Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888.

Bild:
<< vorherige Seite

psc_086.001
jetzt durch Analyse gewisser ursprünglicher Formen die Poesie psc_086.002
erkennen, folgende Puncte sich ergeben:

psc_086.003

Die Poesie entspringt aus dem Ausdrucke des Vergnügens psc_086.004
durch Springen, Jubeln, Lachen;

psc_086.005

Der ursprüngliche Gegenstand ist vermuthlich erotischer psc_086.006
Natur, doch sind vielerlei Gegenstände möglich;

psc_086.007

Der poetische Erfinder schlägt ein Fest vor, wobei eine psc_086.008
angenehme vergnügliche Vorstellung geweckt wird durch symbolische psc_086.009
Handlungen, mit denen sie durch Worte ausdrücklich psc_086.010
associirt wird, und wo eine weitere Verbindung mit den alten psc_086.011
Ausdrücken des Vergnügens, mit Springen und Singen, psc_086.012
stattfindet.

psc_086.013

Springen und Singen sind von Alters her mit Vergnügen psc_086.014
associirt und dadurch geeignet, Vorstellungen des psc_086.015
Vergnügens hervorzurufen.

psc_086.016

Mannigfaltig ist das Vergnügen, welches so gestiftet psc_086.017
wird. Bei jenem australischen Fest wird den Theilnehmern psc_086.018
geboten:

psc_086.019

a) Das Vergnügen einer bestimmten körperlichen Thätigkeit, psc_086.020
denn diese ist ja wirklich an sich Vergnügen;

psc_086.021

b) Diese bestimmte körperliche Thätigkeit (des Tanzens psc_086.022
und Singens) ist mit der Empfindung des Vergnügens im psc_086.023
Allgemeinen schon von Alters her associirt;

psc_086.024

c) Eine Association derselben findet statt mit einem bekannten psc_086.025
und nahe bevorstehenden speciellen Vergnügen;

psc_086.026

d) Die mit dem Vergnügen associirte symbolische Handlung psc_086.027
ist aber nur eine symbolische, d. h. theilweis ähnliche Handlung psc_086.028
und fordert die geistige Thätigkeit des Vergleichens und Ergänzens

psc_086.001
jetzt durch Analyse gewisser ursprünglicher Formen die Poesie psc_086.002
erkennen, folgende Puncte sich ergeben:

psc_086.003

  Die Poesie entspringt aus dem Ausdrucke des Vergnügens psc_086.004
durch Springen, Jubeln, Lachen;

psc_086.005

  Der ursprüngliche Gegenstand ist vermuthlich erotischer psc_086.006
Natur, doch sind vielerlei Gegenstände möglich;

psc_086.007

  Der poetische Erfinder schlägt ein Fest vor, wobei eine psc_086.008
angenehme vergnügliche Vorstellung geweckt wird durch symbolische psc_086.009
Handlungen, mit denen sie durch Worte ausdrücklich psc_086.010
associirt wird, und wo eine weitere Verbindung mit den alten psc_086.011
Ausdrücken des Vergnügens, mit Springen und Singen, psc_086.012
stattfindet.

psc_086.013

  Springen und Singen sind von Alters her mit Vergnügen psc_086.014
associirt und dadurch geeignet, Vorstellungen des psc_086.015
Vergnügens hervorzurufen.

psc_086.016

  Mannigfaltig ist das Vergnügen, welches so gestiftet psc_086.017
wird. Bei jenem australischen Fest wird den Theilnehmern psc_086.018
geboten:

psc_086.019

  a) Das Vergnügen einer bestimmten körperlichen Thätigkeit, psc_086.020
denn diese ist ja wirklich an sich Vergnügen;

psc_086.021

  b) Diese bestimmte körperliche Thätigkeit (des Tanzens psc_086.022
und Singens) ist mit der Empfindung des Vergnügens im psc_086.023
Allgemeinen schon von Alters her associirt;

psc_086.024

  c) Eine Association derselben findet statt mit einem bekannten psc_086.025
und nahe bevorstehenden speciellen Vergnügen;

psc_086.026

  d) Die mit dem Vergnügen associirte symbolische Handlung psc_086.027
ist aber nur eine symbolische, d. h. theilweis ähnliche Handlung psc_086.028
und fordert die geistige Thätigkeit des Vergleichens und Ergänzens

