlung: wie hat die Wissenschaft psc_208.020
und wie die Poesie die Welt aufzufassen? 1) Jn der Poesie psc_208.021
dürfen die Lücken der Forschung ohne Weiteres ausgefüllt psc_208.022
werden, ein Recht, das z. B. Goethe in seiner Biographie psc_208.023
ausgeübt hat: „Dichtung und Wahrheit“ Dasselbe zeigt psc_208.024
schon die Existenz der Mythologie. Die Poesie braucht nicht psc_208.025
wahr zu sein. Sie behält um der poetischen Brauchbarkeit psc_208.026
willen überwundene Ansichten bei, z. B. Geisterglauben; sie psc_208.027
fingirt an die griechischen Götter zu glauben u. s. w. 2) Die psc_208.028
Poesie ist niemals, wie die Wissenschaft, zur vollständigen
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