Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

dieselbe von verschiedenen Seiten angesehene
Wissenschaft seyn.

Die Formen der Mathematik, wie sie
jetzt verstanden werden, sind Symbole, für
welche denen, die sie besitzen, der Schlüssel
verloren gegangen ist, den, nach sichern Spu¬
ren und Nachrichten der Alten, noch Euklides
besaß. Der Weg zur Wiedererfindung kann
nur der seyn, sie durchaus als Formen reiner
Vernunft und Ausdrücke von Ideen zu begrei¬
fen, die sich in der objectiven Gestalt in ein
anderes verwandelt zeigen. Je weniger der ge¬
genwärtige Unterricht der Mathematik geeignet
seyn möchte, zu dem ursprünglichen Sinn die¬
ser Formen zurückzuführen, desto mehr wird
die Philosophie auf dem nun betretenen Wege
auch die Mittel der Enträthselung und der
Wiederherstellung jener uralten Wissenschaft an
die Hand geben.

Der Lehrling achte fürnehmlich ja einzig
auf diese Möglichkeit, so wie auf den bedeuten¬
den Gegensatz der Geometrie und Analysis, der

dieſelbe von verſchiedenen Seiten angeſehene
Wiſſenſchaft ſeyn.

Die Formen der Mathematik, wie ſie
jetzt verſtanden werden, ſind Symbole, fuͤr
welche denen, die ſie beſitzen, der Schluͤſſel
verloren gegangen iſt, den, nach ſichern Spu¬
ren und Nachrichten der Alten, noch Euklides
beſaß. Der Weg zur Wiedererfindung kann
nur der ſeyn, ſie durchaus als Formen reiner
Vernunft und Ausdruͤcke von Ideen zu begrei¬
fen, die ſich in der objectiven Geſtalt in ein
anderes verwandelt zeigen. Je weniger der ge¬
genwaͤrtige Unterricht der Mathematik geeignet
ſeyn moͤchte, zu dem urſpruͤnglichen Sinn die¬
ſer Formen zuruͤckzufuͤhren, deſto mehr wird
die Philoſophie auf dem nun betretenen Wege
auch die Mittel der Entraͤthſelung und der
Wiederherſtellung jener uralten Wiſſenſchaft an
die Hand geben.

Der Lehrling achte fuͤrnehmlich ja einzig
auf dieſe Moͤglichkeit, ſo wie auf den bedeuten¬
den Gegenſatz der Geometrie und Analyſis, der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0104" n="95"/>
die&#x017F;elbe von ver&#x017F;chiedenen Seiten ange&#x017F;ehene<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft &#x017F;eyn.</p><lb/>
        <p>Die Formen der Mathematik, wie &#x017F;ie<lb/>
jetzt ver&#x017F;tanden werden, &#x017F;ind Symbole, fu&#x0364;r<lb/>
welche denen, die &#x017F;ie be&#x017F;itzen, der Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el<lb/>
verloren gegangen i&#x017F;t, den, nach &#x017F;ichern Spu¬<lb/>
ren und Nachrichten der Alten, noch Euklides<lb/>
be&#x017F;aß. Der Weg zur Wiedererfindung kann<lb/>
nur der &#x017F;eyn, &#x017F;ie durchaus als Formen reiner<lb/>
Vernunft und Ausdru&#x0364;cke von Ideen zu begrei¬<lb/>
fen, die &#x017F;ich in der objectiven Ge&#x017F;talt in ein<lb/>
anderes verwandelt zeigen. Je weniger der ge¬<lb/>
genwa&#x0364;rtige Unterricht der Mathematik geeignet<lb/>
&#x017F;eyn mo&#x0364;chte, zu dem ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen Sinn die¬<lb/>
&#x017F;er Formen zuru&#x0364;ckzufu&#x0364;hren, de&#x017F;to mehr wird<lb/>
die Philo&#x017F;ophie auf dem nun betretenen Wege<lb/>
auch die Mittel der Entra&#x0364;th&#x017F;elung und der<lb/>
Wiederher&#x017F;tellung jener uralten Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft an<lb/>
die Hand geben.</p><lb/>
        <p>Der Lehrling achte fu&#x0364;rnehmlich ja einzig<lb/>
auf die&#x017F;e Mo&#x0364;glichkeit, &#x017F;o wie auf den bedeuten¬<lb/>
den Gegen&#x017F;atz der Geometrie und Analy&#x017F;is, der<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0104] dieſelbe von verſchiedenen Seiten angeſehene Wiſſenſchaft ſeyn. Die Formen der Mathematik, wie ſie jetzt verſtanden werden, ſind Symbole, fuͤr welche denen, die ſie beſitzen, der Schluͤſſel verloren gegangen iſt, den, nach ſichern Spu¬ ren und Nachrichten der Alten, noch Euklides beſaß. Der Weg zur Wiedererfindung kann nur der ſeyn, ſie durchaus als Formen reiner Vernunft und Ausdruͤcke von Ideen zu begrei¬ fen, die ſich in der objectiven Geſtalt in ein anderes verwandelt zeigen. Je weniger der ge¬ genwaͤrtige Unterricht der Mathematik geeignet ſeyn moͤchte, zu dem urſpruͤnglichen Sinn die¬ ſer Formen zuruͤckzufuͤhren, deſto mehr wird die Philoſophie auf dem nun betretenen Wege auch die Mittel der Entraͤthſelung und der Wiederherſtellung jener uralten Wiſſenſchaft an die Hand geben. Der Lehrling achte fuͤrnehmlich ja einzig auf dieſe Moͤglichkeit, ſo wie auf den bedeuten¬ den Gegenſatz der Geometrie und Analyſis, der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/104
Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/104>, abgerufen am 22.11.2024.