Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.psc_123.001 Durch alle diese Vermittlungen sind schon gewisse Formen psc_123.015 psc_123.001 Durch alle diese Vermittlungen sind schon gewisse Formen psc_123.015 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0139" n="123"/><lb n="psc_123.001"/> die Production dadurch vielfach verändert: denn die Factoren <lb n="psc_123.002"/> der Vermittlung zwischen Producent und Consument, d. h. <lb n="psc_123.003"/> zwischen Dichter und Publicum, sind außerordentlich complicirt <lb n="psc_123.004"/> geworden; und diese haben einen gewissen Einfluß <lb n="psc_123.005"/> auf die Production. Jetzt sind die Zeitungen solche Vermittler <lb n="psc_123.006"/> auch für die Poesie: sie theilen z. B. Romane im <lb n="psc_123.007"/> Feuilleton mit, Gedichte weniger. Sonst steht zwischen <lb n="psc_123.008"/> Dichter und Publicum der Verleger und der Sortimenter. <lb n="psc_123.009"/> Dazu kommen dann noch weitere Factoren, z. B. in Deutschland <lb n="psc_123.010"/> die Leihbibliothek. Alle diese Factoren wirken auf die <lb n="psc_123.011"/> poetische Production ein; sie tragen dazu bei den Preis <lb n="psc_123.012"/> zu bestimmen, sie stehen in Concurrenz und werben um das <lb n="psc_123.013"/> Publicum.</p> <lb n="psc_123.014"/> <p> Durch alle diese Vermittlungen sind schon gewisse Formen <lb n="psc_123.015"/> geschaffen, und Formen ganz neuer Art. Z. B. wäre <lb n="psc_123.016"/> das Feuilleton ohne das heutige Journalwesen nicht möglich; <lb n="psc_123.017"/> und es ist gar nicht mehr, was es eigentlich heißt. Ebenso <lb n="psc_123.018"/> ist es mit der Recension, der litterarischen Notiz. Andererseits <lb n="psc_123.019"/> sind in der neuen Form die alten Keime oft noch kenntlich; <lb n="psc_123.020"/> so vertritt die Tagesneuigkeit das uralte Element der <lb n="psc_123.021"/> Anekdote oder Novelle, das Herumtragen merkwürdiger Fälle, <lb n="psc_123.022"/> welches Kern des Märchens ist. Deshalb konnte Achim <lb n="psc_123.023"/> von Arnim den Dichtern rathen, ihren Stoff in der Zeitung <lb n="psc_123.024"/> zu suchen. Denn dies Element des Unterhaltenden ist das <lb n="psc_123.025"/> eigentliche Element der Poesie, und so repräsentirt die unterhaltende <lb n="psc_123.026"/> Nachricht in der heutigen großen politischen Zeitung <lb n="psc_123.027"/> die Poesie. Freilich sieht man näher zu, so ist vieles complicirter. <lb n="psc_123.028"/> Dann ergiebt eine Analyse z. B. eben des Feuilletons, </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [123/0139]
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die Production dadurch vielfach verändert: denn die Factoren psc_123.002
der Vermittlung zwischen Producent und Consument, d. h. psc_123.003
zwischen Dichter und Publicum, sind außerordentlich complicirt psc_123.004
geworden; und diese haben einen gewissen Einfluß psc_123.005
auf die Production. Jetzt sind die Zeitungen solche Vermittler psc_123.006
auch für die Poesie: sie theilen z. B. Romane im psc_123.007
Feuilleton mit, Gedichte weniger. Sonst steht zwischen psc_123.008
Dichter und Publicum der Verleger und der Sortimenter. psc_123.009
Dazu kommen dann noch weitere Factoren, z. B. in Deutschland psc_123.010
die Leihbibliothek. Alle diese Factoren wirken auf die psc_123.011
poetische Production ein; sie tragen dazu bei den Preis psc_123.012
zu bestimmen, sie stehen in Concurrenz und werben um das psc_123.013
Publicum.
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Durch alle diese Vermittlungen sind schon gewisse Formen psc_123.015
geschaffen, und Formen ganz neuer Art. Z. B. wäre psc_123.016
das Feuilleton ohne das heutige Journalwesen nicht möglich; psc_123.017
und es ist gar nicht mehr, was es eigentlich heißt. Ebenso psc_123.018
ist es mit der Recension, der litterarischen Notiz. Andererseits psc_123.019
sind in der neuen Form die alten Keime oft noch kenntlich; psc_123.020
so vertritt die Tagesneuigkeit das uralte Element der psc_123.021
Anekdote oder Novelle, das Herumtragen merkwürdiger Fälle, psc_123.022
welches Kern des Märchens ist. Deshalb konnte Achim psc_123.023
von Arnim den Dichtern rathen, ihren Stoff in der Zeitung psc_123.024
zu suchen. Denn dies Element des Unterhaltenden ist das psc_123.025
eigentliche Element der Poesie, und so repräsentirt die unterhaltende psc_123.026
Nachricht in der heutigen großen politischen Zeitung psc_123.027
die Poesie. Freilich sieht man näher zu, so ist vieles complicirter. psc_123.028
Dann ergiebt eine Analyse z. B. eben des Feuilletons,
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(2015-09-30T09:54:39Z)
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