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Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

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haben, etwas Grausiges, weil uns der Tod entsetzlich psc_106.002
ist, weil er hier von einem Menschen einem andern zugefügt psc_106.003
wird, mit Bedacht, nicht in der Leidenschaft, so daß man psc_106.004
das Tödten allmälig und sicher herankommen sieht. Ja psc_106.005
eine körperliche Sympathie mag hinzukommen, daß man den psc_106.006
Todesstreich fast selber fühlt; bringts doch die Vorstellung psc_106.007
körperlicher Schmerzen bis zu der Jllusion ihres Vorhandenseins psc_106.008
oder bis zur wirklichen Erregung der betreffenden psc_106.009
Nerven, um wie viel mehr in sinnlicher Anschauung des psc_106.010
wirklichen Vorganges.... Also gewiß schauerlich. Aber psc_106.011
das Schauerliche hat seinen Reiz, wie die Freude an Gespenstergeschichten psc_106.012
zeigt, die gerade in niedrigen Regionen psc_106.013
sehr stark vertreten ist, in niedrigen Regionen, die starke psc_106.014
Erregung brauchen, um überhaupt gerührt zu werden. Es psc_106.015
scheint also die starke Erregung, die Aufregung an sich ein psc_106.016
Vergnügen zu sein. Das Schauerliche muß eine gewisse psc_106.017
Befriedigung gewähren und zwar nicht bloß der Wißbegierde, psc_106.018
sondern etwas Elementares muß mitspielen. Die Aufregung psc_106.019
kann nun ein Vergnügen sein.

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Geistig a) weil die Aufregung ein Außersichsein, Absorbirtsein psc_106.021
ist, wodurch immer die unter c) beschriebene Wirkung psc_106.022
erzielt wird: die täglichen kleinen prosaischen Leiden sind zurückgedrängt. psc_106.023
Der Bauer, der sich eine Gespenstergeschichte psc_106.024
erzählen läßt, denkt nicht an die Steuern, die er zahlen muß, psc_106.025
nicht an die Prügel, die er vielleicht von seinem Weib bekommt, psc_106.026
nicht an den Regen, der zu lang ausbleibt, nicht an psc_106.027
die Wärme, die nicht kommen will, nicht an den Proceß, den psc_106.028
er führt, nicht an die Diebe, die ihm sein Obst stehlen, nicht

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haben, etwas Grausiges, weil uns der Tod entsetzlich psc_106.002
ist, weil er hier von einem Menschen einem andern zugefügt psc_106.003
wird, mit Bedacht, nicht in der Leidenschaft, so daß man psc_106.004
das Tödten allmälig und sicher herankommen sieht. Ja psc_106.005
eine körperliche Sympathie mag hinzukommen, daß man den psc_106.006
Todesstreich fast selber fühlt; bringts doch die Vorstellung psc_106.007
körperlicher Schmerzen bis zu der Jllusion ihres Vorhandenseins psc_106.008
oder bis zur wirklichen Erregung der betreffenden psc_106.009
Nerven, um wie viel mehr in sinnlicher Anschauung des psc_106.010
wirklichen Vorganges.... Also gewiß schauerlich. Aber psc_106.011
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zeigt, die gerade in niedrigen Regionen psc_106.013
sehr stark vertreten ist, in niedrigen Regionen, die starke psc_106.014
Erregung brauchen, um überhaupt gerührt zu werden. Es psc_106.015
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Vergnügen zu sein. Das Schauerliche muß eine gewisse psc_106.017
Befriedigung gewähren und zwar nicht bloß der Wißbegierde, psc_106.018
sondern etwas Elementares muß mitspielen. Die Aufregung psc_106.019
kann nun ein Vergnügen sein.

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  Geistig α) weil die Aufregung ein Außersichsein, Absorbirtsein psc_106.021
ist, wodurch immer die unter c) beschriebene Wirkung psc_106.022
erzielt wird: die täglichen kleinen prosaischen Leiden sind zurückgedrängt. psc_106.023
Der Bauer, der sich eine Gespenstergeschichte psc_106.024
erzählen läßt, denkt nicht an die Steuern, die er zahlen muß, psc_106.025
nicht an die Prügel, die er vielleicht von seinem Weib bekommt, psc_106.026
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[106/0122] psc_106.001 haben, etwas Grausiges, weil uns der Tod entsetzlich psc_106.002 ist, weil er hier von einem Menschen einem andern zugefügt psc_106.003 wird, mit Bedacht, nicht in der Leidenschaft, so daß man psc_106.004 das Tödten allmälig und sicher herankommen sieht. Ja psc_106.005 eine körperliche Sympathie mag hinzukommen, daß man den psc_106.006 Todesstreich fast selber fühlt; bringts doch die Vorstellung psc_106.007 körperlicher Schmerzen bis zu der Jllusion ihres Vorhandenseins psc_106.008 oder bis zur wirklichen Erregung der betreffenden psc_106.009 Nerven, um wie viel mehr in sinnlicher Anschauung des psc_106.010 wirklichen Vorganges.... Also gewiß schauerlich. Aber psc_106.011 das Schauerliche hat seinen Reiz, wie die Freude an Gespenstergeschichten psc_106.012 zeigt, die gerade in niedrigen Regionen psc_106.013 sehr stark vertreten ist, in niedrigen Regionen, die starke psc_106.014 Erregung brauchen, um überhaupt gerührt zu werden. Es psc_106.015 scheint also die starke Erregung, die Aufregung an sich ein psc_106.016 Vergnügen zu sein. Das Schauerliche muß eine gewisse psc_106.017 Befriedigung gewähren und zwar nicht bloß der Wißbegierde, psc_106.018 sondern etwas Elementares muß mitspielen. Die Aufregung psc_106.019 kann nun ein Vergnügen sein. psc_106.020   Geistig α) weil die Aufregung ein Außersichsein, Absorbirtsein psc_106.021 ist, wodurch immer die unter c) beschriebene Wirkung psc_106.022 erzielt wird: die täglichen kleinen prosaischen Leiden sind zurückgedrängt. psc_106.023 Der Bauer, der sich eine Gespenstergeschichte psc_106.024 erzählen läßt, denkt nicht an die Steuern, die er zahlen muß, psc_106.025 nicht an die Prügel, die er vielleicht von seinem Weib bekommt, psc_106.026 nicht an den Regen, der zu lang ausbleibt, nicht an psc_106.027 die Wärme, die nicht kommen will, nicht an den Proceß, den psc_106.028 er führt, nicht an die Diebe, die ihm sein Obst stehlen, nicht

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Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/122>, abgerufen am 29.11.2024.