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0102" n="86"/><lb n="psc_086.001"/>
jetzt durch Analyse gewisser ursprünglicher Formen die Poesie <lb n="psc_086.002"/>
erkennen, folgende Puncte sich ergeben:</p>
          <lb n="psc_086.003"/>
          <p>  Die Poesie entspringt aus dem Ausdrucke des Vergnügens <lb n="psc_086.004"/>
durch Springen, Jubeln, Lachen;</p>
          <lb n="psc_086.005"/>
          <p>  Der ursprüngliche Gegenstand ist vermuthlich erotischer <lb n="psc_086.006"/>
Natur, doch sind vielerlei Gegenstände möglich;</p>
          <lb n="psc_086.007"/>
          <p>  Der poetische Erfinder schlägt ein Fest vor, wobei eine <lb n="psc_086.008"/>
angenehme vergnügliche Vorstellung geweckt wird durch symbolische <lb n="psc_086.009"/>
Handlungen, mit denen sie durch Worte ausdrücklich <lb n="psc_086.010"/>
associirt wird, und wo eine weitere Verbindung mit den alten <lb n="psc_086.011"/>
Ausdrücken des Vergnügens, mit Springen und Singen, <lb n="psc_086.012"/>
stattfindet.</p>
          <lb n="psc_086.013"/>
          <p>  Springen und Singen sind von Alters her mit Vergnügen <lb n="psc_086.014"/>
associirt und dadurch geeignet, Vorstellungen des <lb n="psc_086.015"/>
Vergnügens hervorzurufen.</p>
          <lb n="psc_086.016"/>
          <p>  Mannigfaltig ist das Vergnügen, welches so gestiftet <lb n="psc_086.017"/>
wird. Bei jenem australischen Fest wird den Theilnehmern <lb n="psc_086.018"/>
geboten:</p>
          <lb n="psc_086.019"/>
          <p>  <hi rendition="#aq">a</hi>) Das Vergnügen einer bestimmten körperlichen Thätigkeit, <lb n="psc_086.020"/>
denn diese ist ja wirklich an sich Vergnügen;</p>
          <lb n="psc_086.021"/>
          <p>  <hi rendition="#aq">b</hi>) Diese bestimmte körperliche Thätigkeit (des Tanzens <lb n="psc_086.022"/>
und Singens) ist mit der Empfindung des Vergnügens im <lb n="psc_086.023"/>
Allgemeinen schon von Alters her associirt;</p>
          <lb n="psc_086.024"/>
          <p>  <hi rendition="#aq">c</hi>) Eine Association derselben findet statt mit einem bekannten <lb n="psc_086.025"/>
und nahe bevorstehenden speciellen Vergnügen;</p>
          <lb n="psc_086.026"/>
          <p>  <hi rendition="#aq">d</hi>) Die mit dem Vergnügen associirte symbolische Handlung <lb n="psc_086.027"/>
ist aber nur eine symbolische, d. h. theilweis ähnliche Handlung <lb n="psc_086.028"/>
und fordert die geistige Thätigkeit des Vergleichens und Ergänzens
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0102] psc_086.001 jetzt durch Analyse gewisser ursprünglicher Formen die Poesie psc_086.002 erkennen, folgende Puncte sich ergeben: psc_086.003   Die Poesie entspringt aus dem Ausdrucke des Vergnügens psc_086.004 durch Springen, Jubeln, Lachen; psc_086.005   Der ursprüngliche Gegenstand ist vermuthlich erotischer psc_086.006 Natur, doch sind vielerlei Gegenstände möglich; psc_086.007   Der poetische Erfinder schlägt ein Fest vor, wobei eine psc_086.008 angenehme vergnügliche Vorstellung geweckt wird durch symbolische psc_086.009 Handlungen, mit denen sie durch Worte ausdrücklich psc_086.010 associirt wird, und wo eine weitere Verbindung mit den alten psc_086.011 Ausdrücken des Vergnügens, mit Springen und Singen, psc_086.012 stattfindet. psc_086.013   Springen und Singen sind von Alters her mit Vergnügen psc_086.014 associirt und dadurch geeignet, Vorstellungen des psc_086.015 Vergnügens hervorzurufen. psc_086.016   Mannigfaltig ist das Vergnügen, welches so gestiftet psc_086.017 wird. Bei jenem australischen Fest wird den Theilnehmern psc_086.018 geboten: psc_086.019   a) Das Vergnügen einer bestimmten körperlichen Thätigkeit, psc_086.020 denn diese ist ja wirklich an sich Vergnügen; psc_086.021   b) Diese bestimmte körperliche Thätigkeit (des Tanzens psc_086.022 und Singens) ist mit der Empfindung des Vergnügens im psc_086.023 Allgemeinen schon von Alters her associirt; psc_086.024   c) Eine Association derselben findet statt mit einem bekannten psc_086.025 und nahe bevorstehenden speciellen Vergnügen; psc_086.026   d) Die mit dem Vergnügen associirte symbolische Handlung psc_086.027 ist aber nur eine symbolische, d. h. theilweis ähnliche Handlung psc_086.028 und fordert die geistige Thätigkeit des Vergleichens und Ergänzens

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/102
Zitationshilfe: Scherer, Wilhelm: Poetik. Hrsg. v. Richard M. Meyer. Berlin, 1888, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scherer_poetik_1888/102>, abgerufen am 27.11.2024.