Philosophie als Magd ihrer Scienz zu brau¬ chen, fleißig angefangen und zu diesem Behuf auch richtig immer das Naturrecht reformirt. Diese Art des Philosophirens äußert sich als ein Schnappen nach Begriffen, gleich viel wel¬ cher Art sie sind, nur daß sie eine Einzelheit seyen, damit der, welcher sie aufgefangen, durch die Mühe, die er sich giebt, die übrige Masse nach ihr zu verziehen, sich das Ansehen eines eignen Systems geben könne, das aber dann in kurzer Zeit wieder durch ein anderes eigenes verdrängt wird u. s. w.
Das erste Unternehmen, den Staat wie¬ der als reale Organisation zu construiren, war Fichte's Naturrecht. Wenn die bloß negative Seite der Verfassung, die nur auf Sicherstel¬ lung der Rechte geht, isolirt, und wenn von aller positiven Veranstaltung für die Energie die rhythmische Bewegung und die Schönheit des öffentlichen Lebens abstrahirt werden könn¬ te: so würde sich schwerlich überhaupt ein an¬ deres Resultat oder eine andere Form des Staats ausfindig machen lassen, als in jenem
Philoſophie als Magd ihrer Scienz zu brau¬ chen, fleißig angefangen und zu dieſem Behuf auch richtig immer das Naturrecht reformirt. Dieſe Art des Philoſophirens aͤußert ſich als ein Schnappen nach Begriffen, gleich viel wel¬ cher Art ſie ſind, nur daß ſie eine Einzelheit ſeyen, damit der, welcher ſie aufgefangen, durch die Muͤhe, die er ſich giebt, die uͤbrige Maſſe nach ihr zu verziehen, ſich das Anſehen eines eignen Syſtems geben koͤnne, das aber dann in kurzer Zeit wieder durch ein anderes eigenes verdraͤngt wird u. ſ. w.
Das erſte Unternehmen, den Staat wie¬ der als reale Organiſation zu conſtruiren, war Fichte's Naturrecht. Wenn die bloß negative Seite der Verfaſſung, die nur auf Sicherſtel¬ lung der Rechte geht, iſolirt, und wenn von aller poſitiven Veranſtaltung fuͤr die Energie die rhythmiſche Bewegung und die Schoͤnheit des oͤffentlichen Lebens abſtrahirt werden koͤnn¬ te: ſo wuͤrde ſich ſchwerlich uͤberhaupt ein an¬ deres Reſultat oder eine andere Form des Staats ausfindig machen laſſen, als in jenem
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0243"n="234"/>
Philoſophie als Magd ihrer Scienz zu brau¬<lb/>
chen, fleißig angefangen und zu dieſem Behuf<lb/>
auch richtig immer das Naturrecht reformirt.<lb/>
Dieſe Art des Philoſophirens aͤußert ſich als<lb/>
ein Schnappen nach Begriffen, gleich viel wel¬<lb/>
cher Art ſie ſind, nur daß ſie eine Einzelheit<lb/>ſeyen, damit der, welcher ſie aufgefangen,<lb/>
durch die Muͤhe, die er ſich giebt, die uͤbrige<lb/>
Maſſe nach ihr zu verziehen, ſich das Anſehen<lb/>
eines eignen Syſtems geben koͤnne, das aber<lb/>
dann in kurzer Zeit wieder durch ein anderes<lb/>
eigenes verdraͤngt wird u. ſ. w.</p><lb/><p>Das erſte Unternehmen, den Staat wie¬<lb/>
der als reale Organiſation zu conſtruiren, war<lb/>
Fichte's Naturrecht. Wenn die bloß negative<lb/>
Seite der Verfaſſung, die nur auf Sicherſtel¬<lb/>
lung der Rechte geht, iſolirt, und wenn von<lb/>
aller poſitiven Veranſtaltung fuͤr die Energie<lb/>
die rhythmiſche Bewegung und die Schoͤnheit<lb/>
des oͤffentlichen Lebens abſtrahirt werden koͤnn¬<lb/>
te: ſo wuͤrde ſich ſchwerlich uͤberhaupt ein an¬<lb/>
deres Reſultat oder eine andere Form des<lb/>
Staats ausfindig machen laſſen, als in jenem<lb/></p></div></body></text></TEI>
[234/0243]
Philoſophie als Magd ihrer Scienz zu brau¬
chen, fleißig angefangen und zu dieſem Behuf
auch richtig immer das Naturrecht reformirt.
Dieſe Art des Philoſophirens aͤußert ſich als
ein Schnappen nach Begriffen, gleich viel wel¬
cher Art ſie ſind, nur daß ſie eine Einzelheit
ſeyen, damit der, welcher ſie aufgefangen,
durch die Muͤhe, die er ſich giebt, die uͤbrige
Maſſe nach ihr zu verziehen, ſich das Anſehen
eines eignen Syſtems geben koͤnne, das aber
dann in kurzer Zeit wieder durch ein anderes
eigenes verdraͤngt wird u. ſ. w.
Das erſte Unternehmen, den Staat wie¬
der als reale Organiſation zu conſtruiren, war
Fichte's Naturrecht. Wenn die bloß negative
Seite der Verfaſſung, die nur auf Sicherſtel¬
lung der Rechte geht, iſolirt, und wenn von
aller poſitiven Veranſtaltung fuͤr die Energie
die rhythmiſche Bewegung und die Schoͤnheit
des oͤffentlichen Lebens abſtrahirt werden koͤnn¬
te: ſo wuͤrde ſich ſchwerlich uͤberhaupt ein an¬
deres Reſultat oder eine andere Form des
Staats ausfindig machen laſſen, als in jenem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/243>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.