Die wahre Vernichtung der Natur ist allerdings die, sie zu einem Ganzen absoluter Qualitäten, Beschränktheiten und Affectionen zu machen, welche gleichsam für ideale Atomen gelten können. Im Uebrigen bedarf es keines Beweises, daß eine Philosophie, die irgend ei¬ nen Gegensatz zurückläßt und nicht wahrhaft die absolute Harmonie hergestellt hat, auch nicht zum absoluten Wissen durchgedrungen sey und noch weniger dazu bilden könne.
Die Aufgabe, die sich jeder setzen muß, unmittelbar, wie er zur Philosophie gelangt, ist: die Eine wahrhaft absolute Erkenntniß, die ihrer Natur nach auch eine Erkenntniß des Absoluten ist, bis zur Totalität und bis zum vollkommnen Begreifen des Allen in Einem zu verfolgen. Die Philosophie öffnet in dem Ab¬ soluten und der Entfernung aller Gegensätze, wodurch dieses selbst wieder, es sey auf subje¬ ctive oder objective Weise, in eine Beschränktheit verwandelt worden ist, nicht nur überhaupt das Reich der Ideen, sondern auch den wahren Ur¬
Die wahre Vernichtung der Natur iſt allerdings die, ſie zu einem Ganzen abſoluter Qualitaͤten, Beſchraͤnktheiten und Affectionen zu machen, welche gleichſam fuͤr ideale Atomen gelten koͤnnen. Im Uebrigen bedarf es keines Beweiſes, daß eine Philoſophie, die irgend ei¬ nen Gegenſatz zuruͤcklaͤßt und nicht wahrhaft die abſolute Harmonie hergeſtellt hat, auch nicht zum abſoluten Wiſſen durchgedrungen ſey und noch weniger dazu bilden koͤnne.
Die Aufgabe, die ſich jeder ſetzen muß, unmittelbar, wie er zur Philoſophie gelangt, iſt: die Eine wahrhaft abſolute Erkenntniß, die ihrer Natur nach auch eine Erkenntniß des Abſoluten iſt, bis zur Totalitaͤt und bis zum vollkommnen Begreifen des Allen in Einem zu verfolgen. Die Philoſophie oͤffnet in dem Ab¬ ſoluten und der Entfernung aller Gegenſaͤtze, wodurch dieſes ſelbſt wieder, es ſey auf ſubje¬ ctive oder objective Weiſe, in eine Beſchraͤnktheit verwandelt worden iſt, nicht nur uͤberhaupt das Reich der Ideen, ſondern auch den wahren Ur¬
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Die wahre Vernichtung der Natur iſt
allerdings die, ſie zu einem Ganzen abſoluter
Qualitaͤten, Beſchraͤnktheiten und Affectionen
zu machen, welche gleichſam fuͤr ideale Atomen
gelten koͤnnen. Im Uebrigen bedarf es keines
Beweiſes, daß eine Philoſophie, die irgend ei¬
nen Gegenſatz zuruͤcklaͤßt und nicht wahrhaft
die abſolute Harmonie hergeſtellt hat, auch
nicht zum abſoluten Wiſſen durchgedrungen
ſey und noch weniger dazu bilden koͤnne.
Die Aufgabe, die ſich jeder ſetzen muß,
unmittelbar, wie er zur Philoſophie gelangt,
iſt: die Eine wahrhaft abſolute Erkenntniß,
die ihrer Natur nach auch eine Erkenntniß des
Abſoluten iſt, bis zur Totalitaͤt und bis zum
vollkommnen Begreifen des Allen in Einem zu
verfolgen. Die Philoſophie oͤffnet in dem Ab¬
ſoluten und der Entfernung aller Gegenſaͤtze,
wodurch dieſes ſelbſt wieder, es ſey auf ſubje¬
ctive oder objective Weiſe, in eine Beſchraͤnktheit
verwandelt worden iſt, nicht nur uͤberhaupt das
Reich der Ideen, ſondern auch den wahren Ur¬
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/149>, abgerufen am 22.11.2024.
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