wenn es zur Ueberzeugung von dieser Wahr¬ heit für die Verständigen noch etwas außer den allgemeinen Gründen bedürfte, wären es fol¬ gende Betrachtungen: daß in Ansehung dieses Gegenstandes das Experiment, die einzig mög¬ liche Art der Construction für die Empirie, an sich unmöglich ist, daß alle angebliche medici¬ nisch: Erfahrung ihrer Natur nach zweydeutig ist, und mittelst derselben über Werth oder Un¬ werth einer Lehre niemals entschieden werden kann, weil in jedem Fall die Möglichkeit bleibt, daß sie falsch angewendet worden: daß in diesem Theile des Wissens, wenn in irgend einem andern, die Erfahrung erst durch die Theorie möglich gemacht werde, wie die durch die Erregungstheorie gänzlich veränderte An¬ sicht aller vergangenen Erfahrung hinlänglich beurkundet. Zum Ueberfluß könnte man sich auf die Werke und Hervorbringungen derjeni¬ gen berufen, die ohne den geringsten Begriff oder einige Wissenschaft erster Grundsätze durch die Macht der Zeit getrieben die neue Lehre, obgleich sie ihnen unverständlich ist, dennoch in
wenn es zur Ueberzeugung von dieſer Wahr¬ heit fuͤr die Verſtaͤndigen noch etwas außer den allgemeinen Gruͤnden beduͤrfte, waͤren es fol¬ gende Betrachtungen: daß in Anſehung dieſes Gegenſtandes das Experiment, die einzig moͤg¬ liche Art der Conſtruction fuͤr die Empirie, an ſich unmoͤglich iſt, daß alle angebliche medici¬ niſch: Erfahrung ihrer Natur nach zweydeutig iſt, und mittelſt derſelben uͤber Werth oder Un¬ werth einer Lehre niemals entſchieden werden kann, weil in jedem Fall die Moͤglichkeit bleibt, daß ſie falſch angewendet worden: daß in dieſem Theile des Wiſſens, wenn in irgend einem andern, die Erfahrung erſt durch die Theorie moͤglich gemacht werde, wie die durch die Erregungstheorie gaͤnzlich veraͤnderte An¬ ſicht aller vergangenen Erfahrung hinlaͤnglich beurkundet. Zum Ueberfluß koͤnnte man ſich auf die Werke und Hervorbringungen derjeni¬ gen berufen, die ohne den geringſten Begriff oder einige Wiſſenſchaft erſter Grundſaͤtze durch die Macht der Zeit getrieben die neue Lehre, obgleich ſie ihnen unverſtaͤndlich iſt, dennoch in
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wenn es zur Ueberzeugung von dieſer Wahr¬
heit fuͤr die Verſtaͤndigen noch etwas außer den
allgemeinen Gruͤnden beduͤrfte, waͤren es fol¬
gende Betrachtungen: daß in Anſehung dieſes
Gegenſtandes das Experiment, die einzig moͤg¬
liche Art der Conſtruction fuͤr die Empirie, an
ſich unmoͤglich iſt, daß alle angebliche medici¬
niſch: Erfahrung ihrer Natur nach zweydeutig
iſt, und mittelſt derſelben uͤber Werth oder Un¬
werth einer Lehre niemals entſchieden werden
kann, weil in jedem Fall die Moͤglichkeit
bleibt, daß ſie falſch angewendet worden: daß
in dieſem Theile des Wiſſens, wenn in irgend
einem andern, die Erfahrung erſt durch die
Theorie moͤglich gemacht werde, wie die durch
die Erregungstheorie gaͤnzlich veraͤnderte An¬
ſicht aller vergangenen Erfahrung hinlaͤnglich
beurkundet. Zum Ueberfluß koͤnnte man ſich
auf die Werke und Hervorbringungen derjeni¬
gen berufen, die ohne den geringſten Begriff
oder einige Wiſſenſchaft erſter Grundſaͤtze durch
die Macht der Zeit getrieben die neue Lehre,
obgleich ſie ihnen unverſtaͤndlich iſt, dennoch in
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/305>, abgerufen am 22.11.2024.
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