ter Logik eine rein formale, sich den Inhalt oder die Materie des Wissens entgegensetzende, Wissenschaft, so wäre diese an sich eine der Philosophie direct entgegengesetzte Scienz, da diese eben auf die absolute Einheit der Form und des Wesens geht, oder; in wie fern sie den Stoff, in empirischer Bedeutung, als das Concrete, von sich absondert; eben die absolute Realität, die zugleich absolute Idea¬ lität ist, darstellt. Sie ist demnach eine ganz empirische Doctrin, welche die Gesetze des ge¬ meinen Verstandes als absolute aufstellt, z. B. daß von zwey contradictorisch entgegen¬ gesetzten Begriffen jedem Wesen nur Einer zu¬ komme, was in der Sphäre der Endlichkeit seine vollkommne Richtigkeit hat, nicht aber in der Spekulation, die nur in der Gleich¬ setzung Entgegengesetzter ihren Anfang hat. Auf gleiche Weise stellt sie Gesetze des Ver¬ standesgebrauchs in seinen verschiedenen Func¬ tionen als Urtheilen, Eintheilen, Schließen auf. Aber wie? Ganz empirisch, ohne ihre Nothwendigkeit zu beweisen, wegen der sie
ter Logik eine rein formale, ſich den Inhalt oder die Materie des Wiſſens entgegenſetzende, Wiſſenſchaft, ſo waͤre dieſe an ſich eine der Philoſophie direct entgegengeſetzte Scienz, da dieſe eben auf die abſolute Einheit der Form und des Weſens geht, oder; in wie fern ſie den Stoff, in empiriſcher Bedeutung, als das Concrete, von ſich abſondert; eben die abſolute Realitaͤt, die zugleich abſolute Idea¬ litaͤt iſt, darſtellt. Sie iſt demnach eine ganz empiriſche Doctrin, welche die Geſetze des ge¬ meinen Verſtandes als abſolute aufſtellt, z. B. daß von zwey contradictoriſch entgegen¬ geſetzten Begriffen jedem Weſen nur Einer zu¬ komme, was in der Sphaͤre der Endlichkeit ſeine vollkommne Richtigkeit hat, nicht aber in der Spekulation, die nur in der Gleich¬ ſetzung Entgegengeſetzter ihren Anfang hat. Auf gleiche Weiſe ſtellt ſie Geſetze des Ver¬ ſtandesgebrauchs in ſeinen verſchiedenen Func¬ tionen als Urtheilen, Eintheilen, Schließen auf. Aber wie? Ganz empiriſch, ohne ihre Nothwendigkeit zu beweiſen, wegen der ſie
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ter Logik eine rein formale, ſich den Inhalt
oder die Materie des Wiſſens entgegenſetzende,
Wiſſenſchaft, ſo waͤre dieſe an ſich eine der
Philoſophie direct entgegengeſetzte Scienz, da
dieſe eben auf die abſolute Einheit der Form
und des Weſens geht, oder; in wie fern ſie
den Stoff, in empiriſcher Bedeutung, als
das Concrete, von ſich abſondert; eben die
abſolute Realitaͤt, die zugleich abſolute Idea¬
litaͤt iſt, darſtellt. Sie iſt demnach eine ganz
empiriſche Doctrin, welche die Geſetze des ge¬
meinen Verſtandes als abſolute aufſtellt,
z. B. daß von zwey contradictoriſch entgegen¬
geſetzten Begriffen jedem Weſen nur Einer zu¬
komme, was in der Sphaͤre der Endlichkeit
ſeine vollkommne Richtigkeit hat, nicht aber
in der Spekulation, die nur in der Gleich¬
ſetzung Entgegengeſetzter ihren Anfang hat.
Auf gleiche Weiſe ſtellt ſie Geſetze des Ver¬
ſtandesgebrauchs in ſeinen verſchiedenen Func¬
tionen als Urtheilen, Eintheilen, Schließen
auf. Aber wie? Ganz empiriſch, ohne ihre
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/137>, abgerufen am 25.11.2024.
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