den und eignen Denken nicht ohne Anstrengung ergründet werden kann.
Selbst derjenige, der von Natur berufen ist, zuvor nicht bearbeitete Gegenstände in neuen Gebieten sich zu seiner Aufgabe zu neh¬ men, muß doch den Geist auf jene Weise geübt haben, um in diesen einst durchzudringen. Ohne dieß wird ihm auch im Selbstconstruiren immer nur ein desultorisches Verfahren und fragmentarisches Denken eigenthümlich bleiben. Die Wissenschaft zu durchdringen, vermag nur, wer sie bis zur Totalität gestalten und bis zu der Gewißheit in sich ausbilden kann, kein we¬ sentliches Mittelglied übersprungen, das Noth¬ wendige erschöpft zu haben.
Ein gewisser Ton der Popularität in den obersten Wissenschaften, kraft dessen sie gerade¬ zu jedermanns Ding und jeder Fassungskraft angemessen seyn sollten, hat die Scheu vor An¬ strengung so allgemein verbreitet, daß die Schlaffheit die es mit den Begriffen nicht zu genau nimmt, die angenehme Oberflächlichkeit und wohlgefällige Seichtigkeit sogar zur soge¬
den und eignen Denken nicht ohne Anſtrengung ergruͤndet werden kann.
Selbſt derjenige, der von Natur berufen iſt, zuvor nicht bearbeitete Gegenſtaͤnde in neuen Gebieten ſich zu ſeiner Aufgabe zu neh¬ men, muß doch den Geiſt auf jene Weiſe geuͤbt haben, um in dieſen einſt durchzudringen. Ohne dieß wird ihm auch im Selbſtconſtruiren immer nur ein deſultoriſches Verfahren und fragmentariſches Denken eigenthuͤmlich bleiben. Die Wiſſenſchaft zu durchdringen, vermag nur, wer ſie bis zur Totalitaͤt geſtalten und bis zu der Gewißheit in ſich ausbilden kann, kein we¬ ſentliches Mittelglied uͤberſprungen, das Noth¬ wendige erſchoͤpft zu haben.
Ein gewiſſer Ton der Popularitaͤt in den oberſten Wiſſenſchaften, kraft deſſen ſie gerade¬ zu jedermanns Ding und jeder Faſſungskraft angemeſſen ſeyn ſollten, hat die Scheu vor An¬ ſtrengung ſo allgemein verbreitet, daß die Schlaffheit die es mit den Begriffen nicht zu genau nimmt, die angenehme Oberflaͤchlichkeit und wohlgefaͤllige Seichtigkeit ſogar zur ſoge¬
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den und eignen Denken nicht ohne Anſtrengung
ergruͤndet werden kann.
Selbſt derjenige, der von Natur berufen
iſt, zuvor nicht bearbeitete Gegenſtaͤnde in
neuen Gebieten ſich zu ſeiner Aufgabe zu neh¬
men, muß doch den Geiſt auf jene Weiſe geuͤbt
haben, um in dieſen einſt durchzudringen.
Ohne dieß wird ihm auch im Selbſtconſtruiren
immer nur ein deſultoriſches Verfahren und
fragmentariſches Denken eigenthuͤmlich bleiben.
Die Wiſſenſchaft zu durchdringen, vermag nur,
wer ſie bis zur Totalitaͤt geſtalten und bis zu
der Gewißheit in ſich ausbilden kann, kein we¬
ſentliches Mittelglied uͤberſprungen, das Noth¬
wendige erſchoͤpft zu haben.
Ein gewiſſer Ton der Popularitaͤt in den
oberſten Wiſſenſchaften, kraft deſſen ſie gerade¬
zu jedermanns Ding und jeder Faſſungskraft
angemeſſen ſeyn ſollten, hat die Scheu vor An¬
ſtrengung ſo allgemein verbreitet, daß die
Schlaffheit die es mit den Begriffen nicht zu
genau nimmt, die angenehme Oberflaͤchlichkeit
und wohlgefaͤllige Seichtigkeit ſogar zur ſoge¬
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/72>, abgerufen am 27.11.2024.
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