ben nach jener Harmonie, oder wohl gar nur das lebhaft gefühlte Bedürfniß derselben, für das Vermögen halten, sie auch äußerlich zu of¬ fenbaren, werden ohne die höhere Bedingung mehr nur die Sehnsucht nach Poesie und Phi¬ losophie, als sie selbst, ausdrücken, in beyden auf das Formlose wirken, in der Philosophie das System verrufen, das sie, gleicherweise, zu machen und als Symbolik zu verstehen unfä¬ hig sind.
Auch Poesie also und Philosophie, welche eine andere Art des Dilettantismus entgegen¬ setzt, sind sich darin gleich, daß zu beyden ein aus sich selbst gezeugtes, ursprünglich ausge¬ bohrnes Bild der Welt erfodert wird. Der größere Theil hält sich mit einem bloß socialen Bild der Welt zur Kunst hinlänglich ausgerü¬ stet und fähig, die ewigen Ideen derselben aus¬ zudrücken: immer noch der bessere im Ver¬ gleich mit jenen, die ohne die geringste Erfah¬ rung der Welt, mit der Einfalt der Kinder, trübselig dichten. Der Empirismus ist in der Poesie eben so wohl und allgemeiner als in der
ben nach jener Harmonie, oder wohl gar nur das lebhaft gefuͤhlte Beduͤrfniß derſelben, fuͤr das Vermoͤgen halten, ſie auch aͤußerlich zu of¬ fenbaren, werden ohne die hoͤhere Bedingung mehr nur die Sehnſucht nach Poeſie und Phi¬ loſophie, als ſie ſelbſt, ausdruͤcken, in beyden auf das Formloſe wirken, in der Philoſophie das Syſtem verrufen, das ſie, gleicherweiſe, zu machen und als Symbolik zu verſtehen unfaͤ¬ hig ſind.
Auch Poeſie alſo und Philoſophie, welche eine andere Art des Dilettantismus entgegen¬ ſetzt, ſind ſich darin gleich, daß zu beyden ein aus ſich ſelbſt gezeugtes, urſpruͤnglich ausge¬ bohrnes Bild der Welt erfodert wird. Der groͤßere Theil haͤlt ſich mit einem bloß ſocialen Bild der Welt zur Kunſt hinlaͤnglich ausgeruͤ¬ ſtet und faͤhig, die ewigen Ideen derſelben aus¬ zudruͤcken: immer noch der beſſere im Ver¬ gleich mit jenen, die ohne die geringſte Erfah¬ rung der Welt, mit der Einfalt der Kinder, truͤbſelig dichten. Der Empirismus iſt in der Poeſie eben ſo wohl und allgemeiner als in der
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ben nach jener Harmonie, oder wohl gar nur
das lebhaft gefuͤhlte Beduͤrfniß derſelben, fuͤr
das Vermoͤgen halten, ſie auch aͤußerlich zu of¬
fenbaren, werden ohne die hoͤhere Bedingung
mehr nur die Sehnſucht nach Poeſie und Phi¬
loſophie, als ſie ſelbſt, ausdruͤcken, in beyden
auf das Formloſe wirken, in der Philoſophie
das Syſtem verrufen, das ſie, gleicherweiſe, zu
machen und als Symbolik zu verſtehen unfaͤ¬
hig ſind.
Auch Poeſie alſo und Philoſophie, welche
eine andere Art des Dilettantismus entgegen¬
ſetzt, ſind ſich darin gleich, daß zu beyden ein
aus ſich ſelbſt gezeugtes, urſpruͤnglich ausge¬
bohrnes Bild der Welt erfodert wird. Der
groͤßere Theil haͤlt ſich mit einem bloß ſocialen
Bild der Welt zur Kunſt hinlaͤnglich ausgeruͤ¬
ſtet und faͤhig, die ewigen Ideen derſelben aus¬
zudruͤcken: immer noch der beſſere im Ver¬
gleich mit jenen, die ohne die geringſte Erfah¬
rung der Welt, mit der Einfalt der Kinder,
truͤbſelig dichten. Der Empirismus iſt in der
Poeſie eben ſo wohl und allgemeiner als in der
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/160>, abgerufen am 22.11.2024.
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