Lassen Sie mich alles, was doch bloß Einleitung, Vorbereitung seyn könnte, abkür¬ zen und gleich unmittelbar zu dem Einen gelan¬ gen, wovon unsre ganze folgende Untersuchung abhängig seyn wird, und ohne das wir keinen Schritt zur Auflösung unserer Aufgabe thun können. Es ist die Idee des an sich selbst un¬ bedingten Wissens, welches schlechthin nur Ei¬ nes und in dem auch alles Wissen nur Eines ist, desjenigen Urwissens, welches, nur auf verschiedenen Stufen der erscheinenden idealen Welt sich in Zweige zerspaltend, in den gan¬ zen unermeßlichen Baum der Erkenntniß sich ausbreitet. Als das Wissen alles Wissens muß es dasjenige seyn, was die Foderung oder Vor¬ aussetzung, die in jeder Art desselben gemacht wird, aufs vollkommenste und nicht nur für den besondern Fall, sondern schlechthin allge¬ mein erfüllt und enthält. Man mag nun diese Voraussetzung als Uebereinstimmung mit dem Gegenstande, als reine Auflösung des Beson¬ dern in's Allgemeine oder wie immer ausdrü¬ cken, so ist diese weder überhaupt, noch in ir¬
Laſſen Sie mich alles, was doch bloß Einleitung, Vorbereitung ſeyn koͤnnte, abkuͤr¬ zen und gleich unmittelbar zu dem Einen gelan¬ gen, wovon unſre ganze folgende Unterſuchung abhaͤngig ſeyn wird, und ohne das wir keinen Schritt zur Aufloͤſung unſerer Aufgabe thun koͤnnen. Es iſt die Idee des an ſich ſelbſt un¬ bedingten Wiſſens, welches ſchlechthin nur Ei¬ nes und in dem auch alles Wiſſen nur Eines iſt, desjenigen Urwiſſens, welches, nur auf verſchiedenen Stufen der erſcheinenden idealen Welt ſich in Zweige zerſpaltend, in den gan¬ zen unermeßlichen Baum der Erkenntniß ſich ausbreitet. Als das Wiſſen alles Wiſſens muß es dasjenige ſeyn, was die Foderung oder Vor¬ ausſetzung, die in jeder Art deſſelben gemacht wird, aufs vollkommenſte und nicht nur fuͤr den beſondern Fall, ſondern ſchlechthin allge¬ mein erfuͤllt und enthaͤlt. Man mag nun dieſe Vorausſetzung als Uebereinſtimmung mit dem Gegenſtande, als reine Aufloͤſung des Beſon¬ dern in's Allgemeine oder wie immer ausdruͤ¬ cken, ſo iſt dieſe weder uͤberhaupt, noch in ir¬
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Laſſen Sie mich alles, was doch bloß
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abhaͤngig ſeyn wird, und ohne das wir keinen
Schritt zur Aufloͤſung unſerer Aufgabe thun
koͤnnen. Es iſt die Idee des an ſich ſelbſt un¬
bedingten Wiſſens, welches ſchlechthin nur Ei¬
nes und in dem auch alles Wiſſen nur Eines
iſt, desjenigen Urwiſſens, welches, nur auf
verſchiedenen Stufen der erſcheinenden idealen
Welt ſich in Zweige zerſpaltend, in den gan¬
zen unermeßlichen Baum der Erkenntniß ſich
ausbreitet. Als das Wiſſen alles Wiſſens muß
es dasjenige ſeyn, was die Foderung oder Vor¬
ausſetzung, die in jeder Art deſſelben gemacht
wird, aufs vollkommenſte und nicht nur fuͤr
den beſondern Fall, ſondern ſchlechthin allge¬
mein erfuͤllt und enthaͤlt. Man mag nun dieſe
Vorausſetzung als Uebereinſtimmung mit dem
Gegenſtande, als reine Aufloͤſung des Beſon¬
dern in's Allgemeine oder wie immer ausdruͤ¬
cken, ſo iſt dieſe weder uͤberhaupt, noch in ir¬
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/20>, abgerufen am 21.11.2024.
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